Kaplan Stiesch aus Bickendorf - Hl. Dreikönigen Köln-Bickendorf

Dieses Briefkonvolut stammt aus dem Kontext der Pfarrjugend der Gemeinde Hl. Dreikönigen in Köln Bickendorf. Im Zentrum der schriftlichen Konversation stand Kaplan Rudolf Stiesch, über den selbst nur wenig in Erfahrung zu bringen war.

Diese im Archiv des Jugendhauses Düsseldorfs aufbewahrte Briefsammlung – einen herzlichen Dank an dessen Leiterin Maria Wego! – ist allein schon insofern bemerkenswert, als hier ein Kaplan die Initiative ergriff und erhebliche Anstrengungen unternahm, um mittels eines eifrigen Briefaustauschs mit den eingezogenen Mitgliedern seiner Pfarrjugend die Bande zwischen den noch aktiven Gruppen in der Heimat und den kriegsbedingt verstreuten Mitgliedern aufrecht zu erhalten und letztere zudem mit Nachrichten aus der Heimat zu versorgen und in oftmals schwierigen Situationen aufzumuntern und zu stützen. Rudolf Stiesch versuchte, mit allen einberufenen jungen Männern einen regen Briefkontakt aufzubauen und zu unterhalten. Weil er erst kurz vor Kriegsbeginn in die Bickendorfer Gemeinde gekommen war, kontaktierte er auch ihm unbekannte Soldaten, von denen er wusste, dass sie einst in der Jugendarbeit der Pfarrei aktiv gewesen waren.

In seinem Schreibeifer war der Kaplan auch bereit, offizielle Auflagen zu verletzen. Seit Oktober 1939 wurden nämlich mehrere Verordnungen erlassen, die es Geistlichen oder anderen kirchlichen Stellen und Organisationen untersagten, Feldpostanschriften eingezogener Gemeindemitglieder zu sammeln und diese mit religiösem Schrifttum oder brieflichen Rundschrieben zu versorgen. Interessant ist, dass in vielen Fällen beide Seiten der Schriftwechsel Kommunikation überliefert sind, weil Stiesch die meisten seiner Briefe auf einer Schreibmaschine tippte und Durchschläge anfertigte, die er aufhob und archivierte.

Aufgrund seiner regen Schreibtätigkeit wurde Rudolf Stiesch im Kriegsverlauf zum Kristallisationspunkt der ehemaligen Mitglieder der Pfarrjugend seiner Hl. Dreikönigen-Pfarre. Es konnten einige der Korrespondenzpartner ausfindig gemacht und Videogespräche geführt werden, die hier in Form von Lebensgeschichten zugänglich gemacht werden. Von diesem Gesprächspartnern wiederum hat Hans Eiermann ebenfalls sowohl die an ihn gerichtete als auch die von ihm verfasste Feldpost aufbewahrt und dem NS-DOK ebenso zur Verfügung gestellt, wie tagebuchähnliche Aufzeichnungen über eine Schulung in „Haus Altenberg“.