Rudi Conin an Kaplan Stiesch, 13. März 1943
den 13.3.43.
Hochwürden!
Haben Sie für den letzten Brief recht freudigen Dank. Von dem lebendigen Kreis in der Pfarre zu hören, ist für uns draußen immer etwas ganz eignes, denn wo wir stehen, Anteil und Verbundenheit besteht doch immer und gar zu oft denken wir doch an die Zeiten, die wir in der Gemeinschaft der Jungen verbrachten.
So ging es mir auch vor einigen Tagen in einer Stunde, die der kath. Divisionspfarrer in unserer Batterie hielt. Es war das 1. Mal, dass er bei uns war, denn bisher war nur der evang. Divisionspfarrer bei uns. Der Abend war ganz groß und da war ich für Stunden ganz daheim mit den Gedanken bei der Schar. Der Pfarrer gab uns zuerst ein Bild des neuen jungen, christlichen Menschen, der einen lebendigen, frohen, lebensbejahenden Charakter trägt. Christopher, Richard, Bamberger Reiter, Rudolf von Mor..(?) das waren Beispiele, die das Bild des jungen Christen [zeigten?]. Dieses Bild d.h. diesem Bild stellte er das so im allgemeinen gemachte Bild entgegen. Aber nicht nur die Vorbilde[r], die [er] erwähnte sind uns so bekannt, über jeden selbst haben wir ja schon einen Abend gesprochen, nein, er brachte auch von unseren Liedern, die er ganz fein vortrug, u.a. „mein Gott, wie schön ist diese Welt.“
Hochwürden! Sie können sich doch denken, dass der Pfarrer meine vollste Sympathie hatte, weil er den Schlag hatte, den die heutige Zeit braucht. Auch den Kameraden, die bei der Stunde dabei waren, hat er imponiert. Morgen will er wiederkommen und ich glaube, es werden bestimmt noch mehrere hingehen.
Ich freue mich jetzt schon wieder darauf, denn was einem solch eine Stunde hier draußen gibt.
So erleben wir auch hier draußen Stunden, dfie einem unvergesslich bleiben. Und da muß ich Ihnen noch kurz ein Erlebnis berichten, über das manch einer lachen wird, aber man muß es ihm ja verzeihen, denn einer der nicht hier oben in der Polarnacht gestanden hat, kann dies gar nicht ermessen.
Es war so vor 14 Tagen in den Vormittagsstunden. Wir saßen in den Bunkern beim Waffenunterricht. Da klingelt auf einmal ganz wüst das Telefon, wobei ja der Bunker an den Aggregat muß. Nun, wir rechneten schon wieder mit Alarm, aber was kam durch? Der Flugmeldeposten meldete: „In Richtung H kommt die Sonne hervor“. Ich möchte bald sagen, wir waren wie Kinder, alles runter und raus um die Sonne zu begrüßen. Es dauerte vielleicht knapp 10 Minuten, da war die Sonne für uns schon wieder unsichtbar, aber jeden Tag warten wir bis wir ihr güldenes Antlitz wieder sehen können.
Hochwürden! Ich schrieb Ihnen schon Weihnachten von dieser Sehnsucht nach dem Licht und der Wärme, die einen hier oben beseelt und darum können Sie dieses Erleben gewiß begreifen.
Nun für heute herzlichste Grüße und alles Gute.
Heil und Handschlag.Rudi