Werner Stoffel an Kaplan Stiesch, 7. Mai 1940
7./5.40
Mein lieber Rudi!
Deinen lieben, humorgewürzten Brief beantworte ich mit bestem Dank! Eines muß ich zu Anfang richtig stellen: Meine Tante kennt Dich ansehend und …..“ aus dem Seminar. Ich habe ihr gesagt, dass der Lange da mein „Lebemann“ sei! Und Du kennst doch mein gutes Personengedächtnis, das ist aber ein Familien-Erbstück! Was soll ich sagen über mich u. meinen „furchtbaren Befund“? Wie man es nimmt. Nach militärischen Maßstäben geht es uns bei den Kraftfahrern ganz ausgezeichnet. Dienst ist leicht und fahren – besonders als Beifahrer – ist recht schön (vorläufig wenigstens!). Was nun wird, weiß in der augenblicklichen Situation ja kein Mensch. Ob wir zum Norden oder nach Südosten oder vielleicht zum Westen kommen, über diese Möglichkeiten kreisen stündlich die tollsten Latrinengerüchte – noch schlimmer als im Seminar! Aber uns kann ja nichts mehr erschüttern u. aus der Ruhe bringen, so alte Landser wie wir bereits sind!! Ja, lieber Rudi, Pfingsten beginnt bereits der 5. Monat, den wir bei den Preußen verbringen. - - - Samstag und Sonntag waren wir in Königsburg, einem ziemlich schönen, echt ostpr.
Städtchen. Es waren nette gemütl. Tage. Und Ihr in der Heimat? Leicht habt Ihr’s ja sicher nicht, das kann ich mir gut denken. Na ja, in 50 Jahren ist alles vorbei – Indem ich Dir zum kommenden Feste die Gnade der Güte in reichem Maße wünsche, verbleibe ich in alter Treue
Dein Werner
NB. Frohen Pfingsgruß Deinen werten Eltern u. Paul Küpper.