Ursula Lindemann an Lotti, 30. März 1944

Köln, den 30.III.44.

Mein liebe Lotti,

Gerade bin ich nach Hause gekommen und sitze jetzt im Garten und laß mich von der Sonne bestrahlen. Und Du, meine Lotti, ratterst mit dem Zug so schnell davon.

Helmie meinte, ich hätte doch bis Köln Hpb. fahren können. Wie gerne hätte ich das getan, um Dir wenigstens noch richtig auf Wiedersehen sagen zu können. Am Hpb. wollte ich zuerst noch einmal kurz rauf-

springen, aber ’s war schon zu spät. Unten am Rhein fuhr mir die 14 natürlich vor der Nase weg. Ich ging dann ziemlich aufgelöst am Ufer auf und ab, und war mit meinen Gedanken so sehr bei Dir, daß ich die nächste Bahn ganz ruhig wegfahren ließ. Nun bin ich nicht mehr nach Rodenkirchen gefahren, ich wollte lieber jetzt ganz allein mit mir sein.

Es ist alles so still und friedlich um mich herum, und nur langsam kann ich mich an den Gedanken gewöhnen, daß Du nun wieder für ein halbes Jahr fort bist. In der Zwischenzeit will ich tüchtig arbeiten, um meine Gedanken in eine andere

Richtung zu bringen. -

Am Nachmittag.

Eben bin ich aus der Schule gekommen. Die meiste Zeit haben wir heute im Keller verbracht. Auch die Zeugnisse haben wir im Keller erhalten. Meines hat mir diesmal einige freudige Überraschungen gebracht. Ich bin recht froh darüber. -

Inzwischen bist Du nun in Heidelberg angelangt, und wirst jetzt wohl Euer Häuschen erreicht haben. Hoffentlich ist es nicht zu kalt, und Du mußt nicht so arg frieren. -

Leb wohl, meine Lotti, ich wünsche Dir noch eine schöne Zeit für Deinen Krankenhausdienst. Es denkt sehr an Dich

Deine Ulla.