Gisbert Kranz an seinen Bruder Karl-Heinz, 13. März 1944
Böser Karlheinz!
Was erlaubt sich dieser freche Gefreite? Man sieht, es geht ihm zu gut. Mich des Bücherraubes zu bezichtigen! Und – hat man sowas je gehört! – einem Korporal einen Befehl zu geben sich zu erdreisten. Noch sind Sie nicht Leutnant!
Ja, wenn plötzlich so mir nichts dir nichts alle Rangunterschiede und alle Subordination über den Haufen gestoßen würden von so einem anarchistischen Gefreiten, dann könnte ja auch ich hingehen und zu meinem Chef sagen: „Herr Schrey, Sie werden nichts dagegen haben, daß ich heute abend noch in Urlaub fahre. Die Koffer sind bereits gepackt. Sollten Sie aber gesonnen sein, Bedenken zu äußern, so werde ich sie disziplinarisch bestrafen mit 10 Tagen geschärften Arrest wegen böswilliger Verweigerung Ihrer Unterschrift unter den Urlaubsschein.“
Schön wärs ja. Von einer Bestrafung würde ich sogar noch absehen. Mir gehts ja nur um Urlaub, und bei einer derartigen Lager der Dinge könnte ja auch der Obergrenadier Pampelmus aus meiner Kasematte meinen Urlaubsschein gültig unterschreiben. –
Oh, es brennt mir unter den Füßen: Ich muß Dich Rebellen noch erwischen, um Dich ob Deiner Anmaßung züchtigen zu können. Allah lasse Dir Steine wachsen im Bauche! „Oh, wie will ich triumphieren, wenn sie ihn zum Richtplatz führen, und die Hälse werden schnüren zu, schnüren zu, schnüren zu, zu, zu!“ –
Stell Dich in die Ecke und schäme Dich.
Tieftraurig
Dein Gisbert