Ursula Lindemann an Lotti, 3. Januar 1945

Ursula Lindemann
Köln-Marienburg, den 3.1.45.
Parkstraße 2

Nr. 18?

Meine liebe Lotti!

Nun will ich endlich einmal wieder vernünftig schreiben. Ich sitze hier im Keller auf einer Kiste und schreibe auf meinem Schoß. Es geht ganz gut, man muß sich halt an alles gewöhnen. Augenblicklich ist einmal kein Alarm, was heutzutage eine Seltenheit ist. -

Ach Lotti, wir versuchen mit etwas Galgenhumor über alles hinwegzukommen. Immer wenn wir zusammen sind versuchen wir unsere wahre Stimmung zu unterdrücken, aber wenn ich allein bin ist aller Jammer über mir. Es ist kein schönes Gefühl sein Zuhause verloren zu haben. (Meine Tinte ging aus u. ich hab keine mehr) Ich darf garnicht daran denken was mir alles verbrannt ist. Aus meinem Zimmer konnten wir ja nichts

mehr retten. Neben den unartigen Brandbomben mit den starken Sprengladungen hatten wir noch ein Leitwerk mit 60 Stabbrandbomben im Haus und noch diesen Teer. Da konnten wir natürlich nicht mehr gegen das Feuer an. Und dann hofften wir die Decken vom 1. Stock zum Paterre wären Beton aber leider war dies nicht der Fall. Ach, was haben wir Wasser geschleppt und die schweren Sandsäcke und alles war umsonst.

Wie soll ich nur schreiben, ich bin so sehr müde mir fallen die Augen zu. Wenn ich aber dann liegen kann flieht mich der so sehr ersehnte Schlaf und ich liege lange wach. Den anderen geht es auch so.

In der letzten Zeit träume ich so viel von Dir. Das ist wenigstens schön, aber wenn

ich ein Traum noch einmal diese Schreckensnacht durchträume, ach es ist alles nicht schön.

Lotti, ich eigne mich heute und überhaupt d. ganze letzte Zeit nicht zum Schreiben. Sei innig gegrüßt u. geküßt.

Ich bin immer

Deine Ulla.

Mir tropft es immerzu auf das Papier.