Christa Lehmacher an ihren Bruder Robert Weichelt, 25. Mai 1941

25. Mai 1941

Liebes Bruderherz!

Nun will ich Dir auch mal wieder einige Zeilen schreiben. Wir haben in der letzten Zeit ja allerhand durchgemacht. Unsere letzten Alarme waren so, dass wir keinen einzigen Heller mehr um unser bisschen Leben gegeben hätten. Hier ist allerhand passiert, aber dass wirst Du ja wohl schon wissen. Nun fahre ich Morgen nach Füssen, um dort mal 14 Tage land nach dem Rechen zu sehen. Ich freue mich ja so, dass kann ich keinem Menschen beschreiben. Ich habe einen großen Koffer voll für die beiden gehamstert. Seit langer Zeit sammele ich Bonbons und solchen Kram. Jetzt habe ich am Samstag auch noch 5 Pfund Apfelsinen bekommen. Die nehme ich natürlich ganz mit. Na, die werden sich ja wundern. Ich überrasche sie nämlich. Ich schreibe nichts davon, dass ich komme. So ist das viel netter und ich bekomme dann gleich den richtigen Eindruck, nicht erst, dass ich durch Aufmachung getäuscht werde. Ich muss Mutter nämlich mal wieder ganz schwer auf die Finger gucken. Sie verwöhnt mir das Kind zu viel.

Außerdem wird sie sie wohl wieder überfüttern, nach dem, was sie mir gestern schrieb. Da will ich mich doch lieber mal durch Augenschein überzeugen, was da lost ist. Die Fahrt brauche ich ja nicht zu bezahlen, die kriege ich von der NSV. Darfst aber nicht drüber sprechen, da ich das als Ausnahme bekomme, weil ich ja Arbeiterin bin. Na, es kostet mich ja so auch noch ein Schweinegeld. Aber das ist mir egal. Dann muss ich mich nächsten Monat eben verstärkt einsetzen, um das wieder aufzuholen. Aber dann habe ich doch wenigstens mein Kleinchen mal wiedergesehen, sie fehlt mir an allen Ecken und Enden. Na ja, Schwamm drüber.

Uns geht es hier soweit ganz gut. Wir haben entsetzlich viel Arbeit und kommen nur für Stunden nach Hause. In bin tage- und nächtelang unterwegs um Geld zu verdienen. Denn ich muss ja ziemlich viel aufbringen, unsere Spesen sind verdammt gesenkt worden. Aber nichts für ungut.

Also liebes Bruderherz, lass es Dir weiterhin gut gehen und mir drücke bitte beide Däumchen.

Herzliche Grüße
Deine Christa

Gib mir noch an, ob ich jetzt, wenns ich bekomme, auf jeden Fall Dein Foto nehmen soll.

In Eile – heute herzlichste Grüße.
Brauchst uns keinen Kakao zu schicken.

Deine Irmgard