Christa Lehmacher an ihren Bruder Robert Weichelt, 16. März 1940

Anbei 18 Bilderchen

Köln, den 16. März 1940

Lieber Bruder!

Nach langem Hin und Her komme ich nun heute endlich dazu, Dir zu schreiben und vor allem, Dir zu schreiben und vor allem, Dir die so lange versprochenen Bilder zu schicken. Ich glaube, dass Du an ihnen sehr viel Spaß haben wirst. Ich habe jetzt noch einige Aufnahmen gemacht, die bekommst Du aber erst später. Nicht zu viel auf einmal, das ist sonst ungesund.

Na, wie hast Du denn Deiner alten Dame die Zeit vertrieben. Wir sind ja bald geborsten vor Lachen, als sie uns schrieb, dass Du ihr 4 Stücke Kuchen einverleibt hast. Das kann ja heiter werden. Ich amüsiere mich jetzt schon darüber, wie sie uns erzählen wird, „guck mal, wie schlank ich geworden bin!“ Na ja, als treue Tochter werde ich ihr dann natürlich höchst ernst beistimmen. Nichts für ungut.

Also am Mittwoch oder Donnerstag ist sie wieder hier. Na denn mal tau. Ich freue mich, dass Du nach Graz fährst, da wird der kleine Has‘ aber Spaß in rauen Mengen haben!

Günther ist ja nun auch in den Krieg gezogen. Weißt Du, dieses Alleinsein ist schauderhaft. Ich kann mich daran nicht gewöhnen. Nun macht mein Herr Gemahl mir auch noch solche Sorgen mit einem Magengeschwür. Ich weiß nicht, was das noch geben soll! Ein Magengeschwür ist ja letzten Endes keine Kleinigkeit. Es ist nicht leicht zu wissen, ich bin nicht da und kann ihn nicht selber pflegen, sondern muss ihn fremden Händen

überlassen. Aber da kann ich im Augenblick nichts dran machen. Jedenfalls habe ich schon alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihn hierher zu holen oder nach dort fahren zu können. Nun muss ich ja erst einmal abwarten, was ich darauf zur Antwort bekomme. Jedenfalls ist dieser Zustand unerträglich. Das einzige, was mich da noch über Wasser hält, ist meine kleine Uta. Sie wird von Tag zu Tag goldiger. Du würdest sie nicht mehr wiedererkennen, wenn ich Dir mit ihr begegnete. Ich glaube sogar, dass Mutter sich Mühe geben muss. Sie lacht, jauchzt und erzählt den ganzen Tag. Es ist ein goldiges kleines Geschöpf. Ich bin so glücklich, dass ich diese kleine Person habe. Ja, eine kleine Person ist sie schon, jedenfalls will sie dafür genommen werden. Wenn nicht, dann ist der Teufel los!

Ich habe die letzte Zeit furchtbar viel Laufereien gehabt mit meiner Unterstützung. Jetzt habe ich das aber Gott sei Dank auch geregelt. Ich bekomme aber entschieden weniger als ich gedacht hatte. RM 164,10. Da dieses der Höchstsatz wäre, so übernehmen sie auch keine Verpflichtungen. Na, Pech muss der Mensch haben.

So jetzt mache ich Schluss. Es wartet eine große Menge Arbeit auf mich. Ich mache meine Sommersachen alle fertig, das heißt: kürzer, waschen, bügeln, stopfen etc.pp.

Herzliche Grüße an Dich lieber Robert
Deine Christa

Grüße Mutter bitte recht schön.