Werner Schäfer an Kaplan Stiesch, 21. Mai 1942
Aachen, den 21.5.42
Lieber Herr Kaplan!
Soeben erhielt ich dankend Ihren Brief. Dass unser Franz Ley auch schon gefallen ist, traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel. So müssen die Besten ihr Leben lassen. Aber es wird bestimmt noch mancher fallen, bevor der Krieg zu Ende ist, der jetzt noch nicht daran denkt. Von dem Gottbekenntnis der Jugend schrieben mir schon meine Eltern. Auch sie wa-ren gepackt. Aber wie kommt es, dass Hans Werres nicht mehr Pfarrhelfer ist? Der wird doch wohl nicht auch schon eingezogen sein, was für sein Studium doch sehr schade wäre. – Mir geht es wieder ein gutes Stück besser. Ich stehe auch schon auf, wenn kein Arzt da ist. Nur durch eine Fussverletzung bin ich am Gehen ziemlich stark behindert. Zum Lesen gibt es hier allerlei, aber nur hochwertiges Zeug von Goebbels, Rosenberg etc. oder aber 25 Pfennig-Romane. Vorige Woche schickte mir unser Pastor ein Heftchen mit lauter Witzen. Es war sehr schön, nur leider sehr schnell ausgelesen. – Wann ich hier herauskomme, ist noch unbestimmt. Aber ich glaube, so schnell geht das nicht. Es besteht nur eine Möglichkeit. Wir haben jetzt Hochsaison in Scharlach hier, und dann werden vielleicht wegen Überfüllung alle halbwegs Gesunde schnell abgedäut. Aber das ist eine unsichere Geschichte. Ich wünschte jedenfalls, dem Lazarett bald den Rücken zukehren zu können. – Wie ist es, brauchen Sie noch nicht bald Soldat zu werden? Sie waren doch auch schon einmal nahe daran. Da ist aber wohl nichts draus geworden. Hoffentlich geht es Ihnen noch gut und bleiben Sie gesund. Was machen noch die Wochenstunden? Ich habe hier manches Mal Sehnsucht danach.
Seien Sie nun herzlich gegrüsst
Ihr Werner Schäfer