Heinz Peter Orth an Kaplan Stiesch, 24. Juni 1944
Dortmund, den 24.6.44
Sehr geehrter Herr Kaplan Stiesch!
Für Ihren Brief vom 14.5. danke ich Ihnen recht herzlich. Mit Ihrem Vorschlag bin ich natürlich sehr einverstanden, alle Fäden wieder fester zu knüpfen.
Sie schrieben mir, daß ein Soldat Ihrer Pfarre hier auf dem Westfalendamm ist. Ich kenne ihn nicht. Und es ist sehr schwer, einen zu finden, da hier mehrere Kasernen sind. – Wo Peter Pechan augenblicklich steckt, kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich werde mich aber bemühen, es in Erfahrung zu bringen, und Ihnen dann mitteilen.
Ich habe nun das Glück, immer noch in Deutschland und in der Nähe der Heimat zu sein. Meine Angehörigen nutzen die Gelegenheit auch gründlich aus und besuchen mich jeden Sonntag, wobei sie mich u.a. auch für die Woche „versorgen“. So werden diese Tage immer besonders schön. Augenblicklich nehme ich an einem Auffrischungs-Lehrgang teil, der ungefähr ein ROB Lehrgang ist; schon wieder einmal, muß ich hinzufügen, da es nicht mehr der erste ist. Da ich aber für Lehrgänge nicht gut zu sprechen bin, da sie gewöhnlich ziemlich anstrengend sind, bin ich nicht gern hierhin gegangen. Aber es ist diesmal halb so schlimm. Wir haben sogar Gelegenheit, ein- oder zweimal wöchentlich ins Schauspiel zu gehen. – Meine humanistischen Neigungen bestehen noch immer; nur müssen sie augenblicklich etwas zurücktreten. Zur Zeit bin ich mal wieder bei Tazitus (Germania) gelandet, den ich besonders gern lese. Für heute nun herzliche Grüße
Ihr Heinz Peter Orth