Krieg als Gesprächsthema? – „Über die Kriegserfahrungen meines Vaters wusste ich gar nichts.“
Stefanie Endemann kann sich als 1950 geborene „extreme Nachzüglerin“ nicht daran erinnern, dass der Zweite Weltkrieg in den 1950er- und 1960er-Jahren Gesprächsthema am Familientisch gewesen sei, obwohl zumindest ihr erstes Lebensjahrzehnt von den Erlebnissen der Kriegszeit deutlich „überschattet“ gewesen sei. Im Vordergrund hätten aber naturgemäß die Alltagsprobleme der Nachkriegszeit gestanden, weshalb beispielsweise ihre Mutter über ihr umfangreiches Aufgabenfeld in den Jahren zwischen 1940 und 1945 kaum ein Wort verloren habe. „Und über die Kriegserfahrungen meines Vaters wusste ich gar nichts, und er hat auch nie darüber berichtet.“
Sie habe das, so erzählt sie weiter, darauf zurückgeführt, dass ihr Vater stets „in der Etappe gelebt“ und dort „ein relativ gutes Leben gehabt“ habe. Erst ihr mit dem Transkriptionsprozess einhergehendes Studium seiner Briefe habe sie belehrt, das auch er oft sehr nah am realen Kampfgeschehen gewesen sei. „Da muss es auch ganz schön Bomben gehagelt haben auf dem Fliegerhorst.“ Allerdings habe er solche Gefahren in den Briefen stets nur in Halbsätzen und verharmlosend erwähnt, wohl weil er seine Frau nicht habe beunruhigen wollen.
All das waren aber im Nachkriegsleben der Familie Endemann keine Gesprächsthemen. Man lebte im Hier und Jetzt ohne – zumindest gegenüber der Generation der Kinder – über die Kriegszeit zu sprechen oder gar zu diskutieren.