Heinz Peter Orth an Kaplan Stiesch, 20. August 1944

Kaiserswerth, den 20.8.44

Sehr geehrter Herr Kaplan Stiesch!

Für Ihren Brief vom 30.6. danke ich Ihnen recht herzlich. Hoffentlich haben Sie einen recht schönen Urlaub in Bayern verbracht und sich gut erholt.

Augenblicklich habe ich auch Ferien und bin zu Hause. Man hat mir sogar ohne irgend ein Gesuch 6 Tage Nachurlaub gegeben, sodaß ich nun noch bis zum 28. in Kaiserswerth bin. Der Urlaub ist soweit ganz schön, nur hört man hier im Radio, durch die Presse, von den Leuten so viel Besorgnis erregendes und sieht selbst auch so manches, daß man sich manchmal etwas zum Kommiß zurücksehnt.

Von Peter Pechan kann ich Ihnen heute – leider sehr betrübliche – Nachricht geben: Er ist im Juli im Süden der Ostfront nach einer schweren Verwundung gestorben. Einen Totenzettel lege ich bei. Ebenfalls Ist Peter Beck gefallen.

Sie fragten nach den Schauspielen, die ich in Dortmund gesehen habe. Leider konnte ich nur das Schauspiel „Don Karlos“ von den klassischen sehen, die anderen waren modern: „Ingeborg“, „Das letzte Abenteuer“ z.B. Hier in D’dorf ist das Opernhaus wiederhergerichtet worden. Auf dem Spielplan stehen „Freischütz, Tiefland, La Traviata, Madame Butterfly und Wiener Blut“. In der letzten Woche haben wir uns „La Traviata“ angesehen.

Für das Reclam-Heftchen „Amor und Psyche“ danke ich Ihnen recht herzlich, ganz besonders aber, weil es ein klassisches Werkchen ist. Ich habe es recht gern gelesen.

Von den Kriegsvorträgen der Bonner Universität habe ich bisher noch nie welche mitbekommen. Ich würde sie auch gerne einmal kennen lernen. Vielleicht schreiben Sie mir mal etwas von ihnen.

Das Stift in Dortmund am Südwall ist auch total bombengeschädigt. Wenn Sie noch einmal nach Dortmund kommen und dort vorbeigehen, werden Sie auch da nur noch Trümmer vorfinden.

Mit den herzlichsten Grüßen verbleibe ich

       Ihr Heinz Peter Orth