Rudi Conin an Kaplan Stiesch, 15. Dezember 1941

15.12.41

Hochwürden!

Ihnen und allen Kerlen wünsche ich ein recht gnadenreiches und segensreiches Weihnachtsfest.

Es ist dies das 3. kriegsweihnachtsfest, das wir erleben dürfen. Wohl noch nie haben die Leute mehr denn je die Frage aufgeworfen, ob man Weihnachten jetzt überhaupt feiern könne. Diesen leuten musste man dann die Frage vorlegen, was feiert ihr denn mit Weihnachten. Für sie war Weihnachten gewiß nur das Fest des Schenkens und Beschenktwerdens. Sie kannten nicht den tieferen Wert der Geburt des Herrn. Durch die Äußerlichkeiten, die ihnen nachher nur noch Hauptsache waren, sind sie davon abgekommen. Weihnachten war also für sie naicht mehr als jeder andere Festtag.

Da konnte man verstehen, dass sie diesen Standpunkt, weihnachten passe nicht gut in diese Zeit, vertreten.

Wir aber, die wir den Wert, den wahren und tiefen Wert, der Frohbotschaft: „Frieden den

Menschen“ kennen, können Weihnachten erleben, wie vielleicht nie zuvor. Wie sehr kann unsere Sache, die zum Teil durch die äußeren Unruhen auch beunruhigt ist, diesen Frieden [gebrauchen] (jeder folgende Zeilenanfang schlecht kopiert). Auf jedem lastet doch der Krieg auf dem einen mehr, auf dem anderen weniger. Wieviel Menschen sind an dieser Unruhe zerbrochen, zu Grunde gegangen. Jetzt sollen sie Weihnachten feiern. Die Äußerlichkeiten fallen doch durch die [den] Krieg alle aus. Weihnacht können sie da auf den tiefen Wert, auf das wahre Licht, das jetzt in der dunklen Zeit hell und warm leuchtet stoßen. Hoffen und beten wir, dass viele Menschen den Weg zum wahren Weihnachten finden.

Hochwürden! Ich weiß nicht, wo ich in diesem Jahr das Fest erleben werde. Morgen werden wir ins Erzgebirge fahren. Ob wir bis Weihnachten wieder zurück sind, ist noch fraglich und unbestimmt. Eines steht aber fest oder [ich] hoffe es, dass es ein tieferes Erlebnis wird [als] im Vorjahr. Hier draußen fern der Hei-

mat muß man ja auf das Äußerliche verzichten und sieht man nur den Kern der Sache. In diesem Jahr feiere ich das Fest auch nur in einem kleinen Kreis von 6 Kameraden, während es im Vorjahr 15ß Kameraden waren.

So schön und stark diese Erlebnis hier draußen auch sein mag, in Gedanken knie ich doch mit den Kerlen der Schar wie vor Jahren wieder vor einer stillen, kleinen Krippe. In Gedanken bin ich mitr den Kerlen wieder unterwegs in dunkler, stern klaren Nacht zu einer Kirche, in der uns dann das Licht der Krippe hell leuchtet. Dunkel die Nacht, hell die Krippe, die Kir[che]. Danach zogen wir dann neu entzündet wieder hinaus in das Dunkel, um den anderen Kamera[den] die Frohbotschaft zu bringen.

Jedes Weihnachtsfest war und wird für uns immer ein tiefes, feines Erlebnis sein, gleich wo wir stehen.

Ich wünsche nun nochmals Ihnen und den Kerlen des Höchsten Gnade und Segen zum Weihnachtsfest.

Rudi