Die Auslandsorganisation der NSDAP (NSDAP-AO)
Die zunächst als „Auslandsabteilung“ bezeichnete „Auslandsorganisation der NSDAP“ (NSDAP-AO) war bereits 1931 eingerichtet worden.[1] Nach 1933 erfuhr sie nicht zuletzt aufgrund des Misstrauens Hitlers gegenüber dem diplomatischen Corps einen erheblichen Bedeutungszuwachs. In einem der überlieferten „Tischgespräche“ soll er geäußert haben, die deutsche Diplomatie sei derart weltfremd, dass sie noch nicht einmal das Deutschtum im Ausland betreut, ausgerichtet und geleitet habe, und er habe deshalb zum Ärger des Auswärtigen Amtes eine Auslandsorganisation schaffen müssen.[2]
Die Hauptaufgabe der neuen Abteilung bestand darin, die NS-Gruppen im Ausland zusammenzuführen und straff zu lenken. Immerhin lebten damals geschätzte 30 Millionen „Reichsdeutsche“ beziehungsweise „Volksdeutsche“ im Ausland, die es von den Ideen und Vorgaben der NSDAP zu überzeugen galt. Dabei galt das Augenmerk der NSDAP-AO den „Reichsdeutschen“, also den im Ausland wohnenden Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit, während die „Volksdeutschen“ mit fremder Nationalität vom „Volksbund für das Deutschtum im Ausland“ (VDA) betreut wurden.[3] Diese Trennung wurde am 23. Januar 1938 nochmals zementiert, als der Chef der Reichskanzlei darauf hinwies, dass der Begriff „Auslandsdeutsche“ ausschließlich für „Reichsdeutsche“ zu verwenden sei und damit Konkurrenzen und Konflikte zwischen NSDAP-AO und VDA zu beenden suchte.[4]
Nachdem die NSDAP-AO 1935 zum eigenständigen Gau aufgewertet worden war, war es ihr möglich, die Führung der ihr unterstehenden jeweiligen Landesgruppen der NSDAP nach dem gleichen straffen Muster zu organisieren, das die Partei auch für ihre Organisation im Reichsgebiet selbst anwandte. Arbeit und etwaige Erfolge der Auslands-Organisation und ihrer Vertretungen „vor Ort“ beruhten dabei nicht zuletzt auf einer aggressiven Öffentlichkeitsarbeit, bei der das gesamte damals bekannte Instrumentarium der NS-Propaganda zum Einsatz kam. Sie gaben eigene Zeitungen und Zeitschriften heraus und beeinflussten, kauften oder finanzierten einheimische Verlage, schalteten Anzeigen, streuten Flugblätter und klebten Plakate. Außerdem nutzten sie auch den Deutschen Kurzwellensender (DKWS) für Propagandazwecke und beteiligten sich insgeheim an privaten ausländischen Rundfunkstationen. Die oft kleinen Ortsgruppen wurden aufgrund fehlender Infrastruktur oft mit Filmvorführgeräten ausgestattet. Außerdem wurden an sie in großem Umfang Schallplatten mit deutscher Musik oder ausgewählten Redebeiträgen verschickt, die sämtlich der ideologischen Beeinflussung dienen sollten.[5]
Das alles geschah in enger Zusammenarbeit mit dem Propagandaministerium bzw. anderen in der Auslandspropaganda tätigen Stellen und hatte seinen Schwerpunkt zunächst in Südamerika. In Argentinien, Brasilien, Chile und Mexiko betrieb die Führungsspitze der AO eine intensive Werbung für den Nationalsozialismus. Auf getarntem oder direktem Wege wurden Kontakte zu Zeitungen und Zeitschriften gesucht, darunter auch zu jenen politisch verwandter Gruppierungen, um Kabelmeldungen oder Artikel über den Standpunkt des Dritten Reiches in (innen- und außen-) politischen, wirtschaftlichen, ideologischen und anderen Fragen zu platzieren und die lateinamerikanische Öffentlichkeit entsprechend zu beeinflussen.[6]
[1] Diesem Beitrag liegen keine eigenen Forschungen zugrunde. Er stützt sich in erster Linie auf den Arbeiten von Müller, Nationalsozialismus und Koop, Kolonne.
[2] Angabe nach Koop, Kolonie. S. 9f. Zum Folgenden vgl. ebenda, S. 12.
[3] Der zur völkischen Bewegung zählende „Verein für das Deutschtum im Ausland“ (VDA) war 1881 in Berlin mit dem Ziel gegründet wurde, das „Deutschtum“ in der ganzen Welt zu fördern und zu schützen. Der Name des Vereins verwies auf einen seiner Arbeitsschwerpunkte, die Gründung und Förderung deutscher Schulen im Ausland; nicht zuletzt deshalb gehörten ihm zahlreiche Lehrer an. Dahinter stand das Interesse, die deutschen Minderheiten als Hebel für eine Ausdehnung des deutschen Machtbereichs zu benutzen und letztlich ein „Großdeutsches Reich“ zu errichten. Nach 1918 diente die „Volkstumsarbeit“ des VDA vor allem dazu, diese Minderheiten so zu beeinflussen, dass unter der Berufung auf das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ eine Revision des Versailler Vertrages erreicht werden konnte. Nach der NS-Machtübernahme wurde der VDA in „Volksbund für das Deutschtum im Ausland“ umbenannt, um seinen neuerlichen Bedeutungszuwachs und seinen grenzübergreifenden Wirkungsanspruch zu verdeutlichen. Er widmete sich auch weiterhin der Förderung des großdeutschen Nationalismus mit Hilfe deutscher Minderheiten. 1939 wurde ihm die alleinige Zuständigkeit für „Volkstumsarbeit“ im Ausland übertragen. Im Krieg engagierten sich führende Vertreter des VDA als Planer der nationalsozialistischen Rassen- und Vernichtungspolitik.
[4] Vgl. Koop, Kolonne, S. 19
[5] Vgl. Koop, Kolonne, S. 221
[6] Vgl. Müller, Nationalsozialismus, S. 279. Offiziell von der NSDAP anerkannt wurden diese Gruppen erst nach der Gründung der Auslandsabteilung: am 7. August 1931 die Ortsgruppe Buenos Aires, kurz darauf die Landesgruppe Paraguay (20. August 1931) und die Ortsgruppe Rio de Janeiro (5. Oktober 1931). Vgl. https://de.wikipedia.org/ wiki/NSDAP/AO