Köln, den 2.IV.44.

Meine liebe Lotti,

Ganz allein bin ich heute am Sonntag, die Eltern und Klaus sind eingeladen, und Helmie und Frl. Stallmann sind auch nicht da. -

Jeckielein und ich haben’s uns recht schön gemacht. Vorhin nach Tisch haben wir uns in die Sonne gesetzt, und ich habe Dein Buch „der Wanderer zwischen beiden Welten“ gelesen. Es war ganz still und ruhig ringsum, und ich habe diese Stunde so recht genossen. –

Nun hat es sich bezogen und langsam dämmert es. -

Augenblicklich höre ich im Radio sehr gut übertragen die Matthäus-Passion.

Gestern habe ich es doch einmal versucht, Karten für Freitag zu bekommen, aber nachdem ich mich in einer endlosen Schlange ordentlich herumpuffen und knufen ließ, hab ich’s aufgegeben. Und nachher hörte ich auch, daß überhaupt keine Karten da waren und alles Gedränge umsonst war. – Für Donnerstag und Mittwoch sind die Karten erst recht alle ausverkauft. -

Nun freue ich mich, daß ich die Passion jetzt so schön im Radio hören kann. Wenn Du doch dabei sein könntest. –

Was wirst Du heute wohl so allein im Häuschen machen? Gewiß hast Du eine Menge zu arbeiten und nützt die ruhige Zeit dazu aus.

Gestern erhielt ich Deine Karte, für die ich Dir recht herzlich danken möchte. Ich sah gleich in der Garderobe nach Deiner Jacke, jedoch ohne Erfolg. Auch in den Keller ist sie während der Alarme nicht gekommen. Vielleicht hast Du sie bei Bartels liegen lassen. -

Im Wehrmachtsbericht hörte ich, daß die Flieger gestern in Südwestdeutschland gewesen sind. Hoffentlich ist in Heidelberg nichts geschehen. – Geh‘ nur ja immer, wenn Alarm ist, in der Klinik in den Keller, ich möchte nicht, daß, wenn

es für Heidelberg gilt, Dir etwas passiert, hörst Du? -

Der Alarm kommt in der letzten Zeit leider immer mitten in der Nacht. In der vorletzten Nacht hatten wir von 12 Uhr an ununterbrochen 4 ½ Stunden Alarm mit ganz doller Schießerei. – Hoffentlich geht das jetzt nicht jede Nacht so. -

Nun muß ich schließen, denn meine ollen kaputten Strümpfe warten auf mich.

Sei recht lieb gegrüßt für heute.

Deine Ulla.