Tagebuch 1 (25.11.1940-28.9.1942)

Liebe, und tue was Du willst.                 Augustinus

25.11.40.

Bei meiner letzten Beichte habe ich mich endlich bedingungslos in die Hand Gottes gegeben, was ich bis jetzt nie fertig gebracht habe. Ich will nun versuchen ganz aus seiner Liebe heraus zu leben und überhaupt die Liebe zum Ursprung meines Denkens und Handelns zu machen. ich habe in der letzten Woche erfahren, welche Seligkeit es ist, sich ganz Gott anheimzugeben, ich glaube, ich war noch nie so glücklich wie in den letzten Tagen. Und ich hoffe, dass ich immer mehr der ewigen Liebe entgegenwachse und aus ihrer Hand alles freudig entgegennehme, was es auch sei.

1.12.   1. Adventsonntag.

Hein Frey der in Urlaub ist war am Freitag hier und wir haben mit Magdalene, Frieda und Kathi einen schönen Abend verlebt. Als Wichtigstes lernte ich, dass ich mein ganses Denken und Tun vom Geist beherrschen lassen muss und nicht vom triebs- und gefühlsmässigen. Die Folge davon ist ein viel bewussteres Leben und die völlige Freiheit des Handelns. Und wenn dieser Geist der Geist Gottes ist, dann wachse ich auch immer mehr an innerer Grösse und an Wert.

Heute im Lesekreis haben wir Grundsätzliches über unser Lesen und unsere Bibliothek besprochen. Vor allen Dingen nicht wahllos und

Ziel lesen. Unsere besonderen Interessengebiete immer mehr ausbilden und was wir wissen ganz wissen. Das nächste Mahl will Vater uns, als zukünftigen Müttern, ein Märchen vorlesen. –

Ich muß ehrlicher mit mir selbst sein.

12. 12.

Peter Bolz ist in Urlaub und Magdalene hat sich am Sonntag in Maria Laach mit ihm verlobt,. Hoffentlich werden sie glücklich miteinander. Mit ihn an der Seite wird sie bestimmt immer noch weiter vielen Menschen helfen können. Gott helfe dem Hein Frey nun.

Vorige Woche war ich wieder ein paar Tage sehr niedergedrückt und leicht verletzlich.

Ich wünschte ich käme einmal mehr über diese Stimmungen weg. Es ist ja nicht mehr so,, wie sonst, dass ich mich so gänzlich allein und einsam fühle. Die Gewissheit des Geborgenseins in Gott war immer noch da, wenn auch nicht immer in dem Bewusstsein der so beglückenden Gottesnähe. Wenn ich ihn nur immer wieder bei mir fühle und mich ihm bedingungslos anvertraue, werde ich auch allmählich die Gewalt und Beherrschung über die Stimmungen bekommen.

20. 12. 40.

Jetzt haben wir unser Haus wieder einmal leer, nachdem lange Zeit immer Soldatenbesuch da war: Peter Bolz, Josef Romm und Fritz Knips. Hoffentlich bekomme ich bis Weihnachten meinen Kram

fertig. Es ist doch etwas herrlich. Schönes um die frohe Erwartungszeit des Advent. Heute ist Gnatember [??] der Höhepunkt der Weihnachtsvorbereitung. Ich bin froh und glücklich, wenn ich auch furchtbares Turnfieber habe von Mittwochabend. Heute ist Weihnachtsputz und ich muss fleissig schaffen. Es schneit draussen.

24. 12. 40   Abends.   Weihnachten.

Weihnachten war wie immer herrlich schön, nur dass Ferdi, Peter und Peggy nicht dabei waren. Meine Eitelkeit ist wieder einmal sehr gefördert worden.

Diesmal war leider keine Christmette ich war in der Schubertmesse. Vater las die Messen und hat eine Ansprache gehalten. Es war wunderbar. Man fühlte und wusste: Nun ist der Herr da. Ich will nun sorgen dass sein Friede immer in mir und um mich ist. Es gibt ja nichts Köstlicheres, als der Friede, der aus der Liebe zu ihm erwächst.

Das Buch „Der liebe Augustin“ von Geissler das ich jetzt gelesen habe hat mir sehr viel Freude gemacht. Man sollte doch viel mehr die sonnigen Seiten des Lebens zu finden wissen. Er war zu allen Menschen gut und hat doch

immer eine bestimmte Distanz gehalten und sich nie aufgegeben. Dadurch wurde er vor grossen Enttäuschungen bewahrt und er blieb immer er selbst!

Jupp Romm kam heute nachmittag und bleibt heut nacht hier.

26. 12. 40   Stephanustag

Vater hat mir heute morgen zwei Büchlein geschickt: Gott allein genügt. Eins für Resi u. eins für mich. Ich habe mich sehr darüber gefreut!

Heute war ich mit Resi in dem Film: Das Herz der Königin“. Furchtbar. Aus dem Film spricht eine Gesinnung die direckt abstösst. Vorläufig habe ich wieder einmal genug vom Kino und erst recht von dieser   Zarah Leander. Resi hat sich wieder aufgeregt. Sie ist ein lieber Kerl.

29. 12.

Heute ist der Lesekreis ausgefallen, weil der gnadige Herr verreist war. Aber Resi war heute Mittag bei mir, und wir haben das Mädchen vom Moorhof gelesen. Es war recht nett. Fritz Knips ist heute wieder weggefahren.

30. 12. 40   Montag

Heute haben wir gewaschen und es regnet draussen. Ich lese augenblicklich das Buch Peter Anemont von Rüdiger Syberberg. Dieser Peter ist ein Mensch dem es immer nur schlecht geht und der eigentlich ohne seine Schuld durch die halbe Welt kommt. Er begegnet sehr vielen Menschen, und die, die er liebt verliert er bald darauf wieder. Nun hat er den alten Timofey getroffen und ich nehme an, das er von ihm den Sinn dieses Lebens mit seinen unendlich vielen Enttäuschungen verstehen lernt. Wir die wir es so gut haben und noch verhältnismässig wenig Elend gesehen haben, viel weniger erlebt, wir sollten doch viel dankbarer sein und glücklicher „Man ist nie dankbar genug.“ Und besonders wir Gotteskinder müssten die frohesten, strahlendsten und glücklichsten Menschen auf dieser Erde sein und den andern dadurch helfen.

31. 12. 1940.   Silvesterabend

Unser Pfarrer hat in der Danksagungsandacht eine gute Predigt gehalten. Er schloss mit den Paulusworten: „Christus war gestern, Christus ist heute, Christus ist in alle Ewigkeit.“

Das ist ja schliesslich das Wichtigste, dass Er ist. Und da ist es ganz gleich was das Jahr 1941 uns bringt wir haben nur Grund zur Freude, zur Zuversicht, weil Er eben ist. Ich muss mehr Freude ausstrahlen und mir diese nicht durch Kleinigkeiten, durch überhaupt nichts nehmen lassen. –

Nach allem, was man hört wird es unserer Kirche nach dem Kriege sehr schlecht gehen in Deutschland. Aber wir Katholiken sollen doch nicht so verängstigt sein und so viel davon reden. Unser Herr hat doch gesagt, Selig seid ihr, wenn euch die Menschen schmähen und verfolgen….. Seltsam, ich habe überhaupt keine Angst. Hoffentlich auch dann nicht wenn es einmal Wirklichkeit wird.

Wie mag es Peter gehen?

1.1. 1941. Neujahr.

Ich bin heute innerlich so froh und glücklich gewesen. Ich glaube, es war eine regelrechte Schaffensfreude für das kommende Jahr, denn ich weiss wie unendlich viel es in mir und um mich zu tun gibt. Ich weiss ganz sicher dass der nun so geliebte Gott mir helfen wird, recht viel zu erreiche. –

Das Buch Peter Anemont habe ich ausgelesen und es hat mir recht gut gefallen. Es gab mir so viel Zuversicht und Freude.

Resi kam heute Nachmittag und wir haben das Mädchen vom Moorhof ausgelesen und dann noch verschiedenes erzählt. Wir sprachen davon, dass wir, die wir in dieser gehetzten Zeit leben viel Ruhe und Stille in uns haben müssen und wirklich manchmal ganz still sein können.

Heute abend waren die Mädchen und Herr Kaplan Jaquemain hier und ich merke immer mehr, dass da eine tief innige und starke Gemeinschaft besteht und ich freue mich darüber. Gemeinschaft ist doch etwas Herrlich Schönes, wenn sie Achtung und Schätzung

des Einzelnen kennt.

Ich beginne jetzt mit dem Buche „Witiko“ von Stifter. Ich freue mich riesig.

Es stürmt in der letzten Zeit so viel auf mich ein dass ich alles kaum fassen kann. Gott schenkt uns doch Gnade in überreichen Massen.

2. 1.. 41.   Donnerstag

Das erste Kapitel vom „Witiko“ habe ich gelesen. Vor allem gefällt mir die abgeklärte Ruhe und Stille, die sowohl in der Sprache, wie in den ausführlichen Beschreibungen, besonders aber in den Menschen ist. Ich möchte einmal einem solchen Menschen begegnen, wie dem Witiko, obwohl ich ja noch nicht viel von ihm kenne, der aber so klar ist, ganz offen, mit einfachen Worten sagt was er meint, ohne dieses viele Reden und durch Worte etwas gelten wollen und das um die Wahrheit herumdrücken, das uns heutigen Menschen so liegt. Ich glaube dieser Mensch bliebe mir unvergessen.

Ich weiss ja nicht, ob ich ich zu jeder Zeit im „Witiko“ lesen kann. Jedenfalls will ich die Stille lieben lernen, und das, was ich vom Witiko lese, verstehen.

Heute war wieder so viel Betrieb bei uns, man

kommt wirklich kaum zu Atem. Mein Wecker ist kaputt ich weiss abends nie, ob ich morgens zeitig wach werde. Das ist sehr unangenehm!

6. Januar. 1941.   Erscheinung des Herrn.

Es ist sehr schade dass solch herrliche Feiertage so viel verlieren, dadurch dass gearbeitet werden muss. Man nimmt uns in Deutschland immer mehr. Diese Woche wird wahrscheinlich herauskommen, dass nach Fliegeralarm die Messen erst nach 10 Uhr gelesen werden dürfen. So geht das immer weiter. Aber wir Christen dürfen uns nur darüber freuen, weil uns dadurch wieder bewusst gemacht wird, dass wir zur Kirche Christi gehören, die ja gleich ihm in der Welt immer verfolgt und geschmäht wird. Unser Herr möge nur unserm deutschen Volke helfen, dass die Kirche in ihm nicht stirbt.

Ich bin heute noch immer mit meinen Ge-

danken bei dem Film „Friedrich Schiller“, den ich gestern sah. Ich war lange nicht mehr für einen Film so begeistert. Es ist doch schade, dass ein solcher von Gott begnadeter Mensch so früh abberufen wurde. Andererseits ist es auch herrlich dass ein junger Mensch in so wenigen Jahr so viel Herrliches geschaffen hat. Ich fühle jetzt wieder einmal so recht das Glück, jung zu sein. Ich möchte auch einmal auf ein wertvolles, bis zum Rande gefülltes Leben zurückschauen können und damit vor den Herrn treten. Möge es mir mit seiner Hilfe gelingen. Ich bin mir noch immer nicht klar darüber, was ich Ostern machen soll. Lehrerin hat keinen Zweck, Fürsorgerin verlangt noch eine Ausbildung und ich kann vorerst noch nicht Verdienen. Büro??

8. 1. 40.

Heute hatte ich wieder Turnen und es hat mir wieder recht gut getan.

Ich merke immer mehr wie ich innerlich

durch die Überfülle von Gnade wachse, aber dadurch wird mir auch bewusst, was mir alles noch fehlt. Vor allem ruhiger und tiefer werden.

Ferdi hat lange nicht mehr geschrieben. Hoffentlich ist da oben in Norwegen nichts los.

9. 1. 40.   Mittags.

Eben kam mir ganz plötzlich der Gedanke was wohl geschehen mag, wenn unsere Mutter stirbt. Dann werde ich zuhause bleiben müssen und ihre Stelle vertreten. Weiss Gott dass das nicht leicht sein wird. – Alles Planen und Träumen von der Zukunft hat ja gar keinen Zweck. Unser Herrgott gibt unser Schiksal ja doch anders als wir es uns denken. Ich muss nur immer bereit sein alles aus seiner Hand anzunehmen, dann allein hat unser Leben Sinn, wenn es ein Dienst für ihn ist. Ich stelle mich selbst immer noch zu sehr in den Vordergrund.

10. 1. 1940

Der heutige Vortrag über die Wahrhaftigkeit hat wieder einen grossen Eindruck auf mich gemacht. Ich muss mir ihn erst einmal durchdenken., -

Nachher sprach ich noch einige Worte mit Resi. Sie steht so mitten in der Hetze des Geschäftslebens und hat nur wenig Zeit für sich selbst. Ich will ihr helfen, so viel ich kann. Es ist doch ein grosses Geschenk dass ich zu Hause bin. Ich muss viel dankbarer sein und die Zeit gut ausnutzen bis ich in den Beruf komme.

Ferdi hat noch immer nicht geschrieben.

16. 1. 1941.   Donnerstag.

Am Sonntag war ich mit Resi und unsern Müttern im Sommernachtstraum. Es war einzigartig bis auf meinen abonnierten Platz. Abend bin ich in einem in den Lesekreis gerannt, und der war einfach ein Erlebnis.

Unser Gruppenabend am Dienstag hat mir viel gegeben. Vor allem habe ich da erst Rilke’s

„Cornet“ schätzen und ganz verstehen gelernt. Von Käthe kann ich viel lernen. Besonders etwas von ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Sicherheit muss ich mir aneignen – und mehr denken.

Ich kann unserm Herrn ja gar nicht genug danken das ich diese Gruppenabende und die vielen Vortragsabende des Vaters mitnehmen darf ich mein Leben. Sie sind ja ein reines Geschenk seiner Güte und ich werde es als Selbstverständlichkeit ansehn müssen aus meinem Leben etwas ganz Besonderes zu machen um es ihm nachher als Geschenk oder vielmehr als ein ganz kleiner Dank für seine Liebe zu geben.

Abends

Der Vortrag heute abend hat mich ganz besonders gepackt und ich bin noch ganz beschwingt davon. Vater sprach von dem Evangelium des 12jährigen Jesus und vor allem kam der Satz immer wieder drin vor: Mein Herz will ich dir schenken und alles was ich hab. Dieses alles Aufgeben um Christi Namen willen

und zwar bewusst und ernst und fern von aller Gefühlsduselei ist unbedingt notwendig, wenn wir wirklich Christen sind. Wollen und können wir die Hauptsache und das Gefühl kann eine schöne Beigabe sein aber lange nicht das Wesentliche, denn das setzt im entscheidenden Augenblick aus und Mut und Kraft der Liebe können nur standhalten. Und wenn der Herr uns alles nimmt, muss es uns ganz selbstverständlich sein und wir dürfen uns nicht wundern. Die Seele ist unser einziger Wert. „Wer seiner Seele wohl tun will, der gibt sie preis, wer aber seine Seele preisgibt um Meinetwillen, der wird sie gewinnen. Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt an seiner Seele aber Schaden leidet. Oder was könnte der Mensch wohl als Tauschpreis für seine Seele geben?“ (Matth. 16.)

18. 1. 41.   Samstag.

Heute habe ich gebeichtet und bin wieder restlos glücklich. Ich muss viel dankbarer sein und mein ganzes Leben ein Dank und Lobpreiss an den Allgütigen.

20. 1. 41.   Montag.

Hermann Siebenrock ist tot! Arme Hedel!

21. 1. 41.   Dienstag (Agnes)

Heute haben wir in der Gruppe eine recht nette und lustige Namenstagsfeier verlebt. Das Thema für Freitagabend heisst: Liebe. Ich freue mich.

21. .1. 41. Donnerstag.

Ich war heute ziemlich niedergedrückt und nicht fröhlich genug. All das so wenig Erfreuliche auf dieser Erde sind wir Menschen eigentlich selbst schuld. Wenn wir uns vollkommen selbst beherrschen würden und einander selbstlos liebten könnte es für uns Christen ein Himmel auf Erden sein, und auch wenn wir leiden müssten, denn wir allein leben doch wirklich und haben die Hoffnung auf ein ewiges Leben.

Der Witiko ist herrlich. Wenn die Menschen zur damaligen Zeit wirklich so waren, dann

ist die Menschheit doch gewaltig gesunken. Sinkt sie mit der steigenden Kultur? Aber die Kultur kann doch die Schuld nicht tragen?

24. 1.   Freitag.

Nein, sie hat auch keine Schuld daran, es liegt daran, das die Menschen sich immer mehr vor Gott und ihrer wahren Bestimmung entfernen. Da bleibt es ja gar nicht aus, dass sie von ihrem Wert verlieren.

25. 1.   Samstag.

Gestern abend hatten wir den Vortrag über Liebe.

Liebe ist selbstlose Hingabe an eine Person oder Sache und zwar in jeder Form (Kinderliebe, Mutterliebe, Geschlechterlieben usw.) Sie ist keine blosse Gefühlssache, sondern beansprucht alle Fähigkeiten de Menschen: Verstand, Willen, Gefühl und Glauben. Wenn die ganze Liebesfähigkeit des Menschen nun auf Gott gerichtet ist und alles andere aus der Liebe

zu Gott heraus liebt, dann ist das das Höchste und Schönste was ein Mensch erreichen kann. .Dann verliert der Mensch nichts dadurch oder muss auf etwas verzichtet, sondern alle irdische Liebe bekommt dadurch noch einen ganz besonderen Glanz und Wert.

Man kann seine Liebe auch niemals an einen Menschen vergeuden, und wenn es der erbärmlichste wäre, denn jeder Mensch ist ein Ebenbild Gottes und Gott selbst hat sich ja in selbstloser Liebe für uns dahin gegeben. „Eine grössere Liebe hat niemand, als dass er sein Leben hingibt für seine Freunde.“

Ich habe nur noch eine Sehnsucht, die nach der vollkommenen Gottesliebe, die das ganze Herz, die ganze Seele, das ganze Gemüt und alle meine Kräfte beansprucht.

29. 1. 41.   Mittwoch.

Heute habe ich mich bei Herrn Direktor Eit vorgestellt und komme wenn das Arbeitsamt keinen Strich dadurch macht Ostern zu Mauser. Ein Jahr will ich erst als Anfängerin aufs Büro und dann zwei Jahre zum Frauenhilfsdienst zu Frl. Füchtjohann. Dann möchte ich auf die Wohlfahrtsschule um soziale Betriebsarbeiterin zu werden.

Gestern abend hatten wir einen sehr interessanten Gruppenabend. Das Büchlein von Rudolf Kinan war die Ursache einer heftigen Debatte. Im ersten Kapitel war vom Gebet die Rede. Er lehnt das Bittgebet in einer sehr raffinierten Weise als etwas Erniedrigendes vollkommen ab. Gewiss wir sollen in unseren Gebeten viel mehr danken und loben; aber das Bittgebet ist doch auch unbedingt notwendig. (Bittet und ihr werdet empfangen.) Aber der Verfasser ist, wie man aus dem ganzen Buche merkt ein moderner Heide. Er glaubt zwar an Gott (so fest wie er an Deutschland glaubt) aber dieser Gott ist etwas vollkommen Unpersönliches und der verschwom-

mene Begriff eines höheren Wesens. Die anderen Kapitel waren zum Teil ganz gut; aber weil sie nicht aus dem Religiösen kommen, stehen sie ohne Zusammenhang und unbegründet da, was einem nachdenkenden Menschen aber nie genügen kann.

Ich las den Mädchen eben eine Erzählung von J. F. Görres vor „Die Schuld“. Wir haben so viel Schuld, die uns lange nicht immer bewusst wird. Nur wenn Gott uns einmal die Folgen davon zeigt erschrecken wir. Die Schuld ist aber da, auch wenn sie keine schweren Folgen hat.

1.Februar.   Samstag.

Mein Beichtiger und Vater wird am Mittwoch Soldat! - -

2. Februar.   Sonntag

Kathi und ich machten heute eine Schneetour. Ich bin schrecklich müde und das ist gut.

Ich muss mir bewusst halten: Gott allein genügt.

Ich will Ihm nur dankbar sein für das was Er mir geschenkt. Was er gibt, müssen wir Ihm zu jeder Zeit freudig zurückgeben können. Auch wenn er weht tut. Es ist ja das erste Mal, dass mir etwas weht tut.

3. 2. 41.   Montag.

Das Arbeitsamt hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wahrscheinlich bleibe ich nun noch ein Jahr zu Hause bis ich 189 Jahre bin. Ich muss wieder froh werden. Und ich will meinem Herrn ganz besonders dankbar

sein, dass Er mir diesen Schmerz und Verlust nicht ein halbes Jahr früher geschickt hat. Es ist jetzt zwar nicht weniger schmerzlich aber ich weiss es durch seine Gnade heute besser zu tragen. Eines werde ich ja immer für meinen Vater tun können und das macht mich glücklich: ihn lieben und immer für ihn beten.

4. Februar.   Dienstag.

Heute hat Vater die letzte hl Messe gefeiert und morgen ist er Soldat. –

Den „Witiko“ habe ich heute ausgelesen. – Der Gruppenabend wurde durch Fliegeralarm gestört.

7. Februar.   Freitag.

Ich bin wieder ganz glücklich und zufrieden und begreife nun das einzig und allein wir Menschen des christlichen Glaubens immer im Herzen froh sein können. Heute habe ich Peter Bolz einen Brief geschrieben.

Ich ahne es, wenn ich es auch noch nicht erfahren habe, dass ich nur dann glücklich bin, wenn ich selbstlos bin. – Was ist es doch für ein unbeschreibliches Glück und eine immer wieder unbegreifliche Gnade, dieser Kirche angehören zu dürfen. Die „Hymnen an die Kirche“ werde ich mir einmal kaufen.

Sonntag den 9. Februar.

Die Jugendpredigt in St. Mechtern hat mir gut gefallen. Über den Priester.

Die Bibliothek ist jetzt ganz zugemacht, nachdem wir wieder so viel Geld herein gesteckt haben. Einen ganzen Schwung Bücher habe ich mir schon mitgebracht, damit die nicht von der Müllabfuhr abgeholt werden. Darunter „der erfrorene Engel“ und der „Pilatus“ und „die Antwort des Herrn“ von Chateaubriant.

Heute Nachmittag habe ich der Resi den „Vorsommer angefangen vorzulesen. Ich glaube, es macht uns noch viel Freude4. Hein Frey ist wieder in Urlaub und wird wahrscheinlich in dieser Woche nach hier kommen.

11. Februar.   Dienstag.

Warum kann man so schlecht auf kleine unwichtige Dinge verzichten, während man glaubt, grosse Opfer bringen zu können? Wahrscheinlich müssen wir unsere Bücher wieder herausrücken, die Gestapo war gestern beim Herrn Kaplan Cramer. Wir werden noch dolle Sachen erleben.

Unser Gruppenabend heute war wieder recht nett. Wir haben Platten mit Liebeslieder gehört und Volksliebeslieder gesungen.

15. 2.   Samstag.

Es ist zwar augenblicklich Fliegeralarm, aber ich habe soviel zu schreiben.

Hein Frey ist in Urlaub und gestern abend hat die ganze Blase wieder

zusammen gesessen. Das ist noch ein Mensch wie man ihn heute suchen kann. – Es pumst zu arg, ich muss das Licht ausmachen., -

16. 2. 24.   Sonntag (morgens)

Jetzt darf erst um 10 Uhr die erste hl. Messe sein, wegen des Fliegeralarms.

Gestern war ich bei Herrn Kapl. Vosbo beichten. Ich soll die Liebe in den Mittelpunkt meines täglichen Lebens stellen, den Mitmenschen Liebe geben und Freude, die ja aus der Liebe kommt. Ich war so recht froh und voll von gutem Vorsatz nach der Beichte.

Frieda und Magdalene sind heute mit Hein eine Tour machen. Ich wäre ja für

mein Leben gern mitgegangen. Ich bin ihnen aber zu jung.

(mittags)

Wir dürfen unsere Bücher doch behalten und ich habe mir heute wieder zwei neue mit gebracht von Jos. Maria Camenzind. Das Schweisstuch der Veronika hat leider Käthe Lenders schon. Nachher kommt Resi und wir wollen dann im „Vorsommer“ weiterlesen.

17. Februar.   Montag.

Heute war ich wieder sehr bedrückt, und was mich bedrückte war meine eigene innere Leere und Lieblosigkeit. So dass ich es heute abend nicht mehr aushielt und in mein Zimmer flüchtete. O mein kleines liebes Stübchen. -

Auch ich möchte ja so von Herzen gern alle Menschen lieben und ihnen Freude bringen und mich selbst ganz vergessen. Ja das ist die Forderung, die in den letzten Tagen von allen Seiten an mich herangetreten ist: das völlige Selbstvergessen u. von dem eigenen ich lösen über der Liebe zu Gott und damit zu allen seinen Geschöpfen. Ich weiss es, dass ich dann erst frei und wirklich glücklich bin, wenn ich das erreicht habe. Und alles in mir sehnt sich nach dieser Freiheit und dem Aufgehn in der Liebe.

Das Buch die „Antwort des Herrn“ von Chateaubriant hat mich da ich es nun zum zweiten Male gelesen habe ganz

tief gepackt und aufgerüttelt. Das muss auch bei mir endlich einmal aufhören, das Kleben an dem armen ich. Der Satz ging mir heute immer nach: „Es ist nicht so: je mehr ich weiss, um so mehr werde ich sein, sonder so: Je mehr ich sein werde, um so mehr werde ich auch wissen.“

In dem ganzen Buche ist von dem wahren „Sein“ die Rede.

23. Februar.   Sonntag.

Am Freitagabend war Hein da und so ich habe einen wunderbaren Abend erlebt. Vom „Reich“ war die Rede. Von diesem Begriff, den eigentlich nur wir Deutschen richtig verstehen und darum auch lieben können. Ich habe

mir vorgenommen , die ganze Geschichte noch einmal durch zu gehen und vielleicht auch ein ganz klein wenig in die Hintergründe zu spingsen. Den Hein Frey kann ich nur anstaunen, das es heute noch solche Menschen (Männer) gibt. Mir kommt dann immer nur zum Bewusstsein wie weit ich noch tief unten hänge. Und ein paar mal musste ich in diesen Tagen (and) ganz tief und heimlich in mir an die Worte Berta’s aus dem „Witiko“ denken: Ich nehme nur einmal dem zum Manne, der so ist wie Witiko, wenn nicht gar diesen selbst.“

Morgen abend halten wir den ersten Lesezirkel von der Bibliothek aus. Hoffentlich

wird es da recht schön.

Heute morgen im Messopfer war ich so überfliessend glücklich, dass ich es nicht glaubte allein tragen zu können. Aber ich will glücklich machen, nicht nur glücklich sein.

Abends:

Hein und Maria Pourier haben sich gefunden.

24. Februar.   Montag.

Heute war ich mit Frl. Füchtjohann bei Frl. Dr. Fritze. Wahrscheinlich werde ich ein Jahr zu Säuglingspflegeschule gehn und kann schon mit 19 Jahren zur Wohlfahrtsschule. – Mit der Mutter habe ich mich heute gezankt wegen des Schwimmens und wegen Maria Pourier. Sie ist sicher enttäuscht, weil

Sie ja wohl für mich mit Frieda gehofft hatte, aber man soll doch auch immer gerecht bleiben. Wenn das wahr ist, dass, wie sie sagte alle Männer doch im Grunde gleich sind, dann pfeife ich auf sie alle. Aber ich will doch hoffen und glauben dass es auch das Unterschiede gibt.

27. Februar.     Donnerstag.

Gestern war ich bei Oberschwester Ella und nun ist es so ca sicher, dass ich am 1.

April in der Säuglingspflegeschule beginnen werde. Ich habe schon die Bescheinigung für die Tracht; blaue Waschkleider, Trägerschürzen und Kittel und weisse Hauben. Ich freue mich riesig. Nur bitter ist es, dass

ich schon morgens um 7 Uhr anfangen muss und daher nicht in das hl. Opfer komme. Es ist das erste Mal, dass ich nur Sonntags zur Messe gehen kann, seit meiner Erstkommunion. Ich will hoffen, dass es gut geht.

Heute habe ich in dem Buche gelesen, Goldmund und Narziss. Ich wusste vorher, dass es kein gutes Buch war und war darum von vorneherein gewappnet. Es ist mir wiederum einmal ganz klar geworden, wie gefährlich es ist, nur vom körperlichen, triebhaften, sinnlichen her zu leben, besonders gefährlich darum, weil es für jeden einen geheimen Reiz und etwas so Verlockendes hat, das immer und immer wieder beherrscht werden muss, und man dann

erst erkennt, um wie vieles höher, herrlicher und beglückender es ist vom Geiste her zu leben, wenn es nämlich der Heilige Geist der Liebe ist.

2. März   1. Fastensonntag.

Weil heute nacht wieder Fliegeralarm war, begann heute die erste Messe wieder erst um 10 Uhr. Sie sollen heut nacht wieder ganz doll geschossen haben. Ich habe als ich im Bett lag nichts mehr gehört. – Ich möchte diese „Zeit der Gnade“ wirklich zu einer Zeit des Näherkommens zu Ihm und des Hinauswachsens über mich selbst machen. Nachher ist Fasten- und Jugendpredigt.

4. März   Dienstag.

Gestern abend hatten wir Lesezirkel und wir wollen nächstes Mal mit den Klassikern anfangen. Jeder kommt dran. Ich soll Brentano und (Lenar) Arnim aus der Romantik nehmen.

Die Jugendpredigt am Sonntag hat mir gut gefallen.

7. März   Freitag.

Eben habe ich einen Brief von Peter Bolz bekommen worüber ich mich sehr gefreut habe. Ich war in den letzten Tagen wieder innerlich unruhig und unzufrieden. Da habe ich gestern das Buch von Langbehn in die Hände bekommen „Der Geist des Ganzen“. Ich hatte nie geglaubt

dass ein Buch einen so raschen, erhebenden und frohmachenden Einfluss auf mich haben könnte. Dazu kam eben noch der Brief von Peter und ich bin wieder von Herzen froh.

9 März.   Sonntag

Heut habe ich den Antrag an den Herrn Oberbürgermeister abgeschickt. Das Buch „Der Geist des Ganzen“ beeindruckt mich tief. Dort ist die christliche Lebensauffassung ganz klar umrissen und ich weiss nun, was ich zu tun habe. Das ist ungeheuer viel und ich muss mich heftig dahintersetzen.

16. März   Sonntag.

Heute war es herrlich, mit Kathi habe ich eine Tour nach Altenberg gemacht. Gestern war ich beichten. In dieser Fastenzeit soll ich nur Dienerin Gottes Sein u. in allem auch in den kleinen Dingen no seinen Willen vollführen. Allen Menschen, denen ich begegne ganz ruhig gegenüberstehn und und mich fragen was sie von mir wollen, wie ich ihnen helfen kann. Über der Liebe mich selbst vergessen.

Kapl. Schulten war heute in Urlaub.

Dienstag:

Heute war ich zum letzten Male in der Berufschule bei Frl. Breuer,

sie hat uns noch ein gutes Weggeleit mitgegeben.

Kathi ist an der Säuglingspflegeschule in der Meister Gerhard Str. angemeldet. Gott sei Dank, dass das geklappt hat. Gestern war ich mit Magdalene, Anneliese und Maria Pourier schwimmen. Es war eine Wonne! Wir üben schwer den Startsprung.

Ich bin ganz tief innen glücklich.

Mittwoch den 26. März.

In den letzten Tagen war mit mir nicht sehr viel los, deshalb hatte ich auch keinen rechten Mut, in dieses Buch zu schreiben. Ich habe mich zu viel ge-

hen lassen. Aber eines habe ich jetzt immer, eine tiefe und ganz grosse Sehnsucht nach einem Einssein mit Ihm und ich möchte meine ganze junge Kraft für ihn einsetzen. Warum bringe ich es nur nicht fertig, mich selbst zu besiegen und in kleinen Dingen treu zu sein?

Nächsten Dienstag fange ich an der Lindenburg an. Hoffentlich bekommen wir ein gutes (Essen) Mädchen und hoffentlich darf ich mein Stübchen behalten. Darum bitte ich Dich, lieber Gott! Ich habe es noch so sehr nötig.

28. März.   Freitag.

Heute hatten wir unsern Kreis bei Herrn Kapl. Mies. Es war ganz interessant, Hermine sprach über die Vornehmheit.

Heute morgen bekam ich Bescheid vom Oberbürgermeister. Ich bin angenommen und morgen aufs Rathaus kommen. – Frl. Georgy ist gestorben. –

30. März.   Sonntag. (Mittag)

Was bin ich doch noch für ein armseliges Menschenkind. Warum bin ich immer noch so empfindlich. Gestern abend habe ich geweint vor Einsamkeit. Was müssen die Menschen einsam sein die nicht an den einzigen Vater glauben.

Wir Menschen, meine ich, sind uns doch tief innen immer fremd und ein jeder steht einsam da, ganz allein. Verbunden werden wir doch nur durch unsern Schöpfer und Vater um mit diesem wieder durch Christus, durch seine Erlösung. Ich habe mir schon so oft vorgenommen, dass ich nicht geliebt zu werden wünsche, sondern nur, selbst zu lieben. Und doch fühle ich mich gleich verletzt, wenn jemand mich tadelt und unfreundlich zu mir ist. Dabei habe ich es doch meistens verdient. Gestern war ich vor allem so trostlos, weil ich Ihn so furchtbar fern fühlte, Das obwohl ich ganz klar wusste (glaubte) dass Er ist.

Das Einzige was ich immer vor mich hinsagte war: Vater – Vater. –Ich glaube ich habe mich so noch nie (nach) so nach Ihm gesehnt, wie gestern und heute – und weiss doch dass Er immer an mich denkt und dass Er mich wirklich liebt. Wo bleibt mein Selbstvergessen über der Liebe zu Ihm?

7. April.   Montag.

Jetzt bin ich schon 8 Tage in der Lindenburg am arbeiten und bin noch kaum zu mir selbst gekommen. Morgens um ½ 7 schon raus und abend komme ich todmüde heim und habe nur den einen Wunsch möglichst bald zu schlafen.

Je langer ich da bin, um so besser geht es. Ich kenne die Kinder jetzt und habe sie lieb. Wie viel können wir von ihnen lernen. Ich muss oft an Langbehns Satz denken, dass die Kinder fast die eig einzigen wirklich natürlichen Menschen sind, die es noch gibt.

11. April.   Karfreitag

Ich habe die grosse Mathäus-Passion von Joh. Seb. Bach wieder gehört. Es war einfach überwältigend. Resi hörte sie das erste Mal. Es ist eben das grösste Geschehen der Weltgeschichte.

Heute und Ostersonntag habe ich frei.

13. April.   Ostersonntag.

Gestern war ich beichten und bin wieder so recht froh geworden. Er hat mir einmal gesagt, dass wir alle priesterliche Menschen sind. Priesterlich weil wir alle Menschen lieben und ihnen dienen. Wir werden nur nach dem Mass unserer Liebe beurteilt und daran erkennt man uns auch. Darum ist ja Ostern das Fest der Freude und des Sieges, weil die Liebe da auferstanden ist und über Tod und Sünde gesiegt hat. Und in uns, die wir ja der fortlebende Christus sind, soll auch jetzt Ostern die Liebe wieder auferstehen.

16. 4. 41.   Mittwoch.

Ich bin hundemüde und kann meine Gedanken kaum konzentrieren. Heute morgen war es schrecklich. Ich bemühte mich dauernd alles möglichst gut zu machen und doch hatte Schwester Eustasia immer etwas zu sagen, so dass ich plötzlich an zu weinen fing. Das war natürlich das peinlichste. Ich hatte mich noch nicht eingekriegt als ich schon wieder mit einem Kind ins Arztzimmer musste weil der Herr Professor da war. Ich wünschte ich könnte mich da besser beherrschen und ich will doch lieben, lieben, lieben…

27. 4.   Sonntag.

Ich komme kaum noch zu Atem, und wenn ich frei hab, möchte ich nichts als Schlafen. Und doch bin ich glücklich und zufrieden. Heute begann unsere religiöse Jugendwoche. In die Abendvorträge kann ich gehen, schade, dass ich morgens nicht in die Gemeinschaftsmesse komme.

6. 5.   Dienstag.

Heute Nachmittag hatte ich frei und muss dafür am Samstag arbeiten. Die Arbeit gefällt mir jetzt ganz gut, wo mir nicht mehr alles so ganz neu ist. Schwester Hanni ist, glaube ich, ein sehr netter Kerl. – Heute hat auch unser Pflicht-

jahrmädchen angefangen und gestern hat sich Mutter den Fuss gebrochen.

30. 5.   Freitag.

Jetzt, wo ich krank bin, komme ich endlich mal wieder dazu ins Tagebuch zu schreiben. Die letzten Wochen bin ich kaum noch zu mir selbst gekommen. Ich will mir aber jetzt wieder die Zeit dazu nehmen. Am Sonntag hatten wir Klassentag. Es war recht schön, obwohl wir die Züthphen verpasst haben. Zuletzt sind wir in Wahn gelandet. Aber dahin gehe ich nicht mehr. Montags war mir bei der Arbeit recht

elend. Als ich nach Hause kam hatte ich bald 40° Fieber. Heute war ich noch etwas schwach auf den Beinen. Jetzt bleibe ich über Pfingsten zu Hause. Das ist ja auch ein Vorteil.

Mir kommt gerade die Idee, vielleicht kriege ich morgen noch eine Karte für „Faust II“. Das wäre fein.

Nun will ich schlafen.

31. 5. Samstag.

Heute war ich beichten, Gott sei Dank. Es war sehr schön. In den Mittelpunkt stellte er den Gedanken der Sendung.

Alles, was uns der Tag bringt kommt vom Vater, und wir müssen es aus seiner Hand entgegen nehmen. Es ist alles Geschenk u. Aufgabe aus seiner Liebe und wir danken Ihm. Ich brauche mich also von der Arbeit weg nicht auf Gott zu konzentrieren, sondern muss nur mit wachem, frohem, dankbarem und bereiten Herzen alles von Ihm entgegennehmen.

2. 6.   Pfingstsonntag.

Ich sah Goethes „Faust II“. Ich möchte jetzt stundenlang träumen, wie immer wenn ich so etwas erlebte. Ich habe

Jetzt absolut keine Lust für den Alltag. Und doch kommt er und ich muss fröhlich sein – und dankbar.

9. Juni.   Montag.

Gestern war Dreifaltigkeitssonntag und Jugendbekenntnisstunde. Ich bin mir jetzt wieder so recht bewusst, dass ich jung bin und katholisch, das Schönste was es überhaupt gibt. Ich bin auch restlos glücklich, ich muss nur noch mehr leben.

14. Juni.   Samstag.

Es war eine Woche voll froher Arbeit wenn auch mit viel Fliegeralarm. Wenn ich nur nicht immer so müde wär, wenn ich in meinem Zimmer bin. Ich kann

kann mich kaum mehr richtig auf etwas konzentrieren.

Morgen muss ich arbeiten, aber der Herr kommt zu mir, ich freue mich so. Es ist auf schön bei uns auf der Station, und ich fühle, dass mich alle ganz gut leiden mögen, aber ob das immer ein Verdienst ist??

31. 7. 41   Donnerstag.

Jetzt bin ich schon in der dritten Woche in der Nachtwache und habe mich noch nicht dazu aufgerafft in dies Buch zu schreiben. Ich bin augenblicklich (Wochen schon) in einem eigentümlichen Zustand. Ich nehme alles Mögliche Wunderbare in mir auf und habe auch ein klares Erkennen für die Liebe

und das Erbarmen Gottes und dringe selbst doch nicht zur Tat vor, sondern bin vollkommen passiv. Und dabei habe ich die wunderbarsten Sachen gelesen, wie „Der Papst aus dem Ghetto“ u. „Das Schweisstuch d. Veronika“ und „Adelheid“ und „Der Glaube von gestern und morgen“. Und war in der Arbeitsgemeinschaft bei Herr R. Vosbo. Nebenbei hatte ich eine wunderbare Beichte bei ihm. Woher kommt nur diese Schwäche und Tätigkeitslosichkeit im Religiösen her? Werde ich denn auch schon so ein Mensch der Hetze? Aber in der Nachtwache habe ich doch wirklich keine Hetze. Ob es denn jetzt noch die Folge der

Wochen vorher ist? Das kann aber nicht so weiter gehen. Ich habe ja kaum mehr ein richtiges persönliches Gebet gesprochen. – Aha, daran liegt es, ich habe nicht mehr richtig gebetet. Von daher will ich wieder einmal neu beginnen. Wie oft habe ich schon neu begonnen?

6. 8.   Mittwoch.

Jetzt bin ich mit Sw. Martha in Wache. Ich habe sie sehr gern. Vor allen Dingen kann sie etwas. Ich mochte ihr gern helfen, denn sie ist nicht glücklich. Sie hat alles was man sich wünschen nur nicht das, was allein glücklich

macht.

12. 8. 41.   Dienstag.

Heute habe ich meine letzte Nachtwache. Jetzt war ich 4 Nächte ganz allein auf Wache auf unserer Station. Schwester Martha’s Bruder ist in Russland abgestürzt. Ich war sehr erschüttert darüber, denn in den paar Nächten hatte ich sie sehr lieb gewonnen. Sie steht jetzt auch (wieder) ganz allein da. Ich bin froh, dass ich jetzt die Wache um habe, denn allein ist sie doch ziemlich anstrengend. Das Schönste aber ist, das Ferdi in Urlaub ist. Mutter hat sich unbändig gefreut.

25. 8.   Montag

Heute früh müsste Ferdi wieder weg. Das waren schöne 14 Tage.

27. 8.   Mittwoch.

Hein Frey ist gefallen! - -

Ich kann das gar nicht verstehn. Er war schon fertig.

29. 8. 41   Freitag.

Heute hatte ich frei weil ich Sonntag arbeiten muss. Ich habe jetzt wieder den festen Willen, neu anzufangen. Hein’s Tod hat mich so weit gebracht. Warum müssen

immer die Besten fallen, die doch hier unten so notwendig sind. Er da oben wird es wohl wissen.

Heute abend hatten vor Vortrag: Freude

30. 8.   Samstag.

Ich war heute zur hl. Beichte. Er hat gemerkt, dass ich endlich einmal ernst machen möchte und geht nun mit Aufgaben an mich heran. Ich soll of die Persönlichkeit Christi in ihrer Grösse u. Schönheit vor mir aufleuchten lassen und zu diesem Zwecke oft das Lukasevangelium durchlesen und tief in

mir Wurzel fassen lassen. Ich muss und will einmal ganz still werden. Hoffentlich gelingt diesmal der Versuch. –

Hein war ein zweiter Ernst Wurche wenn nicht noch mehr. Ich bin tief dankbar, dass ich ihm begegnen durfte.

6. 9.   Samstag.

Jetzt ist schon wieder eine ganze Woche um mit viel Arbeit aber auch viel Freude. Jeden Abend habe ich in der hl. Schrift gelesen und habe eine unerwartete Wirkung erfahren. Mögen habe ich Dienst

Heini ist aus dem Militär entlassen. Gott sei Dank, dass er nicht heraus in das Morden muss.

9. 9.   Dienstag.

Diesmal war der Gruppenabend wieder recht schön. Wir haben Michelangelo’s Sibyllen u. Propheten betrachtet. Agnes kann einem diese Dinge so schön nahe bringen. Das nächste Mal soll ein Märchenabend geben. Unter anderem steigt als Stegreifspiel „Rumpelstilzchen. Und ausgerechnet ich bin die Müllerstochter. Warum eigentlich?

10. 9.   Mittwoch.

Heute abend habe ich die Wut, die in mir war, ausgeturnt. Und zwar nur, weil Sr. Anitia mich hat ¾ Stunde länger arbeiten lassen. Was war das wieder einmal für eine Haltung? Es kam doch aus Seiner Hand. –

11. 9. Donnerstag.

Nach dem religiösen Vortrag, in dem übrigens auch die Persönlichkeit Christi behandelt wurde, waren wir bei Agnes wegen des „Rumpelstilzchens“. Am Montag ist Generalprobe.

14. 9. 41.   Sonntag

Heute morgen war Arbeitsgemeinschaft bei Herrn Religionslehrer Vosbo. Wir besprechen dort den Vollmenschen. Das Ur- und Vorbild des Menschen ist Maria. Die zwei Hauptzüge sind Jungfräulichkeit und Mütterlichkeit Jungfräulichkeit bezeichnet hier aber nicht den Stand, vielmehr kann und muss auch der verheiratete jungfräulich sein,. Jungfräulich ist das Höchstmass der Liebe zu Christus. Kennzeichen der echten Jungfräulichkeit sind Freude, Schönheit, Reife, Stärke, Kraft, Geist, vor allem aber Liebe, liebe. Aus dieser echten Jungfräulichkeit

entsteht und fliesst ganz von selbst die Mütterlichkeit, und zwar die geistige Mutterschaft. Mutter sein heisst nämlich Magd, Dienerin am Lebenswerke Gottes sein. Wenn eine Frau nicht Magd sein will und kann, ist sie auch nicht Mutter, denn dieses Dienen erniedrigt nicht, im Gegenteil, die Frau die dies Dienen nicht kennt, gibt sich selbst auf, wird Sklavin. Mutter sein heisst dienend empfangen, umwandeln, weiterschenken. (Selig, die das Wort Gottes aufnehmen und treu bewahren) Früchte der Mütterlichkeit sind: Liebe geben, Freude bereiten. Also dasselbe wie die Jungfräulichkeit, aber

das Verschenken kommt dazu. Das nächste Mal wird noch mehr über die Mütterlichkeit bringen.

16. 9.   Dienstag.

Heute ist der Märchenabend gestiegen. Ich war Müllerstochter und Königin. Ich kann nicht mehr gut Theater spielen, wie ich das als Kind konnte. Woran liegt das? Sonst war es aber recht nett.

Mittwoch

Maria Otte’s Bruder Paul ist auch gefallen.

18. 9.   Donnerstag

Gestern abend war ich im Appollo Theater. Es waren ganz tolle Leistungen. Aber ich bin nicht fürs Revue und Variété.

Heini hat heute bei den Imbert-Werken angefangen.

22. 9.   Montag.

Seit gestern feiere ich krank und habe nur eine kleine Erkältung. Gestern waren die Bolz zum ersten male hier. Peter wird sich freuen wenn er das hört.

[Ich möchte eine christliche Frau werden nach dem

Ur- und Vorbild Mariens.] Durch die Schriftlesungen ist mir an der Persönlichkeit Christi vor allem seine ungeheure Geisteskraft und Geistesrichtung aufgefallen. Sein ganzes Wirken und Handeln ist vom Geiste beherrscht und nach oben gerichtet.

Donnerstag

Nun habe ich wieder zu arbeiten begonnen. Gott sei Dank. Und doch was ist mir in diesen letzten beiden Tagen nicht wieder an Gnade geschenkt worden. Mir ist das Buch in die Hände gefallen „Das grosse Zeichen“ von Maura Böckeler

Das hat meinen Blick auf und in Gott ungeheuer erweitert so dass ich jetzt oft meine, ich sei jetzt erst bewusste Christin. Das Buch behandelt die „Frau als Symbol göttlicher Wirklichkeit“. Es ist rein religiös und doch hat mich selten ein Buch so in Atem und Spannung gehalten und mich so überwältigt und fast mit Neuigkeiten überfallen dass ich es kaum ertragen konnte und ich bin erst in der Hälfte. Wie ist Gott doch gross und in seiner Erniedrigung am grössten.

Samstag

Ich habe gebeichtet.

Mittwoch

Ich arbeite jetzt schon bald eine ganze Woche auf der neuen Station. Richtig (daheim) wohl fühle ich mich dort noch nicht. Am wohlsten fühle ich mich augenblicklich zu Hause. Wie bin ich doch glücklich und dankbar, dass ich ein solches Zu-Hause habe. In den letzten Tagen habe ich mich redlich bemüht Christus u. dem Geiste Gottes in mir Raum zu geben und selbst ganz zurückzutreten. Ich kann dem überhaupt keinen

Ausdruck geben, was der Herr in den letzten 8 Tagen in mir gewirkt hat. Ich fühle mich ganz selig geborgen in ihm. Ich bin aber jetzt furchtbar müde und will darum erst morgen von den letzten Ereignissen schreiben.

Freitag / In der Mittagspause

Ich glaube, dass ich in der letzten Woche ein gutes Stück gewachsen bin. Natürlich einzig und allein durch die Gnade unsers Herrn, denn wir können ja gar nichts wirken, Gott wirkt allein, dass einzige, was ich tun konnte , ist, dass ich bereit da stehe zu empfangen und auf-

zunehmen. Das ist auch dass, was Gott mir geschenkt hat; zu erkennen, dass wir uns ihm zur Verfügung stellen müssen, selbst zurücktreten um Gott (Christus) in uns wirken zu lassen, „Siehe ich bin eine Magd des Herrn“, „Mir geschehe nach Deinem Worte“ Zuerst war es das Buch „Das grosse Zeichen“ was mich aufmerken lies. Und dann am Samstag die Beichte sagte dasselbe und nun, nachdem ich einmal Augen und Ohren offen habe begegne ich Ihm auf Schritt und Tritt. In einer Nacht hatte

ich einen Traum, in dem ich jemanden unsäglich liebte, denn ich gar nicht kenne. Ich war so glücklich dass ich wach wurde und die ganze Nacht nicht mehr geschlafen habe. Und zwar weil es eine so reine helle Liebe war. Am Andern Morgen fiel mir ein dass es dass Gluck der Gottes Liebe gewesen ist.

(Ich muss wieder arbeiten gehen.

12. 11.   Mittwoch.

Jetzt bin ich schon zum zweiten Mal im Bereitschaftsdienst. Das ist ein grosser Mist. Das einzige Angenehme dabei sind

die 10,50 RM, die ich jedes Mal für eine Woche kriege. Mit dem Alarm hatte ich bis jetzt Glück.

Vergangenen Sonntag hatte ich frei. Es war ein schöner Tag. Morgens war Arbeitsgemeinschaft und mittags war Jugendpredigt. Samstag abend war ich beichten. Dies war alles in einem so schönen Zusammenhang. Im Mittelpunkt steht wieder das Loslösen vom „Ich“ und die Hingabe an das grosse Du. Ich habe so furchtbar viel vor. Hoffentlich geht es jetzt wieder Steil aufwärts mit mir.

Jetzt habe ich freien Nachmittag, muss aber heute abend wieder in

der Baracke sein. Aber jetzt ist es wenigstens war da. Das erste Mal habe ich mich tot gefroren. Diesmal sind wir nur zu blauen Schwestern da. Sie sind alle drei ganz nett, wenn sie mir auch ziemlich wesensfremd sind. Was bin ich wieder froh, wenn ich wieder hier zu Hause schlafen kann. Was kann ich doch glücklich sein, ein solches Heim zu besitzen.

Montag

Ich bin so unendlich froh. Gestern hab ich W. Bergengruen gehört und gesehn. Das kam ganz plötzlich. Ich habe erst in der Mittagspause angerufen, ob ich frei haben könnte.

War so wunderschön. Im Hotel Excelsior. Jedes Wort, das er las hatte Gewicht. Ein wunderbarer Mensch. Magdalene hat ihn ganz persönlich kennen gelernt. Kapl. J. Jaquemain war auch mit und sie haben mich abends zur Bahn gebracht weil ich ja zur Bereitschaft musste. Wie ist es doch schön, dass ich so viele herrliche Menschen kennen darf. Die letzten Abende in der Bereitschaft waren recht nett. Ich habe den andern Stifters „Brigitta“ und ein Büchlein von Ottilie Mossbach vorles und es hat ihnen gefallen. Wenigstens zweien.

20. 11.   Donnerstag.

Peter Bolz ist in Urlaub und Magdalene ist glücklich.

Zum Namenstag bin ich so reich beschenkt worden, wie noch nie. Ferdi hat mir aus Norwegen eine Lederhandtasche und einen Brief geschickt. Der gute Junge.

Hoffentlich kriege ich Urlaub zu Weihnachten.

6. 12.   Samstag.

Ich habe wieder einmal Bereitschaftsdienst. Und habe doch gar keine Lust dazu. Aber übermorgen ist er schon wieder zu Ende. Auf Station gefiel es ir bestimmt noch einmal so gut, wenn ich nicht dauernd

in Bereitschaft wär. Ich sehn’ mich immer so nach zu Hause.

Peter Bolz ist wieder fort. Magdalene trägt jetzt einen goldenen Reif an der Hand.

Frieda will umsatteln und Krankenschwester werden. Ich Kann sie ja verstehen aber ich bin hart bange um sie.

Heute Mittag hatte ich frei. Ich habe viel mit Mutter erzählt. Diese Mutter werde ich nie im Leben bezahlen und unserem Herrn dafür danken können

19. 12. Nachts.

Jetzt bin ich wieder einmal in Wache und zwar ausgerechnet über Weihnachten und Neujahr. Hoffentlich kann ich we-

nigstens Weihnachtsabend daheim sein. Ich habe fast die ganze Woche des Nachts gehäkelt an den Handschuhen für Lisbeth Lösch.

In der Wache kommen mir allerlei Gedanken, weil es so sehr still ist und ich bin ganz allein. In den ersten Nächten waren eine Reihe schwer kranker Kinder hier da war ich ziemlich aufgeregt. Jetzt sind sie wenigstens entfiebert. Zwei arme TB-Kinder sind jetzt hier. Sie tun mir so furchtbar leid.

Heute nacht muss ich dauernd an Herrn Kapl. Schulten denken. Und darum habe ich schon in diesem Buch alles durchgeblättert was von ihm drinsteht. Hoffentlich bleibt er da draussen verschont. Ich habe ihn so furchtbar lieb. – Morgen will ich beichten gehen.

Im Mittelpunkt sollte der Gedanke stehn die Loslösung vom Ich und die Hingabe an das grosse Du. Wenn ich mir so die letzte Zeit überdenke, dann sieht es auf den ersten Blick aus, als ob ich ziemlich selbstlos wäre und nicht zuerst an mich denke. Aber ich bin immer im Zweifel ob das Ganze bei mir tief genug geht bis an den Kern. Ich meine manchmal, diese „Selbstlosigkeit“ sei mir nur ein Stück Natur und sei nur Schein und in meiner Gesinnung glaube ich,, da fehlt noch immer etwas. Und ich möchte mir doch so viel Mühe geben und echt lieben. Ob ich ihn einmal fragen soll? Aber ich weiss so etwas nie richtig klar zu machen und fürchte falsch verstanden zu werden. Mein Gott wie komme ich nur zu Dir. Du bist mir immer so nah und so fern. Mit dem Verstand sehe ich

immer klar und doch, meine ich, fehlt mir etwas. O Geist Gottes kommt doch in mich!

25. 12.   In der hl. Nacht.

Unsere Bescherung zu Hause war wieder einmal einzigartig. Ich bin so reich beschenkt worden, dass ich noch gar nicht drüber komme. Unter anderem habe ich von Mutter einen wunderbaren dunkelblauen Stoff für ein Kleid. Und von Magdalene und ihrem Peter eine echte Korallenkette mit Silberstäbchen. Ach darin bin ich soo verliebt. Von Heini und den beiden Mädchen ein Schirm, den ich doch so nötig hatte.

Als wir heute abend die Weihnachtslieder sangen, hätte ich so losheulen mögen, warum weiss ich nicht, sicher

weil ich so übervoll war. Aber als wir das Lied sangen „Zu Bethlehem geboren“ und an die Stelle kamen „mein Herz will ich Ihm schenken und alles was ich hab“, da war es bald um meine Fassung geschehn, denn ich musste so sehr daran denken wie H. Kpl. Schulten uns einmal am in einem Vortrag davon gesprochen hat,. (16. 1. 41) Ach, wäre er doch noch hier!

Ach Gott ich bin aber doch so froh und will auch froh sein. Heut ist ja Weihnachten und „die Güte und die Menschenfreundlichkeit unseres Erlösergottes ist erschienen“ (Paulus) Ja wo wären wir, ware Er nicht gekommen. Wenn doch alle die Freude des Erlöstsein so recht mitfühlen könn-

ten. Auch die, die draussen sind. Ferdi und Peter und Peggy und – Vater. Hoffentlich kommt Gott auch zu ihnen.

Gestern abend hatten wir in der Gruppe Weihnachtsfeier. Es war recht nett. Agnes hatte wieder für jeden eine Handarbeit gemacht. Sie ist kostbar. Zum Überfluss kam Alarm und ich konnte zu Fuss nach der Lindenburg talpen.

Morgen früh werden unsere Kinder beschert.

28. 10.   Sonntag. (Nachts.)

Jetzt bin ich wieder in Wache, nachdem ich eine Nacht „geschwänzt“ habe. Es war gestern abend von ½ 8 bis ¼ elf Uhr Fliegeralarm und Mutter wollte nicht haben, dass

ich zu Fuss ging. Schwester Maria Amata musste wachen nachdem sie den ganzen Tag gearbeitet hat. Aber ich war auch in der Nacht vorher dermassen erledigt, dass ich mich ganz heimlich erlöst fühlte wieder Fliegeralarm kam. Wir hatten Abends ein Di-Kind mit einer Kanüle bekommen, dass jeden Moment ersticken konnte, wenn die Kanüle sich verstopfen. Darum musste ich sie in kurzen Abständen (1 Stunde) sauber machen und ausserdem immer danach sehen, weil Kanülen-Kinder ja nicht rufen können. Nun war ich die ganze Nacht in einer ewigen

Aufregung, weil ich ja auch immer auf die Seitenflügel muss und in der Zeit das Kind zehn mal tot sein konnte. Als ich die Kanüle das erste Mal sauber machte, flogen mir sämtliche Glieder. Jedenfalls war es mir eine unglaubliche Erlösung als es sieben Uhr waren. Denn durch so etwas bin ich viel eher schachmatt, als durch konzentriertes intensives körperliches Arbeiten. Jetzt haben wir acht neue Kinder, zum Teil schwer krank. Diese Verantwortung liegt dauernd wie ein schwerer Druck auf mir u. ich habe mich schon ein paar Mal bei dem Wunsch ertappt, wenn ich

doch krank würde. Aber das darf natürlich auch nicht sein. Es wird ja nie mehr von uns verlangt als wir können. Im gewissen Sinne bin ich ja auch stolz, dass man mir bei meiner Jugend so etwas anvertraut. Hoffentlich mache ich es nur recht, dann ist ja alles gut. Ich habe mir ja immer gewünscht ein randvolles Leben zu haben, damit ich es so meinem Vater geben kann.

Ich habe jetzt das Buch gelesen: Das Herz ist schwach. Ein tolles Buch. Aus dieser Zeit nach dem Kriege habe ich ja noch kaum etwas gelesen.

Ziemlich viel Politik aber auch sehr viel Liebe. Es ist von Kennicott und das soll ein Pseudo von G. Bäumer sein. Ihr erstes Buch. Es sind nur Briefe, was mir sehr symatisch ist.

Bei dem Wort sympatisch muss ich das da Sympatol denken und daran, dass ich jetzt gleich Sympatol spritzen muss – dreistündlich. Auch etwas wo mir immer das Her bei klopft, weil ich es noch so selten getan habe.

Na ja ich bin im Grunde ja doch nie allein.

Wie mag es H. K. Schulten gehen?

29. 12.   Montag (Nachts)

Jetzt bin ich wieder drin in der Wache. Den ganzen Tag habe ich geschlafen. Bis jetzt war noch kein Alarm. Gerade habe ich das Nierenkind wieder gespritzt und nun habe ich wieder bis zwei Uhr Zeit (Jetzt ist es 12) Da werde ich etwas an meiner Jacke stricken.

Es ist ja eigentlich gut, dass ich jetzt so selbständig werde. Erstens lerne ich das Allein-sein einmal kennen und schätzen und dadurch eben auch das Glück und das Geschenk der Gemeinschaft. Und zweitens werde ich selbständig und selbstverantwortlich

im Handeln. Hein sagte ja immer „Das Schwerste ist das Schönste“ Ich glaube schon das er recht hat. Das Schönste weil es das Wertvollste ist. Unser Herrgott hat mir bestimmt in diesem Jahr ein volles Mass an Gnade gegeben. Denn Gnade ist es ja auch dass ich dies alles kann. Wenn ich irgend ein Lob oder eine Anerkennung bekomme, dann freue ich mich wohl darüber, aber im Innern habe ich nie das Gefühl eines Verdienstes. Ich meine immer, dass sei gar keine Leistung von mir. Dann muss ich dann immer an das Geheimnis denken, dass Gott allein

wirken kann und dass unsere Aktivität nur im Empfangen und Bereit-Sein besteht,, dass das eben die grösste Aktivität ist. –

Alle zu Hause sind sie so sehr nett zu mir und ich freue mich unbändig auf meine Ferien, wo ich ganz da sein kann.

3. 1. 42   Samstag (Nachts.)

In dieser Woche habe ich allerhand erlebt und zum Teil Dinge, die mir wirklich an die Nieren gegangen sind. In der Neujahrsnacht starb morgens Margaret unser T.B. Kind. Sie rief mich

wie wohl 20 x in der Nacht. Doch als ich zu ihr hinkomme schaut mich aus ihren Augen eine solche Not an, dass ich erschreckt nach ihrer Hand greife, und die ist eiskalt. Der Schweiss steht auf der Stirn, da habe ich Schw. M. Amata gerufen. Dies Die steht auf und eine halbe Stunde später ist sie tot. Zuerst schrie sie immer „Nein nein nein“ und nach einiger Zeit „Ja, ja, ja“ bis sie starb. Ob sich darin bei diesem Kinde von 7 Jahren schon eine Bereitschaft ausgedrückt hat? In

dieser Nacht bin ich zum erstenmal richtig dem Tod begegnet. Und das zweite Mal in der letzten Nacht. Doch in anderer Gestalt. Abends waren zwei Masernkinder eingeliefert worden mit (Pneumo ) Pneumonie. Die Schwester sagte noch zu mir ich soll öfter danach sehn. Es seien erbärmliche Kinder. Ich gehe hin und gebe ihnen ihre Medikamente und etwas Tee. Und weil sie ziemlich ruhig waren, war ich auch in etwa beruhigt. Später setze ich mich hin und lese und lese ziemlich

lange , weil ich denke die Kinder schlafen. Nach 2 Uhr gehe ich noch einmal hin und finde das grössere Mädchen tot. Wie es mir war ist nicht zu beschreiben. Ich hatte das Gefühl, als wäre ich den Tod dieses Kindes Schu schuld. Und dieses Gefühl bin ich den ganzen Tag nicht richtig losgeworden und mich immer gefragt: Wie gross ist meine Schuld? Sie besteht genau betrachtet aus einem Mangel an Gewissenhaftigkeit und Verantwortungsgefühl. Wenn das Kind

nicht gestorben wäre, wäre die Schuld an sich doch dieselbe. Aber so ist es ja immer. Erst wenn Gott uns einmal die Folgen unserer Schuld zeigt, dann erschrecken wir und fühlen uns schuldig. Und doch ist die Schuld auch da (weil) wenn zunächst keine schweren Folgen kommen. Jedenfalls bin ich masslos erschrocken und war den ganzen Tag unglücklich. Heute abend wollte ich beichten gehen doch ist R. Vosbo noch immer in Ferien und zu einem andern möchte ich nicht gerne gehen. Da habe ich mich etwas mit

dem Herrgott persönlich unterhalten. Dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Er mir durch den Tod dieser Kinder eine sehr ernste Mahnung geschickt hat zur genauesten Pflichterfülllung und –treue. Ach möge eine solche Mahnung nie mehr nötig sein.

14. 1. 42.   Mittwoch. (Morgens.)

Alleluja jetzt habe ich Ferien. Ach Gott ich fühle mich ja so wohl. Ich hatte in der letzten Woche Nacht um Nacht gezählt. Nicht weil mir die Wache so schwer gefallen wäre, sondern weil ich mich so umsagbar auf das „Zu-Hause-Sein“ freute.

Am Montag habe ich dann noch geschlafen und bin erst gegen abend aufgestanden. Ach der erste schöne Abend wieder. Das Schönste aber war der nächste Morgen. Sehr früh wurde ich schon wach und glaube es war noch in der halben Nacht und habe dann erst noch etwas gedämmert. Wurde dann aber ganz allmählich hellwach. Es wurde mir aber nicht eine Minute langweilig sondern meine Gedanken wurden sehr rege. So sehr lebendig wurden sie, dass ich richtig glücklich spüre: ich lebe. Dieses volle Bewusstsein vom Da-Sein, das man eigent-

lich erst Leben nennen kann. Ich spürte das Leben in mir, das notwendigerweise zu einem Dank- und Lobgebet an Gott die Wurzel dieses Da-Seins werden musste. Dann gegen Morgen als es sich im Hause zu regen begann nahm ich alle die Geräusche im Hause in mich auf und dachte: Dies ist mein Zu-Hause dass Er ir gab. O wie ist Er doch gut zu mir. Dann um ½ 700 stand ich auf wusch mich mit eiskaltem Wasser, ich fühlte mich so richtig rund herum ausgeschlafen, und ging dann mit Mutter durch die kristallklare Winternacht zum

hl. Opfer. Einen so herrlichen Ferienbeginn habe ich nochnicht erlebt.

Gestern Abend war ich mit Marita im Gürzenichkonzert.

Eben habe ich Ferdi einen Brief geschrieben mit den Bildern vom Rumpelstilzchen. – Ach es wäre alles so herrlich – schön wenn dieser Krieg nicht wäre!

21. 1. 42.   Mittwoch.

Jetzt ist auch noch Ferdi in Urlaub. Und er kommt gerade dann, wenn ich einmal mit Mutter im Kino bin.

14.2.42 Samstag. (Nachts.

Jetzt bin ich schon wieder einmal in Wache. Heute zum erstenmal in der Frauenklinik. 14 Tag war ich im Tagdienst. Es war ja sehr viel Neues für mich aber ich bin verhältnismässig schnell in den Betrieb hereingekommen. Bis jetzt hat es mir nicht besonders gut gefallen, und zwar, weil das Verhältnis der Ordensschwestern untereinander ein so wenig schönes ist. Und das bedrückt mich furchtbar, denn ich stehe dann immer so hilflos dazwischen.

Am Montag war ich mit Magdalene

in Düsseldorf an der Frauenakademie. Ich bin Ihnen noch zu jung und man wünscht, dass ich erst das Säuglingspflegeexamen mache. Nun habe ich versucht in der Meister-Gerhardstr. Noch für ein halbes Jahr anzukommen und dort Examen zu machen. Nun muss ich ein Gesuch an den Regierungspräsidenten machen und ich will hoffen, dass das genehmigt wird. Dann könnte ich im Herbst an die Frauenakademie. Die Schule machte einen sehr guten Eindruck auf mich. Frau Doktor Dippelt sagte, ich könnte wegen unserer grossen Familie völlig

frei lernen und ich kriegte das Fahrgeld ersetzt und wenn ich in Düsseldorf wohne 50 RM Lebensgeld. Das wäre natürlich sehr schön. Besonders wo Magdalene jetzt heiratet. Hat Mutter so nicht zuviel mehr. Die Ferien waren sehr schön. Ich war öfter heraus in die Stadt. Ein paar Mal mit Ferdi oder Mutter. Besonders der Film „Illusion“ hat eine ziemlich starke Wirkung auf mich, obwohl er an sich der grösste Quatsch war. Da wollte die leichte oberflächliche Seite von mir wieder die Oberhand gewinnen und tagelang schlug sich meine Fantasie mit dem Film herum.

Vorigen Sonntag hatten wir Arbeitsgemeinschaft. Den priesterlichen Menschen haben wir besprochen. Er bringt mir jedes Mal so viel Neues und er macht einen immer so froh. Ich wollte, ich käme einmal zu seiner Reife, Freude und Güte.

24. 2. 42   Dienstag. (Nachts).

Jetzt habe ich meine Wache schon bald wieder um. Na diesmal waren es ja nur 14 Tage. Sie war ganz angenehm. Es gab nicht so viel Aufregung wie sonst und die Frauen mögen mich ganz gern. Ich komme mir manchmal richtig falsch vor,

wenn sie mir allerlei erzählen und zum Teil über die Ordensschwestern herhalten und wenn ich ihnen dann nicht dagegen rede.

Ich habe viel gelesen in der Wache. Vor allem die beiden Bücher „Die Geschwister von Neapel“ und „Die Spiele der Hölle und des Himmels“ von H. Ghéon. Beide haben mir sehr gut gefallen, das letzte beschäftigt mich noch immer. Dann habe ich in Holzners „Paulus“ angefangen. Ein paar Nächte habe ich auch billige Romane gelesen, für die ich komischerweise eine Schwäche habe, obwohl sie mir nichts geben und ich schon beim Lesen drüber

lache. Merkwürdig ist nur, das ich, wenn ich mich von solchen Sachen habe fangen lassen, dass ich dann immer ein schlechtes Gewissen habe, wie wenn ich meine Pflichten nicht richtig erfüllt hätte, dagegen, wennn ich mich in ein gutes Buch regelrecht vertieft war hatte, war mein Selbstbewusstsein nur gestiegen.

Am Sonntag ist die Arbeitsgemeinschaft ausgefallen, weil R. Vosbo schwer krank ist. Habe grosse Sorge um ihn und noch mehr um einen der in Russland ist. Wenn er doch wieder hier wäre.

Wahrscheinlich gehe ich morgen mit Käthe Lenders in das B.D.M. Werk „Glaube u. Schönheit“ Abteilung „Literatur“. Na ich

bin sehr gespannt.

Magdalene ist sehr traurig. Peter schrieb er kommt wahrscheinlich weg, ohne vorher Heiratsurlaub gehabt zu haben. Ach Gott, lass ihm nur nichts passieren.

27. 2. 42.   Freitag (2 Uhr morgens).

Wahrscheinlich die letzte Nacht. Ach mir ist so wohl zumute. Eben las ich das „Vater unser“ von Reinhold Schneider. Das hat mir wieder so viel Mut und Freude ins Herz gebracht. Ach wie ist Gott doch gross und schön. Wie unendlich und unbegreiflich seine Liebe,. Ich möchte ganz Bereitschaft sein um sie zu empfangen und wieder ausströmen zu lassen.

Anschliessend las ich noch etwas Langbehn. Wie sind diese beiden doch verschieden und doch wie wunderbar jeder. Da glaubt man wieder an das Ebenbild Gottes im Menschen, dass man so oft vergebens suchte, und das doch immer da ist. Ich möchte es in mir sichtbar werden lassen.

Magdalene hat von Bergengruen das Gesicht „die Meise“ geschenkt bekommen. Es gefällt mir so gut, das ich es mir abgeschrieben habe.

Ich habe eine Karte für „Cosi fan tutte“. Ach wie ich mich auf Mozart freue!

9. 3. 42.   Montag.

Es ist in der letzten Zeit ziemlich viel geschehn. Ich war wieder im Tagesdienst und habe ein regelrechtes Fiasko gehabt. Ich wurde zu Sd. Benhilda gesteckt, ach Gott, wie habe ich mich über sie geärgert. Sie machte em einen richtig zu einem kleinen, dummen Mädchen, ja zu einem Schafskopf. Und das hat mich bald zur Verzweiflung gebracht, erstens, weil ich eine solche Behandlung leider überhaupt nicht gewöhnt bin und zweitens, weil ich so so empfindlich bin. Obwohl ich mir dauernd sagte: Demut, Dienmut usw, ich kann nicht dagegen an, in mir stieg

eine immer grösere Wut hoch,, bis ich vorigen Mittwoch zu Hause erklärte: „Ich gehe morgen nicht arbeiten ich setze sie drauf“. Unsere Stütze Helene fehlte und Hermann war krank, also Grund genug. Magdalene hat mich entschuldigt und ich war bis heute noch nicht wieder da. Das ist natürlich Feigheit und heute könnte ich mich selber Ohrfeigen. In den letzten Tagen habe ich mir überhaubt viel zu viel durchgehen lassen, es ist schandbar – und dabei haben wir gestern den dritten Fastensonntag gehabt, übrigens mit Jugendpredigt.

Resi hat eine andere Stelle - Gott sei

Dank. Dr. Quadflieg hat mir noch immer nicht geantwortet. Es ist wirklich bald zum kotzen, dass ich immer noch nichts bescheid weiss mit Ostern.

17. 5. 1942.   Sonntag.

Bald zwei Monate nichts mehr geschrieben. Wie das kann weiss ich immer noch nicht. Im Herbst mache ich Examen und stehe nun mitten drin in der Arbeit. Jetzt bin ich schon über einen Monat auf T.B.C-Station in der Euskirchenerstr. Es gefällt mir sehr gut dort. Jetzt gehe ich eifrig in die Stunden. Diese Woche habe ich Blut gespendet und Mutter

vorher nichts gesagt. Ich habe nichts davon gemerkt von Schwäche od. dgl. Dem kleinen Sylvester geht es danach aber sehr gut. Ach ich habe so viel erlebt in der letzten Zeit und ich wäre so lebensfroh, nur dieser Krieg liegt immer wie ein Alp auf mir. Wir sind ihn ja alle so satt. Heute morgen hatten wir wieder die erste Arbeitsgemeinschaft nach Vospohls Krankheit. Er gibt mir immer so viel. Diese Woche muss ich beichten ich war vor Ostern das letzte Mal. Nächsten Sonntag ist Pfingsten.

25. 5. 42   Pfingstmontag.

Die Beichte am Samstag hat mich wieder neu gemacht. Zwei Gedanken sollen im Mittelpunkt stehen. Erstens das Vertrauen und die Liebe, auch dann vor Gott hinzutreten wenn es mir gerade an innerer Schwungkraft und Lebendigkeit fehlt und und Ihm uns so anzubeten. Das kann auch während der Arbeit geschehen. Das ist dann kein rein körperliches Zusammenreissen sondern viel mehr. Es ist jedes Mal eine neue Begegnung mit Christus. Denn es ist kein Fortgehen Christi in solchen einsamen Augenblick, sondern nur spüre ich dann nicht mehr so die Auswirkung

unserer Einheit und dieser Zustand ähnelt dann dem, als Er sprach: „Mein Gott mein Gott wie hast Du mich verlassen“. Also Vertrauen und Liebe behalten.

Zweitens soll ich um ein tapferes Herz bitten. Nicht den Schwierigkeiten ausweichen. Denn sie sind wie ein Tor. Wenn man ihm ausweicht, öffnet es sich nicht. Gehe ich aber tapfer darauf zu, denn öffnet es sich und dahinter steht Christus. (Begegnung mit Ihm in den andern Menschen.)

Gestern abend habe ich den Film gesehn „Die Frau am Scheideweg“. Er hat mir gut gefallen.

5. Juni   Freitag.

Diese Woche habe ich zwei Tage geschwänzt. Halb Köln liegt am Boden durch den britischen Bombenangriff auf Köln am Samstag. Auch Blankensteins Haus und Kaufmanns ist total kaputt. Da habe ich geholfen um die geretteten Sachen zu bergen. Leo ist in Urlaub. Er hat dort schwer gewirkt. Die Schallplatten sind gerettet und wir haben sie gestern bei Lenders spielen gelassen. Agnes, Leo, Käthe und ich. Es war himmlisch schön. Als die Walzer uns zu sehr in die Beine gingen haben wir den Tisch zur Seite gerückt und getanzt. Agnes

musste um 10 Uhr gehen. Um elf haben wir Schluss gemacht. Und Leo hat mich hier herunter geleitet. Mir kommt der ganze Abend fast wie ein Märchen vor. Ich weiss nicht was mit mir los ist. Ich mag den Leo sehr gern, seit 3 Tagen denke ich fast nur noch an ihn. Aber es ist noch alles so unklar in mir und unbewusst. Wie kann ich eigentlich überhaupt an so etwas denken. Bin ich verrückt. Ja das bin ich wohl. Morgen ist der Urlaub um.

8. Juni.   Montag

Gestern war Klassentag und wir waren zu Sechsen in Königswinter. Es war recht nett. Da draussen merkt man nichts vom Krieg. Ach wäre der doch einmal zu Ende.

Mit mir ist es komisch. Ich kann mir oft nicht einmal sein Gesicht vorstellen und liebe auch nicht irgend einen besonderen Zug an ihm, und doch muss ich immer an ihn denken und kann den Gedanken kaum ertragen, dass er nun wieder fort ist. Ich weiss doch kaum etwas von ihm, und doch sind mir alle andern auf einmal so schnuppe.

Oder ist dass auch nur eine Sache für kurze Zeit und pourer Egoismuss. Aber mein Leben kommt mir so neu vor. Und dabei bin ich ihm doch bestimmt ganz gleichgültig. Ich weiss nicht was mit mir los ist und ich möchte gerne mit jemandem darüber sprechen. Amgdalene?, Agnes? In der Beichte?

Ich muss unbedingt lernen in vier Monaten ist schon alles vorbei. Hoffentlich lässt uns der Engländer etwas mehr in Ruh. –

10. Juni   Mittwoch

Heute habe ich freien Nachmittag und habe ihn fast ganz verschlafen. Und ich hätte so viel zu tun.

Heute morgen hatten wir auf der Station Erstkommunion von zwei Kindern. Ach es war so traurig. Josephs Vater muss morgen wieder weg nach Russland und er und seine Frau wissen doch dass der Junge nicht mehr gut wird. Aber es ist ein so lieber Kerl und er wird sicher unmittelbar zum Vater kommen. Morgen werde ich in die Milchküche versetzt. Ich bin einmal gespannt. - -

Ich möchte so gerne die Agnes einmal treffen. Ich habe sie jetzt nur viel lieber als früher (um ihres Bruders willen).

22. Juni.   Montag.

Gestern und heute hatte ich frei und es ist herrliches Wetter. Ich habe Leo

noch einmal gesehn. Vorigen Samstag kam Paul nach Hause und sagte mir er hätte Nachurlaub er hätte ihn gesehn. Ich sagte sehr gleichgültig So? und machte einen Meter hohen Luftsprung als es keiner sah. Seit der Zeit hatte ich keine Ruhe mehr. Am Montagabend ging ich zur Käthe fragen, ob ich wir Dienstag Gruppenabend hatten. Sie sagte sie wüsste es noch nicht, so wolle zu Agnes sie fragen, ich solle warten und mitgehn. Ich tat das nur zu gerne. Bei der Agnes sah ich ihn dann noch einmal: am Andern

Morgen musste er weg. Das Schlimmste kam dann zu Hause. Mutter machte so komische Bemerkungen und als ich sagte, ich wäre bei Agnes gewesen da sagte sie: Aha, das wusste ich ja, ich denke aber doch, dass Du zu stolz bist dem Leo nachzulaufen!

Bums da ging in mir etwas kaputt. Was es war weiss ich nicht. Jedenfalls wurde danach alles ganz anders. Vorher war ich trotz allem froh bei dem Gedanken an ihn, danach nicht mehr. Ja ich habe den Gedanken an ihn vermieden und sein Bild nicht mehr angeschaut. Ich kann mir nicht erklären, woher sie es

weiss, sie müsste denn in diesem Buch gelesen haben. Warum war es nur? Weil fremde Füsse in meinem Garten waren und allerlei zertraten oder war es nur getroffener Stolz?

Ich weiss nur eines, dass ich jetzt wieder etwas freier bin und jetzt einmal wieder mich darauf besinne, dass ich ein Gefäss und eine Schale Gottes bin und, mich nur von Ihm füllen lasse (und) und wenn ich von Ihm voll bin bis zum Rande, diese seine Fülle ausströmen zu lassen bis zum auf die andern. Denn daran merke ich, dass er noch nicht die reine eine Liebe war, weil ich dadurch nicht mehr so ganz Sein

Eigentum war. Ich werde den Leo vielleicht nicht mehr wiedersehn, denn Blankensteins ziehn wahrscheinlich nach Riehl. Ich werde dankbar dafür sein, (dass ich) wass ich daraus gelernt habe. Ich werde ihn auch weiter lieben, in den Grtenzen, in denen es für mich und ihn gut ist. - -

Jetzt bin ich schon über acht Tage in der Milchküche. Dort muss ich sehr konzentriert arbeiten. Ich habe schon einige Böcke geschossen, besonders am Samstag, als die Schw. Sünfriema neben mir stand, aber ich bitte Dich Herr, dass Du nun bei mir bist.

Freitag   26. 6. 42.

Jetzt habe ich mich vergeblich gemüht etwas Klarer über die Ehe zu schreiben, und ich habes es wieder drangegeben. Es sollte für R. Vospohls Arbeitsgemeinschaft sein.. Es geht mir so viel durch den Kopf aber ich kann es so klar nicht ausdrücken. Damals war das alles so klar in mir als ich das Buch las: „Das grosse Zeichen“. Warum musste Magdale das auch weggeben. –

In der Milchküche bin ich jetzt eingelebt. Es macht mir Spass. Ich will jetzt intensif arbeiten fürs Examen.

16.7. 42.   Donnerstag.

Nun ist Magdalene verheiratet. Es ist mir

immer so eigen zumute bei dem Gedanken. Sie ist jetzt Frau. Sie gehört einem Manne. Es ist nur gut, dass es Peter ist den ich so gerne habe. Die Hochzeit war wunder- wunderschön. Magdalene war richtig schön als Braut. Beide strahlten den ganzen Tag für vor Glück. Frieda und ich waren Brautführerinnen. Ich hatte Marias gelbes Kleid an. Alle haben gesagt, ich sähe entzückend darin aus. So ein langes Kleid gibt einem gleich das Gefühl für etwas Festliches u. Schönes. Besonders der Abend war herrlich, wo wir alle in der Runde sassen und noch einmal von Herzen gesungen haben. Schade, dass

Heinz so früh weg musste. Peter ist wundervoll. Wenn ich einmal einen Mann bekomme mit soviel Wissen, Ehrfurcht und innerer Lebendigkeit, dann würde ich Ihm ewig dankbar sein. Ich in Ihm ja so dankbar, dass er Peter u. Magdalene einander geschenkt hat. –

Ich habe von Berlin Bescheid, ich kann im Herbst zur Düsseldorfer Schule. Hätte ich nur gut mein Examen. Jetzt geht es hart auf hart.

20. 7.   Montag.

Gestern abend waren wir noch einmal alle zusammen bei der Familie Bolz in der Kempfelderstr. Morgen muss Peter

weg. Schade! Übermorgen hat Magdalene Namenstag. Ich möchte ihr so gerne eine Freude machen. Weiss aber nichts zu bekommen.

Gestern war es wundervoll. Wie bin ich dankbar in einer solchen Gemeinschaft zu stehen. Peter hatte ein schönes Programm aufgestellt. Über den Dom. Danach haben wir noch einmal zackig gesungen. Kapl. J. hat Magd. die Rubelew-Ikone geschenkt, die ich so sehr gerne habe.

21. 7.   Dienstag.

Heute abend war ich bei Magd. Sie hatte mir in die Milchküche angerufen, ich möchte zu ihr essen kommen.

Peter ist heute Mittag weg. Sie war sicher froh, dass jemand bei ihr war. Als ich ging, machte sie ein so trauriges Gesicht. Nun habe ich dadurch schon zum zweitenmale die Gruppe versäumt.

Morgen habe ich frei. Schön! Ich muss viel getan kriegen. Wir werden jetzt bei Oberschw. Ella Stunde haben.

Sonntag           23. 8.

Jetzt ist es nur noch ein Monat bis zum Examen. O weh. Ich bin ja einmal gespannt was das gibt.

Kapl. Schulten ist in Urlaub. Vorigen Sonntag war ich bei ihm. Es war mir

so komisch dahin zu gehen. Käthe und Fine haben mich mit dorthin gezobbelt wegen unserer Zusammenkunft. Ich wäre auf jede andere Idee eher gekommen, als auf die dorthin zu gehen.

Nachher hatte ich eine Unterhaltung mit Magdalene. Nun weiss ich endlich warum die beiden sich damals entzweit haben. Es war mir das eine Beruhigung. Gestern abend war ich mit Frieda bei Frau Bolz. Es war ein schöner Abend. Magdalene hat unter anderem von Joh. erzählt. Sie und Peter hatten gerne wenn ich ihm schreiben würde. Ich kann mich aber noch nicht dazu entschliessen. Ich muss zuerst noch einmal mit Magdalene

darüber sprechen. Ich komme mir dazu noch viel zu unreif vor. Denn, was könnte und müsste ich sein, wenn ich bedenke, was mir alles gegeben wurde. Ist das, was ich bin, nicht fast nur das Produkt meiner Umgebung. Gewiss mir sind so viel Gnaden gegeben worden, die ich eigentlich auch wieder ausströmen müsste. Aber ich bin mir noch nicht im klaren. Hätte ich doch nur gut das Examen hinter mir!!

Montag, den 28. 9. 42.

Nun habe ich es geschafft. Das Examen liegt hinter mir. Kathi ist jetzt mittendrin. Ich habe jetzt Urlaub. Ein herrliches Gefühl. Die Examensfeier am Freitagabend bei den N. S. Schwestern war recht nett.

Als ich nach Hause kam hat mir einen schönen Strauss Astern auf mein Zimmer gestellt und zwei Bändchen von Reinold Schneider dazu gelegt. Von Magdalene u. Peter habe ich Guardini’s „Von hl. Zeichen“ bekomnmen und habe mich sehr darüber gefreut. Gestern morgen war Arbeitsgemeinschaft bei R. Vospohl.

Ich habe jetzt so viel vor. Hoffentlich reicht die Zeit für all das. Ich freue mich sehr auf die Schule. Ich muss jetzt zunächst einmal meine Zivilsachen in Ordnung bringen, damit ich etwas anzuziehen habe.

Ich bin soo glücklich. Christus lebt in mir und in möchte, dass er immer lebendiger in mir wird so dass nicht mehr ich lebe sondern Er in mir. Er ist ja so gross und so unendlich liebenswürdig, dass ich es gar nicht begreifen kann, wie ich immer noch in mir selbst stecke.