Karl-Heinz Kranz an seine Familie, 15. August 1944
Neuhaus, den 15.8.44
Liebe Eltern!
Für Mutters langen Brief und das Marmeladepäckchen, das auch schon ankam, danke ich recht herzlich. Da hast Du Dir, liebe Mutter, aber viel Arbeit gemacht mit den Päckchen, obwohl Du schon so soviel schaffen mußt. Leckere Sachen hast Du ja eingemacht, und ich kann mir denken, wie das so manchen Schweißtropfen gekostet hat. Du bist sicher froh, daß Du nun die Wohnung wieder blitzsauber hast. – Liebe Mutter, es ist wirklich nicht so schlimm, wenn Du bei all Deiner Arbeit und den erschwerten Umständen nicht mehr regelmäßig zur hl. Messe kommst. (Eine Messe ohne Kommunion gibt auch reiche Gnade). – Ich freue mich, daß Dir mein bescheidenes
Geschenk zu Eurerem Ehrentag gefällt. Vielleicht könnt Ihr das Bild in Eurem Schlafzimmer oder im Wohnzimmer oder im guten Zimmer aufhängen. Es hängt davon ab, wohin es platz- und artmäßig am besten paßt. Schreibt mir bitte, was der Rahmen und das Einrahmen kostet zwecks Zahlung, denn ein selbstbezahltes Geschenk ist doch ein bischen komisch. – Fritz ist also wieder lazarettfähig; so hat er wenigstens seine Ruhe. – Liebe Mutter, plaudern möchte ich auch noch mal mit Dir über so manches, was mich in den letzten Urlaubstagen und jetzt bewegte, aber wir müssen uns auf später vertrösten. – Mit der Verpflegung kann ich zufrieden sein; ich werde jedenfalls satt. Marken zu schicken ist zwecklos, wie Du gleich sehen wirst, ebenso das Plätzchenbacken und –schicken. – Liebe Mutter, mit Deinen Zähnen hast Du also Pech
gehabt. Ja, man wird alt...
Lieber Vater! Ich danke Dir herzlich für Deine Bemühungen um den Rahmen und freue mich, daß er so schön wird. Du hast sicher wieder viel Arbeit im Geschäft. Hoffen wir, daß ich Dich bald für immer entlasten kann.
Die leckeren Päckchen bzw. der leckere Inhalt der Päckchen kommen gerade noch richtig. Äpfel, Keeks, Drops, Bonbons und Marmelade werden einen schönen Abschiedsschmaus ergeben. Ja, liebe Mutter, Dein Wunsch wird wahrscheinlich in Erfüllung gehen, daß ich noch diesen Monat zum R.O.B.-Lehrgang komme. Hört und staunt: Heute nachmittag mußte ich mit meinen Papieren und Karteimitteln zur Abteilung. Dort war inzwischen meine Befürwortung eingetroffen, und es wurde ein Vorschlag ausgeschrieben zur Ernennung zum K.O.B. und zur Versetzung zum Lehrgang nach Bromberg. Morgen muß
ich mit Stahlhelm zum Kommandeur gehen. Dort wird sich alles entscheiden. Ich vermute, daß ich außer den Hoffnungsbalken auch die Uffz.-Litzen bekomme, denn einem Kameraden von mir mit ähnlichen Verhältnissen ging es auch so. Der Lehrgang besteht ja nur aus Korporälen und Wachtmeistern. Wenn alles so klappt, wie ich es wünsche, bin ich nur noch einige Tage hier. In Bromberg läuft der Lehrgang 16 Wochen (zur Silbernen Hochzeit kann ich also nicht kommen). Schickt mir jetzt bitte keine bei Euch eintreffenden Briefe mehr zu; Ihr könnt mir ja noch schreiben, da ich noch keinen genauen Termin weiß. Eventuell bekommt Ihr dann eben die Post zurück.
Heute morgen stand ich auf dem Baugerüst als Handlanger und beförderte Steine zum Giebel. „Armer Kohlenschlepper“? Arbeit ist gesund und schändet nicht! Und kaputtarbeiten tu ich mich nicht! – Anbei ein Brief von Gisbert.
Nun wünsche ich Euch alles Gute.
Mit frohem Gruß
Euer Karl Heinz
Die beiden anliegenden Karten bitte in meinen Karton in der unteren Kommodenschublade meines Schlafzimmers legen!