Karl-Heinz Kranz an seine Familie, 16. November 1943

Vaihingen, den 16.XI.43.

Liebe Eltern!

Am letzten Samstag wurden wir in Lemberg endlich verladen. Der LZ: (Lazarettzug) war gut eingerichtet: D-Zugwagen, je Wagen 30 Betten (3 übereinander) mit Federmatratzen; von vorne heizte die Lok, von hinten ein moderner Heizwagen, der wie ein D-Zugwagen aussieht. Dadurch haben wir meistens geschwitzt. Die Betreuung war gut. Wir fuhren über Krakau – Oderberg – Kolin – Prag – Pilsen – Eger – Nürnberg – Ansbach bis hierher. Ein Teil wurde hier ausgeladen, andere vorher oder später – der Zug fährt nämlich noch weiter. Die Verwundeten werden nach Krankheitsgruppen aufgeteilt und in die entsprechenden Lazarette geleitet. Vaihingen ist ein kleiner Ort von 3000 Einwohnern. Die Enz, an der Vaihingen liegt, fließt in den Neckar. Das Lazarett (120 Betten) ist in dem erst kurz vor dem Kriege gebauten, modernem Krankenhaus. Es ist ein Teillazarett des Reservelazarettes in Ludwigsburg (der nächste größere Ort). Die Verpflegung ist hier, nach dem heutigen Mittagessen zu urteilen, gut; es gab nämlich Fleischbrühe mit Nudeln, Bratkartoffeln mit untergemischtem Rührei, dazu drei Sorten Salat: Endiviensalat, Feld- und Rettigsalat. Ich liege in einem Zimmer mit zwei Betten. Mehr kann ich noch nicht mitteilen, da ich ja erst wenige Stunden hier bin. Hier war eine reiche Obsternte; da werden wir ja öfter Obst bekommen. Heute morgen hatte es in Ludwigsburg geschneit. Übrigens war, als ich in Lemberg war, dort auch schon der erste Schnee gefallen. – Meine Wunden sehen gut aus. Schmerzen habe ich nach wie vor nicht. Ich denke, daß ich in vier Wochen wiederhergestellt bin. – Schreibt mir bitte sofort, damit ich endlich mal wieder von Euch höre. Ihr könnt natürlich weiterhin per Feldpost schreiben. Anschrift: Reservelazarett Vaihingen a/d. Enz-Württemberg. Für Zeitungen und Illustrierten bin ich natürlich auch empfänglich. Schickt mir bitte einige Feldpostbriefe, Briefbogen und Umschläge, dazu die aus dem Osten zurückkommenden Briefe. Teilt mir bitte Gisberts und Günters Anschrift mit. –

Wie sieht es jetzt bei Euch zu Hause aus? Na, wenn es Euch so gut geht wie mir, dann bin ich zufrieden. Ich wünsche Euch alles Gute und sende Euch

frohe Grüße,

Euer Karl Heinz