Der „Sprechende Feldpostbrief“
Während des Zweiten Weltkriegs wurden „Sprechende Feldpostbriefe“ produziert, die als eine spezielle Form des „Sprechbriefs“ oder der „Fonopost“ die Stimme des Ehemanns, Vaters, Sohns oder Bruders von der Front an die „Heimatfront“ brachte, wo sie mittels Grammphon hörbar gemacht werden konnte.[1]
Die ersten „Sprechbriefe“ hatte es bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts gegeben. Massentauglich wurde die Form der Kommunikation aber erst zu Beginn der 1930er-Jahre, als die AEG auf der Berliner Funkausstellung 1931 einen „Sprechbriefautomaten“ vorstellte, bei dem nach Einwurf einer Münze eine Schallplatte besprochen und anschließend als „sprechender Brief“ per Post versandt werden konnte. Auf diese Weise wurde Interessierten erstmals die Möglichkeit geboten, selbst Töne aufzunehmen. Allerdings konnten sich diese recht teuren Automaten auf dem Markt nicht durchsetzen.
Anfang August 1938 wurde dann die Reichspost aktiv und führte in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen C. Lorenz den „Sprechbrief“ als offiziellen postalischen Nachrichtenträger ein, der in einer schalldichten Zelle besprochen, auf eine Decelithfolie gepresst und anschließend direkt versandt werden konnte. Damit blieb das Briefgeheimnis laut Firmenangaben gewahrt, „da weder beim Besprechen noch beim Abhören der Platten ein Außenstehender mithören kann“.
Die neuen technischen Errungenschaften trachtete man sich dann auch während des Zweiten Weltkriegs in mehrfacher Hinsicht zunutze zu machen. Der „Sprechbrief“ sollte, so die Absicht des Propagandaministeriums, in späteren Zeiten vom Kampfesmut und den Siegen der deutschen Soldaten berichten. Dessen an den Fronten tätigen Propagandakompanien sollten „tönende Kompaniearchive“ aufbauen, die gesprochene Tapferkeits- und Erfolgsgeschichten beinhalten sollten. Dieses Vorhaben wurde jedoch nicht realisiert.
Auch das Deutsche Rote Kreuz bediente sich der „Sprechbriefe“ als „besonderem Service für verwundete Soldaten“, die aufgrund ihrer Verletzung nicht schreiben konnten. Die in Lazaretten liegenden Verwundeten durften die wegen ihrer Ähnlichkeit zur geschriebenen Feldpost meist „Sprechende Feldpostbrief“ genannten Platten besprechen und an Angehörige versenden. Die Aufnahmen wurden von Mitarbeitern des Roten Kreuzes auf robuste Schallfolien geschnitten, die zusammen mit einer speziellen Abspielnadel verschickt wurden.
Diese Aufnahmen tragen einen stärker persönlichen Charakter als die für Propagandazwecke gedachten Erfolgsgeschichten. Aber selbst diese „privaten“ Aufnahmen wurden zumeist erst durch das sicherlich nicht ganz selbstlose Entgegenkommen erst durch Rundfunk, Lazarette und Wehrmacht ermöglicht. Damit verloren sie ihren privaten Charakter, denn die Fonopost aus den Kriegsjahren unterschied sich in ihrer Kommunikationssituation grundsätzlich vom Brief. Die Tonträger entstanden nämlich in Koproduktion mit zumindest einem Tontechniker, manchmal sogar als kollektive Produktionen, wenn die Aufnahme im Krankenzimmer moderiert wurde und auch andere Soldaten mitwirkten. So bekamen diese Tondokumente einen halb-öffentlichen Charakter, der mit der Intimität des geschriebenen Briefes nicht vergleichbar war.
Wenn solche Lazarett-Veranstaltungen insbesondere seitens des Roten Kreuzes wohl in durchaus in größerer Zahl organisiert wurden, ist die Überlieferung solcher Quellen mehr als dürftig. Außer einigen, häufig vor Weihnachten von Soldaten an die zuhause gebliebenen Angehörigen verschickten Exemplaren haben sich offenbar nur wenige „Sprechende Feldpostbriefe“ erhalten.
[1] Das Folgende nach https://de.wikipedia.org/wiki/Sprechbrief, https://www.drk.de/das-drk/geschichte/das-drk-von-den-anfaengen-bis-heute/1930/1941 und Udo Hinkel: Ein vergessenes Medium: Phonopost im Zweiten Weltkrieg (1940-1944), (Magisterarbeit Universität Karlsruhe), 1998 (http://www.feldpost-archiv.de/pdf/Hinkel_Phonopost.pdf) (4.7.2018)