Johannes Flohr an Mutter und Geschwister, 8. November 1942

Russland, den 8. November 1942

Liebe Mutter und Geschwister!

Zunächst die allerbesten Sonntaggrüße aus dem fernen Osten sendet euch Johannes. Bin noch gesund und munter, was ich auch von euch hoffe. Sehe mich gezwungen, euch einige Zeilen zu schreiben. Habe nämlich schon zehn Tage keine Post mehr von euch bekommen, warte schon darauf! Mein Lieben, muss euch nun endlich mit- teilen, dass der Winter hier begonnen hat. Es ist schon schön kalt hier. Wenn es sechs Uhr ist, dann ist es stockdunkel. Wir sitzen hier im Bunker beim Kerzenlicht und grübeln in den Abend hinein. Wir sind augenblicklich dabei, unseren eigenen Bunker zu bauen. Bis jetzt haben wir nur für die anderen Kompanien gebaut. Wenn ihr das nur mal sehen würdet, wie schön die eingerichtet werden. Aber es ist doch lange nicht so schön wie zu Hause, besonders im Winter. Wenn uns der Russe nur in

Ruhe lässt, dann geht’s. Was wäre ich doch froh, wenn man doch mal wieder ruhig schlafen könnte und auf einem Federbett. Die Flöhe und Läuse lassen einem keine Ruhe, man kann nicht mehr ruhig schlafen. Wenn das doch einmal aufhörte!

Nun, meine Lieben, hoffentlich ist bei euch noch alles in bester Ordnung. Liebe Mutter, was ich noch schreiben wollte: Schicke mir doch mal bitte ein starkes Schnapsglas mit und einen Ausgießer für auf die Flasche, denn wir kriegen ab und zu noch Schnaps und haben nichts dafür. Und aus dem Becher schmeckt es nicht, also sieh mal zu.

Also, meine Lieben, schreibt mir nur fleißig und lasst’s euch gutgehen bis auf frohes Wiedersehen in der Heimat.

Es grüßt euch aus vollem Herzen euer Johannes

Viele Grüße an Adolf und Käthe und alle anderen. Gute Nacht, jetzt kann der Flohzirkus beginnen.