Christa Lehmacher an ihren Bruder Robert Weichelt, 17. November 1941

Köln, den 17. November 1941

Lieber Bruder!

Ich will Dir nur schnell einiges mitteilen.

Ich bezw. wir haben vorgestern von Mutter einen sehr netten Brief erhalten, in dem sie uns nochmals die Reise nach Graz schmackhaft zu machen versucht. Ausserdem aber erhielten wir einen wirklich reizenden Brief von Deinem Schwiegervater, in dem er ganz rührend uns einläd, Weihnachten bei ihnen zu verbringen. Es wäre dann für sie der schönste Weihnachten ihres Lebens. Wir haben uns schrecklich gefreut. Leider aber ist es uns trotz allem Hin- und Herüberlegen nicht möglich, runter zu fahren. Wir müssen vernünftig sein und uns nicht ganz durch unsere Gefühlswelt einspinnen lassen. Wir haben erst heute gehört, dass die Züge, die jetzt fahren, auf Strecken wie Wien-Köln 3 Stunden Verspätung haben. Da passiert uns sicherlich das Vergnügen, das uns unser Anschlusszug von München vor der Nase weg fährt. Bums sitzen wir da mit unserem Talent. Ach nein, das ist alles Unsinn. – Ausserdem ist es auch noch eine Frage, ob wir überhaupt die Reiseerlaubnis bekommen.

In der Zwischenzeit ist nun meine Maschine nachgesehen worden. Du siehst, sie schreibt wieder sehr schön.

Zweck meines heutigen Schreibens ist aber ganz etwas anderes
1.) möchte ich Dich herzlich bitten, schicke mir doch möglichst umgehend die Bilder von der
Uta. Ich wollte, wenn eines davon sehr nett geworden ist, vergrössern lassen und dann einrahmen. Das kann ich dann als wunderschönes Weihnachtsgeschenk vergeben. Also bitte, schicke sie mir doch möglichst umgehend.

2.) Wäre es Dir eventuell möglich, noch einige Flaschen von dem netten Gesöff zu bekommen. Wenn es Dir möglich ist, so schreib mir doch bitte umgehend, was es noch gibt und wie teuer es ist. Ich möchte gerne einige Flaschen für mich selber kaufen und ausserdem habe ich noch jemand, der gerne einige Flaschen haben möchte. Also schreibe mir bitte auch darüber umgehend Bescheid.

Von uns ist sonst nichts besonders zu berichten. Wir arbeiten und leben, was man so leben nennt. Ich hoffe aber, das es Dir gut geht, das heisst, das Du wieder etwas Ruhe mit Deinem Magen hast. Ich bitte Dich nochmals, sei vorsichtig. Hole Dir nicht so eine Bisterei, wie Günther sie hat.

Für heute Schluss. Ich erwarte also umgehend Deinen Bescheid. Herzliche Grüsse und alles Gute sendet Dir Deine Schwester
Christa