Marga Ortmann an August Broil, 27. Dezember 1943
Am Festtag des hl. Johannes.
Mein lieber August.
Die Freude, die die Feier der Geburt unseres Herrn uns gebracht hat, ist so stark und groß in meinem Herzen. Ich wollte Dir erzählen, wie ich das alles erlebt habe, wollte Dir die Gedanken aufzeigen, die in diesen Tagen immer zu Dir hingingen, stärker und drängender noch als sonst. Es war mir recht schwer, gestern mit der Familie zu Overs zu gehen; viel lieber wäre ich eine Weile ganz still alleine geblieben, allein mit Dir, so wie ich es am Hl. Abend so fein tun konnte, als ich so reich beschenkt von gott her als erste Gabe Dein wunderfeines Geschenk entgegennahm. Du Liebster, welch große Freude hast Du mir damit gemacht. Eine bessere Gabe, als dieser Rückblick auf unseren bisherigen Weg, der der Auftakt zu unserer Gemeinsamkeit ist, hättest Du mir nicht bringen können. Komm, laß mich Deine Hände fassen und Dir von ganzem Herzen Dank sagen. Mit wieviel Zartheit und mit welcher Offenheit bist Du da zu Werke gegangen. Es hat in mir wieder die schönsten Saiten zum Klingen gebracht.
Mein August, ich hätte Dir aus der Unmittelbarkeit des Erlebens heraus schreiben müssen, jetzt gelingt es mir nicht mehr so. Denn wenn auch die Freude noch lange nicht abgeebbt ist, es hat sich doch schon ein Wehrmutstropfen eingemischt: Die Flieger sind wieder öfter in Bremen gewesen und da läßt mich die Sorge nicht los. Hat mein Vertrauen auf die Führung und Vorsehung des Vatergottes nachgelassen, daß meine Ruhe einer solchen bangen Besorgtheit gewichen ist? Auch Dein Brief vom 21., der heute mittag ankam, konnte mich noch nicht ganz davon befreien. Umso inniger soll aber mein Beten für Dich sein. Ich will mir immer wieder sagen: Wirf all Deine Sorgen auf den Herrn! Nur so können wir damit fertig werden.
Gestern habe ich Dir mit dem Würzburger Schrieb ein Muster unserer Anzeigen geschickt. Wenn sie auch nicht ganz so geworden ist, wie wir gedacht haben – die Skizze, die Du zuletzt gemacht hast, sagt mir am meisten zu – wir müssen halt damit zufrieden sein. Ein anderes Format war nicht zu haben, es hat schon Mühe gekostet davon die Anzahl noch aufzutreiben. Wie Du vermutet hast, war für die Ringe kein Clichée vorhanden und überhaupt für die
„Sonderwünsche“ nicht zugängig.
Ich sehe zu, daß die Adressen für auswärts morgen schon auf die Post kommen. Ja, wir wollen es allen kundtun, wir wollen alle teilhaben lassen an unserer Freude.
Wie viele werden sich mit uns freuen. Du, es sind nur noch 3 Tage, dann wirst Du bei mir sein, dann haben wir noch 3 Tage zu gemeinsamer Bereitung bis zu unserem hohen Tag. Dies wird der letzte Brief sein, den ich Dir vorher schreiben kann – es geschieht in nächtlicher Stunde – und ich möchte in ihn noch einmal alles hineinlegen, was die Köstlichkeit des Gebens und Nehmens in all unseren Briefen ausgemacht hat. Da aber berühren sich die Tiefen unseres Herzens, das Wort erschweigt in Ehrfurcht vor der unnennbaren Größe des Geschehens. Nur eines laß mich aussprechen, das mir von allen Wänden meiner Seele widerhallt: Komme Liebster, komme bald. Sieh‘ ich warte auf Dich, um mich Dir ganz zu schenken, um mit Dir durch alle Höhen und Tiefen zu gehen, daß wir unser Werk tun in ganzer Bereitschaft und freudiger Hingabe. Beten wollen wir, ganz innig beten, um die Gnade des Herrn für Dich und mich, daß unser Werk gelinge zur Gloria Dei!
Deine Marga.