Familie Diederich an Sohn Kurt, 23 Juni 1943
Müngersdorf d. 23.6.43
Mein lieber Kurt!
Heute morgen haben wir von Dir zwei Karten erhalten hierfür herzlichen Dank. Uns geht es noch ganz gut nur müssen wir bald jede Nacht in den Keller und das macht einen sehr müde. Heute war ich mit Herbert und Gisela in Braunsfeld, unsere Wäscherei ist auch zum Teil abgebrannt; und in der Friedrich-Schmittstraße vor dem Oberbürgermeister ist eine Luftmiene heruntergekommen, da sieht es schlimm aus. - Papa ist noch krank, er liegt jetzt auf der Lindenburg und muß wieder eine Kur machen. Schreib nun nicht mehr an seine Adresse in die Kaserne. Er ist heute abend mal nach Hause gekommen.
Oma und Opa waren auch 2 Tage hier. Einmal mußten sie auch mit in den Keller. Gestern hat Gisela zum ersten Mal im Garten gespielt. Güssgens haben nämlich einen Weg aus Steinplatten machen lassen. Er fängt direkt vorne an und geht bis hinten an den Weg von der Fabrik. Es ist wie eine Kegelbahn und die Kinder laufen immer drüber und Gisela läuft mit Du wirst Dich wundern was Du für ein großes Schwesterchen wieder findest wenn Du wiederkommst. Nur mit dem Sprechen hat sie es nicht eilig. Heute hat Josef nach Dir gefragt und ich soll Dir viele Grüße bestellen. - Hast Du nun auch das Säckchen bekommen? So wie Du es angeben hast wäre es aber zu klein geworden.
Hoffendlich ist es so richtig.-
Hansi hat heute Namenstag, er hat von seinem Vater einen Fußball bekommen. Herr Hoffacker war grade die 2. Nacht hier als der Angriff auf Köln kam. Er hat so was in Frankreich noch nicht mitgemacht. Was Fau Köter schrieb stimmt schon. Es ist hier ein Flieger herunter gekommen. Herbert hat sogar ein Stück vom Rumpf in Röders Garten gefunden. Er will es Dir verwahren.
Du schreibst daß Ihr jetzt immer schwimmen geht wenn es schön ist, sei nur immer vorsichtig und vor allen Dingen erkälte Dich nicht wieder. Was Du von den Bunkern schreibst die Ihr besichtigt habt das ist ja ganz unheimlich da bekämen mich keine zehn Pferde hinein.
Jetzt habt Ihr auch sicher Euren Zuwachs bekommen. Hier in Müngersdorf die Schule soll ja auch fort. Es heißt daß alle Kinder von Köln weg sollen. Es ist ja auch besser jetzt im Sommer. Hoffendlich ist im Winter der Krieg zu Ende. Nun sei herzl. gegrüßt und geküßt von Deiner Mutter, Herbert & Gisela.
Lieber Kurt!
Heute abend bin ich seit langer Zeit mal wieder zu Hause und bleibe über Nacht hier. Morgen früh muß ich aber wieder zum Krankenhaus. Ich liege in demselben Zimmer wie vor 6 Jahren. Vielleicht kannst Du Dich noch erinnern. Aber das ist ja schon so lange her. Ich habe mich gefreut, daß Du Deine Klassenarbeiten gut gemacht hast. Mach weiter so, dann bekommst Du auch ein gutes Zeugnis und steigst in die nächste Klasse. Das ist von allem die Hauptsache. Bleib gesund und munter, mach daß Du ein Stück größer und stärker geworden bi, wenn Du zurückkommst. Viele herzliche Grüße Dein Vater.
Anbei Mk 1.00