Kontextualisierungen

Um den Quellenwert „abzurunden“ und in Teilen zu erhöhen, wird im Projektkontext versucht, sowohl Entstehungs- als auch Überlieferungsgeschichte der Selbstzeugnisse so detailliert wie möglich darzustellen, um so deren Inhalte verständlicher und leichter zugänglich zu machen, was die Aussagekraft erhöhen dürfte.

Im Idealfall geschieht das auf der Grundlage lebensgeschichtlicher Interviews, die mit einigen der Schreiber*innen und Angehörigen von deren jeweiligen Jugendgruppen noch geführt werden konnten. Sie wurden zu ausführlichen Lebensgeschichten verarbeitet, die mit umfangreichen Videoauszügen aus diesen Gesprächen angereichert wurden. Auf diese Weise soll versucht werden, die damalige Lebenssituationen der Porträtierten näher zu bringen und damit zugleich das Verständnis von deren schriftlichen Zeugnissen zu verbessern. Das ist in anderen Fällen aufgrund fehlender Informationen hingegen leider nur bedingt möglich.

Daneben werden insbesondere diese Lebensgeschichten immer dann, wenn das durch die Überlieferungssituation ermöglicht wird, mit Fotos oder gar Fotoalben ergänzt, weil auch diese visuellen Eindrücke vielsagende Quellen zur persönlichen Geschichte der Heranwachsenden und ihrer Gruppen sowie zur katholischen Jugendbewegung darstellen.

Durch diese verschiedenen Möglichkeiten der Kontextualisierung wird deren Denken und Handeln sowie die Entstehungszusammenhänge der von ihnen verfassten Selbstzeugnisse verständlicher und eine Einordnung und Interpretation erleichtert. Einen weiteren und sehr wichtigen Schritt individuelle Meinungsäußerungen und Lebensgestaltungen im Zusammenhang mit den jeweiligen Lebenswelten der Jugendlichen zu sehen, stellt eine gebührende Berücksichtigung von deren konkreten Alltagserfahrungen in deren „Milieu“ dar. Gerade das katholische Milieu stellte im Westen des Deutschen Reiches einen recht homogenen Erfahrungsraum dar, der die Heranwachsenden von Kindesbeinen stark prägte und ihnen ihre – oft lebenslange – Orientierung gab.[1]