Heim- und Fahrtenbuch der Mädchengruppe Gruppe der St. Barbara-Pfarre Köln-Neuehrenfeld (1936-1938)
Nachträglich wurde - noch während der NS-Zeit? - unter dem Titel "Auf nach Feienberg" eine maschinenschriftliche Abschrift dieses Fahrtenbuchs anegefertigt und vermutlich für die Angehörigen der Gruppe vervielfältigt. Es ist hier anschließend an das handschriftliche Exemplar einsehbar.
[Nachtrag Liesel Schäfer-Strausfeld:]
Die Berichte über "unser Heim" in Feierberg schrieben meine Schwestern Magdalene, Maria, Frieda und meine (viel spätere) Schwägerin Käthe.
L.S.
Groß ist das Zimmer ja nicht und es ist auch nur ein einziger Stuhl darin, aber es geht alles. So saßen denn alle erwachsenen "Strausfelder", was die zwei Jungen und drei Mädchen sind, dann die drei: Kathi, Maria und Anna und noch Christine, die aber Besuch war. Wer nicht sitzen konnte, mußte stehen. Denn es war Konferenz. Und nach Beendigung dieser Konferenz stand fest: daß ein Landheim gemietet war. Ein Landheim, das keiner Gruppe und keiner Pfarre gehörte, sondern einfach uns. Wer das ist: uns? Dafür gibt es keinen Namen. Wir gehören zusammen. Also uns gehörte dies Heim, keiner außer uns würde darin etwas zu sagen haben. Früher hatte es den Jungen von St. Anna gehört. Da war es der Salzstreuer. Aber jetzt war es kein Salzstreuer mehr. Dann hatten es die Sauers Jungen gehabt. Von denen übernahmen wir es. Das Heim liegt in Feienberg. Eine rechte Vorstellung hatten wir noch nicht, nur so vom Erzählen. Darum mußten die Radbesitzenden zunächst einmal hin. An einem der nächsten Sonntage. In der Woche
bis dahin gingen die Gedanken oft von der Schreibmaschine, vom Putzeimer und von den Debitorenkonten hin nach Feienberg. Wie ein stillleuchtender Schein hing es über dem Alltag: Unser Heim in Feienberg.
Nur die Englein hatten kein Einsehen. Unentwegt schütteten sie Wasserfluten herab. Die Jungens ließen schon ungefähr die Nasen hängen. Am ersten Sonntag war es also nichts. Die Woche begann und dann wieder das Hoffen auf den nächsten Sonntag. Und Samstags (o, es goß und stürmte) war es der Bande zu bunt: "Morgen ist es gewiss schön -wenn es morgen früh nicht gießt, sind wir um 6 Uhr in der hl. Messe. Und dann los". - Kurz nach 5 Uhr, noch ist es finster, rappelt der Wecker. Schnell ihn zum Verstummen gebracht. Da tritt sofort ins Bewußtsein: Feienberg. Aber eine sanfte, beharrliche Melodie ist stärker: Der Regen, der begütigend, beruhigend ans Fenster klopft. Ein tiefer Seufzer — aber
das Bett ist auch sooo warm - - man schlaft getröstet weiter. Um 8 Uhr in der Messe - man schaut sich betrüblich an. Als wir aber aus dem Hochamt kommen, da lacht und strahlt die Sonne. Da spritzen sie auseinander. Die schnaubenden Stahlrösser werden zurecht gemacht - und in aller Eile einige Butterbrote und vier: Kathi, Maria P., Ferdi und Maria i starten nach Feienberg. Wir, nun wir waren zunächst die trauernden Hinterbliebenen, warteten mit Ungeduld den Abend und die Nachrichten ab.
Erste Fahrt.
Zur Richtigstellung: M. P, war in ... wir fuhren nur zu Dritt. Unsere Mutter war über unseren plötzlichen Entschluß so ziemlich empört, sie wollte es mir nicht verzeihen, so ohne und kurz vor dem sonntäglichen Mittagessen abzuhauen. So kam es, daß sie mich garnicht unterstützte, und ich schnell
einige Butterbrote für Ferdi und mich zurecht machte. Kathi war schon vor der Tür, Ferdi pumpte noch Luft in unsere beiden Stahlrosse, und es konnte losgehen. - Ich hoffte im Stillen, daß Magdalene es fertig bringen würde, unsere Mutter, die nun doch ungewollt sehr gekränkt worden war, wieder friedlicher zu stimmen. - Das Wetter schien sich zu halten, die Sonne hatte uns gelockt. Punkt 12 Uhr waren wir vor der Kalker Kapelle, die letzte Messe war gerade aus. Wir trampelten lustig voran, unsere Neugierde wuchs von Minute zu Minute. So kam es, daß wir schon um 1½ Uhr in Feienberg ankamen, trotz ziemlich starken Windes, der uns von der Seite zublies. Der erste Feinberger Dreck begrüßte uns. Es ging aber ohne größere Anstrengung aufwärts, da die Räder ja nicht bepackt waren. Ferdi war als erster oben und
half uns dann das letzte Stück Weges mit den Rädern hinauf. Wir standen vor unserem Heim voller Erwartung, äußerlich waren wir zufrieden, gut erhalten, durch aus nichts war auszusetzen. Ein weißes Fachwerkhaus mit grünen Fensterladen und einer grünen Türe. Kathi besaß den Schlüssel und öffnete.
Die Bescherung hatte schlimmer sein können, denn wir waren vorbereitet, daß die ... oder sonst irgendwer eingebrochen hätte und viel Geschirr dabei zertrümmert worden sei. Wir öffneten die Fensterladen und fanden vor dem Küchenschrank einen ganz netten Haufen Bruchstücke einer ehemaligen Kücheneinrichtung. Zu unserem Troste stellten wir aber auch fest, daß noch ein gut Teil ganzes Geschirr im Schrank war, das sicherlich für unseren Bedarf reichte. –
Der erste, kleine Schreck war vorüber, wir besichtigten das Wohnzimmer, ein ziemlich großer Raum, mit einem fast ebenso großen schwarzen Tisch und
einer Reihe dazu passender Schemel bildeten das Mobiliar. Ein kleiner Ofer nicht zu vergessen. Zwei hübsche Fenster, die durch die angebrachten netten Gardinen den Raum recht wohnlich gestalten, geben Aussicht in unsere Feienberger Heimat. Der nebenanliegende Raum, wurde, da er vorerst nicht bewohnbar ist, Radkeller genannt. Nun nach oben. Wir waren platt - wie für die Heinzelmännchen standen die Betten nebeneinander, alle hübsch bunt bezogen. Zwei Räume, gut in Schuß, und eine nette Diele, wenn man das auf dem Lande so nennen darf. Wir waren befriedigt. Ehe wir nun mit dem Arbeiten beginnen wollten, hielten wir es für angebracht, ein wenig zu Mittag zu essen.
Wir holten unsere Brote, (vorher war bereits ein Tischtuch entdeckt worden) und legten sie fein säuberlich auf noch ganz gebliebene Teller. Kathi erinnerte vor der „Trockenmahlzeit”:
„Ist das jetzt das Mittagessen, dann wollen wir auch beten". Hierbei vermißten wir das Kreuz in der Stube, das sollte mitgebracht werden. - Ha, ich glaube, manch einer von uns hat an den verschmähten Mittagstisch zu Hause gedacht, aber es schmeckte uns trotzdem, die erste Mahlzeit im neuen Heim. Ich hatte nur Angst, ob Ferdi auch satt wird?
Dann ging es lustig ans Werk, Ferdi grub draußen ein Loch, dahin kamen alle Scherben, der Küchenschrank wurde ganz ausgeräumt und alles ganz gebliebene Geschirr fein säuberlich hinein gestellt. Stube und Küche wurden gründlich gefegt und im ersten Stock alle Betten gemacht, das heißt alle Bezüge abgeknüpft, ausgeschlagen u: und wieder darauf gemacht. Es war viel Arbeit, zumal es kalt im Hause war, denn für den kurzen Aufenthalt wurde kein Feuer gemacht. Wir waren nicht wenig stolz, daß es schon so ordentlich aussah, verschlossen Tür und Fenster und es ging hinaus zur Märchenwiese. Wir
schlenderten so schön durch die ruhige Waldeinsamkeit, als Ferdi plötzlich auf den Einfall kam, Kathi nach dem Schlüssel zu fragen. Und richtig, er war verloren. Wir gingen zurück und suchten, gingen nochmals den gleichen Weg hin und zurück, strengten die Augen an, fanden den Schlüssel aber nicht. Schließlich holten wir ihn beim Wingen, von dem Kath wußte, daß er auch einen hatte. Der gab ihn auch bereitwillig her. Wir machten scheinbar einen glaubwürdigen Eindruck. - Da es nun allmählich Zeit zur Heimfahrt wurde, nahmen wir noch einen kleinen Imbiß und rüsteten, denn in St. Anna war „Ewiges Gebet“, sodaß wir um 8 Uhr, Kathi sogar schon um 7 Uhr zur Betstunde sein mußten.
Es hat auch geklappt, die Rückfahrt verlief ohne Hindernisse, und wir waren froh, als die ersten im neuen Feienberger Heim gewesen zu sein. Nun konnte das Erzählen losgehen.
Maria Strausfeld
Zweite Fahrt.
Endlich goß es nicht mehr unentwegt und ich freute mich schon die ganze Woche auf Samstag, wo wir ins Landheim fuhren. Da ich nun die einzige war die mitfuhr und kein Rad hatte, mußte ich auch als einzige mit der Bahn fahren. Aber da man eine Fensterscheibe transportieren mußte, war es auch schon besser, diese nicht den Gefahren eines Stahlrosses auszusetzen. Die Rosse waren alle mit einem Karton Brikett beladen (Vorrat für Ostern). Den ganzen Samstag war es gerade nicht am regnen, aber es konnte wohl jeden Augenblick losgehen. Wir fuhren also Sonntagmorgen Treffpunkt der Stahlrosse mit Reiter im „Gängelchen“. Gleich nach der Messe gings los. Ich fuhr sittsam mit der Bahn bis Königsforst. Dort standen die andern: Kathi, Maria P., Heini, Ferdi und Maria meine Schwester mit den Rädern. Nun sollte ich gerade so wie ein Karton Brikett hinten mit auf ein Rad
genommen werden. Da Maria als Beste und sicherste Radfahrerin aussah, gesellte ich mich ihr zu und ihr Karton Brikett wurde einem anderen aufgeladen. Die Fensterscheibe nahm der Glasermeister selber an sich. Da ich nun das erste Mal Klammeraffe war, mußte ich nun erst meine Meisterarbeit machen und flog auch, kaum aufsitzend im hohen Bogen davon. Deshalb ging die Fahrt bis nach Feienberg ohne jede Störung von dort an weiter. M. P. beteuerte immer, wenn ich sie bedauerte, ich sei nicht schwerer, wie ein Karton Brikett und, ich hätte doch soviel gefastet. Also in schönem Tempo bei verhältnismäßig schönem Wetter landeten wir in Feienberg. Ich kannte dies Häuschen von außen schon, aber innen war es mir fremd und ich war überrascht, da ich in Feienberg bisher nur ein Landheim kannte, mit Wänden, die mit Säcken verhangen und von einem Schrank gehalten war. Also
zuerst wurde alles besichtigt und alles war in bester Ordnung. Dann wurde in Rutschpartien Wasser und Holz geholt. Die Jungens brachten ganze Bäume mit, wo sie ihre Wut und überschüssige Kraft dran losließen. Der Ofen wollte zuerst zwar nicht, brannte aber nachher umso besser und bald war auch schon der Kaffee gekocht, auf den wir uns alle recht freuten. In unserem Wohnzimmerchen wurde ebenfalls Feuer gemacht, daß wir es nur recht behaglich hatten. Kathi hatte schon reine Gardinen, Deckchen und Tischdecke mitgebracht und Maria, unser Hausmütterchen, putzte schon die Fenster. Unser Glasermeister hatte schnell oben im Schlafzimmer die Fensterscheibe eingesetzt. So blitzte bald unser Häuschen und mal recht, als alles Geschirr frisch gespült im Schrank stand und alle Schränke und Schubladen frisch ausgewaschen waren. Maria P. und ich machten uns an den von Jungens gepflegten Ofen. Ein ganzes Paketchen Schmirgel ging
dabei drauf und recht bedauerlich waren unsere Hände da keine Seife und Sand oder sonst etwas ähnliches aufzutreiben war. Nun nach allem Putzen und Fegen ging es in den Wald und auf die Märchenwiese. Dort war es nun ziemlich sumpfig und naß „Unter jedem Schritt ein Quälchen springt”, und wir bestiegen auch einen Anstand. Die Sonne begrüßte uns auch und wir erkletterten Abhänge und ich hatte den ganzen Tag den Namen „Klammeraffe”.
Frieda Strausfeld
Ostern 1937.
Gründonnerstag fanden wir uns alle in der kath. Passion. Wir waren aber wirklich ein wenig abgeschafft und nur langsam führte uns Meister Bach in das Erleben seiner Schöpfung. Auf dem Hinweg (wir gingen natürlich zu Fuß) wurde, nachdem jeder seinem Herzen Luft gemacht und über Chef und Hetze usw. geschimpft, die Frage des Speisezettels
für die Ostertage nochmals angeschnitten. Aber der Konferenzbeschluß wurde aufrecht erhalten (Überhaupt hatten am Speisezettel auch diejenigen regsten Anteil genommen, die es garnichts im Grunde anging. Unser Vater z. B. Es ist dies ein Zeichen freundlichen Wetters.) Aber wenn man bedenkt, daß so 4 freie Tage vor einem liegen! Nicht für alle. Der Karfreitag (o dieses Regenwetter!) ließ uns abends nach den ergreifend gesungenen Metten (Jerusalem...!) alle in St. Anna einfinden. Und wollten wir alle das Petroleumkännchen, das Ferdi in der Rocktasche hatte gern an M. P. loswerden. Sie war aber schon verschütt. Nun waren Karl und Willi bei uns, was unser Bruder ist und sein blonder Freund. Die bestiegen einfach M. P. Bude, na ja ... das Schweigen der Barmherzigkeit steht der großen Schwester wohl an. Es ist nur gut, daß das Erleben des Mysteriums der Erlösung nichts mit Kopfhängenlassen zu tun hat, denn wir lachten...
Nachdem das Lumen Christi in uns aufgeblicht und uns
das Exultet so strahlend in die Seele gesungen war kannten wir nur noch das österliche Alleluja. Wir hatten Ostern! Und die Sonne lachte mit den blankesten Strahlen, Vöglein sangen Lieder mit unendlichen Strophen. Und wir? Ob sich alle Leute so freuen können, wie wir?
Auf nach Feyenberg! Wenn man die Dinge besah, die mitgenommen werden mußten, konnte einem Angst und bange werden. Liesel schleppte den großen Rucksack heran, Frieda zählte die Schlafdecken - u. ich mußte zur Ungeduld dieser beiden noch Post erledigen. Gut, daß ich das Aufregen verlernt. Warum soll man um 10 h schon fertig dastehen, wenn man um 12 h mit dem Zug fährt? Wir drei fuhren nämlich gut bürgerlich mit der Eisenbahn, während die ganze andere Bande mit den Rädern nachkamen. Endlich war es soweit. In unsere schwarzen Lodenmäntel gehüllt - - da, und der Schlüssel vom Heim? Der war nicht da. 2 Schlüßel hatte Ferdi, den richtigen mitgenommen in seiner Glaserwerkstätte - der verkehrte war in
seiner Joppentasche. Frieda regte sich mächtig auf. Wohl hatten wir von Therese den Schlüssel der „Oberburg”, weil wir dort decken entleihen wollten, wir brauchten dann nicht so viele mitzuschleppen. Wir zogen ab, den verkehrten Schlüssel nahmen wir auch mal mit, man kann nie wissen! Unterwegs kam Kathi's Brüderchen mit dem Rad gesaust und brachte mir ein Paar Söckchen. Erst ging es ja doch noch an Kathi vorbei, die mußte uns sagen, wo der Ortsvorsteher wohnte, der den einen Schlüssel hatte. - In der Bahn und im Zug stellten wir unsere bekannten Menschenkundliche Betrachtungen an. Liesel aber saß traumverloren, vorsinnend den Dingen, die da kommen sollten - - Auf dem Weg von Rösrath bis Feyenberg blies uns ein frischer Wind an, die Sonne überschüttete das ganze Land mit ihrer goldenen Flut und die Dhün in den schon grünen Wiesen trug gar eifrig ihre Wellen fort. Und wie froh waren wir, wenn auch Frieda Sorge hatte, ob wir ins Heim herein konnten. Der berühmte Feyenberger Lehm ließ sich an, es war
nicht so schlimm. Unser Heim leuchtete uns in seiner Sauberkeit entgegen. Es liegt auf einer Höhe so, daß man nach 3 Seiten weite Sicht hat. Liesel und ich hatten es noch nicht gesehen, - nun bekamen wir auch den Schlüssel vom Lingen - jetzt war alles gut. Der Eindruck, den unser Haus von innen auf uns machte war. Der Küchenschrank zeigte eine Fülle von Geschirr, vor allem an Zuckerdosen auf, die ganz ehrfürchtig machte. - Dann gings ans Feueranmachen. Frieda ist Fachmann darin. Ich bin überhaupt nicht konkurrenzfähig. Wasserholen! Zimmermanns begrüßen. Über den Gestank schimpfen. Das Silo ist verkehrt gemacht (Zwar habe ich heut noch nicht recht begriffen, wat dat is.) Wir packten unsern Rucksack aus, die Betten konnten wir noch nicht richten, weil mit den Rädern erst das übrige Gepäck kam. Dann wollten wir die Decken von der „Oberburg” holen - aber o Schreck, als ich durch das Fenster guckte blitzten mich Fahrräder an. Ich schließe die Tür auf, wieder Räder - und eine Zeltbahn gegen die Locharbeit des
Hauses. Scheinbar liebte man nicht die eindringende frische Luft. „Der Hacki” sagte Frieda. Aber es klang so, als sei die Begeisterung für diesen... na ja, ich kannte ihn ja nicht, aber er schien doch so, als ob die Begeisterung im Fallen sei. - Zwischendurch war meine Uhr stehen geblieben, sie tut das grundsätzlich, weil sie nicht einzustehen vermag, daß ich Feiertag habe u. sie nicht. Wir dachten, daß die andern nun auch bald abfahren würden. Ich schnitt einige grüne Zweige ab, wenn auch die Haut Kratzer u.Risse bekam. Und sie sahen wirklich österlich-festlich aus auf unserm weiß gedeckten Tisch. Dann stärkten wir uns. Mittlerweile brannte auch der Zimmerofen, nachdem ich ihm liebevoll zugeredet u. ihm ein Fingerchen gemacht. Liesel sah ein Reh äsen u. war ganz glückselig. Dann warf Frieda unsere schöne Petroleumslampe in Scherben. Nun hatten wirs. Zum Frieren in der Nacht kam uns auch noch die Finsternis. Frieda war unglücklich. Wir stiegen auf den Speicher, fanden noch viele leere Strohsäcke, die wir am
Fenster herauswarfen. Zur Not konnten die als Decken dienen. Wir fanden eine riesengroße, bronzene Petroleumslampe. Nein, das kann niemand erfassen, was ein Glück das war. Der Cylinder paßte zwar nicht ganz, aber das sollte schon irgendwie gedreht werden. Nachdem dann alles so weit vorbereitet war, gingen wir mal zur Märchenwiese. Diese Stille. Dieser Friede! Natur ist immer Gott gebunden. Ich fand die ersten Schlüsselblümchen. Der Himmel verfinsterte sich - wir sorgten uns, ob die Unsern mit ihrem Gepäck noch trocken ankommen würden. Plötzlich, wir sitzen gerade in der Stube, klingelt es fern. Ferdi mit Rad schiebt den Berg hoch, wir fliegen ihm den Abhang entgegen. Er war ganz gerührt über den Willkomm, denn er hatte heimlich mit einem Gemeinschaftsempfang gerechnet von wegen des Schlüssels. Die andern kamen dann auch bald, in Schweiß gebadet. Sie waren dem Unwetter davon gefahren. Kaum sind sie unter Dach, da geht es auch schon los. Ein richtiges
Schneetreiben. Wenn ich die honiggelben Blümchen nicht in der Zuckerschale gesehen, man hätte nicht glauben können, daß der Lenz seinen Einzug gehalten. - Es wurde abgeschnallt u. ausgepackt. Nein, das kann man nicht beschreiben, das muß man gesehen haben. Diese beängstigende Menge Proviant. Man hätte an eine Expedition glauben können... Vor allem war es sehr tröstlich für mich, diese schönen Kuchen anzuschauen. O, man kann wohl sagen reichlich. Nachdem so ungefähr alles an Ort und Stelle war, man bedenke, meine Schwester Maria ist die personifizierte Ordnung! fanden wir uns an der Tafel, die wirklich festlich war, denn Kathi's Mutter (sie lebe hoch!) hatte 2 funkelhagelneue Damasttischtücher gestiftet. Und wie es schmeckte! So kann es nur in Feyenberg schmecken. - Dann wurden die Rollen verteilt. Wasserholen, Holz holen, in die „Oberburg” zum Hacki gehen, der übrigens lustig ist und Sommersprossen hat (Frieda, Du hast einen schlechten Geschmack!) u. er soll noch Decken herausrücken. Nur 2 gingen
zu Z wegen Milch und so. Maria hatte sehr kunstgerecht mit Hilfe einer Kordel den selben Cylinder auf die Lampe gebunden. Als die Jungens aus dem Wald kamen sahen sie lustig aus. Ganz weiß verschneit u. sie hatten halbe Bäume. - Ferdi u. Kathi fuhren noch zur Schneiderhöh um zu erfahren, wann am andern Morgen die Auferstehungsfeier sei. Nun sollte um 5 h die Auferstehungsfeier sein u. um 7 h das Opfer. Das konnte der Pastor Lichius nun nicht von uns erwarten, daß wir unter diesen Umständen zur Auferst.feier kommen. Der Abend war schön. Wir saßen im Kreis sangen Lieder u. die Klampfen mußten zeigen, was sie konnten. Unser Frühlingsbusch malte durch das Licht der Lampe gar feine, zarte Schatten vom Kreuz bis zum Marienbild. „Unser Heim hat nun schon eher eine Seele”, meinte Kathi ganz richtig. Ich mußte mich so freuen an dem Schattenspiel. Gegen 10 h - jeder hatte schon verstohlen gegähnt - beteten wir gemeinsam die Komplet - sangen ein Abend-
lied - und dann stieg der letzte Akt des Tages, das Schlafengehen. Die Jungens in dem kleinen Zimmer, wir Mädchen im Heinzelmännchenzimmer. Die Bemerkungen hinüber u. herüber. Das Gelächter nahm kein Ende. Als Frieda ins Bett stieg, krachte das Bett ineinander u. wir mußten die Asistenz der Jungens in Anspruch nehmen. Es ist ja nicht weiter zu erwähnen, daß sich mit Mänteln usw. auch zugedeckt wurde. Es kam nun auf die Intelligenz des einzelnen an, ob man fror oder nicht. Frieda fror erbärmlich. Da kann man nix machen. Sie lernt es nie. Maria fror an einer Seite, weil sie so gut für Liesel sorgte. Ich schlief ganz famos, Kathi steckte mich an mit ihrem tiefen, ruhigen Atmen. Manchmal weckte mich Frieda mit ihrem Stöhnen. Der Wecker schellte. Zu früh natürlich. Aber es ist ja die schlechteste Angewohnheit von Weckern. Es schneite! Also nichts mit der güldenen Sonne. Froh schritten wir Schneiderhöh entgegen. Wir kamen gerade zurecht. Es waren schon andere von
unsern Leuten da. Sogar von St. Anna. Es ist etwas starkes um unsere Gemeinschaft im hl. Opfer. Wir knien auch in einer Bank, gehen geschlossen zur Kommunionbank. Draußen plauderten wir, im Kreis mit den andern stehend, sie wohnten im Landheim zu Rielsiefen, - ja die hatten auch gefroren - u. sie hatten keinen Kuchen! Dann gings heimzu. Die Bettenschüttelei war eingestellt worden. Der Herd brannte noch. Ferdi half dem Ofen mit der Fahrradluftpumpe nach. Ein Bildchen zum Knipsen. Aber es ist ein ausgezeichnetes Verfahren. Bis der Kaffee soweit war machten wir die Schlafzimmer fertig. Kathi aber kann keinen vernünftigen Kaffee kochen, sondern nur Muckefuck. Erstaunlich bleiben mir die Mengen, die zwischen den Zähnen verschwanden .... Abgeräumt, gespült, Essen vorbereitet. Viele Hände schaffen flink u. viel. Im Wechselgebet beteten wir Laudes u. Prim. (Wie echte Benediktiner ungefähr. Die Sonne war so begeistert, daß sie gucken kam. Wir sind dann
heraus. D. h. M. P. und Frieda blieben um den Zement zu kochen. Unser Nationalgericht. Fein wars draußen. Über schwere Schollen gingen wir nichts sonst, als Acker und weiter, weiter Himmel. Dann Wald. Rauf und runter. Sehr bergig ist's dort. Ferdi sah wie ein Förster aus. Liesel war seelisch. Sie hat wirklich auch viel Sinn für die Schönheiten draußen. Der kleine Panz. - Wir fanden Weidenkätzchen, die Bäume warn aber befällt, darum schnitten wir uns davon. O, wir sind gut erzogen. Wenn es auch keiner glaubt. - Gegen 12 h machten wir uns auf den Heimweg, Ferdi fürchtete nämlich das Donnerwetter seiner innigst geliebten Schwester. Ich glaube aber, daß er schon wieder ein Loch im Magen hatte. Angekommen werden wir mit der Nachricht überrascht, daß Karl u. Willi da sind. Wir waren geplättet. Die finden ja nun auch jeden Weg! Man stelle sich Karl vor in bester Uniform, mit langen Hosen, Sporen u. Säbel, dazu die angeweichten, lehmigen Wege. Aber wenn
er das Schicksal so herausforderte - uns konnte es recht sein. Der Osterhase war ihnen begegnet. So ein Köfferchen voll Ostereier war nicht zu verachten. Der Zement war oberprima. Ja, er hatte nicht einmal die übliche Wirkung - - wenn wir mehr gehabt hätten! So aber tat es auch Brot u. einige Eier. - Maria war mit einem Fuß vorher in einen Bach gesprungen, darum hing Willi Schuh und Strumpf am First des Hauses auf. Weil aber so schönes Wetter war, räumten wir das Geschirr blos zusammen, schloßen die Tür ab u. schoben los. Alle Mann hoch. Berg rauf und runter, zu 2 nebeneinander, manchmal war der Pfad so schmal, dann gings im Gänsemarsch, wir rutschten, sprangen manchmal gingen wir auch anständig. Wir sangen, lachten erzählten. Ein Hase lief vor uns davon, es graupelte auch schon mal so ein bißchen, dann lachte wieder die Sonne. Wir machten Studien an einem Teich. Frösche, Kröten, Goldfische u. Gründlinge u. Salamander waren drin. Der ganze Boden war sumpfig.
Plötzlich waren wir an der Agger. Wir hatten sie schon von oben als Silberband leuchten gesehen. Willi ist unverschämt, er hat mich gleich mit diesem Aggerwasser gewaschen. Auf der Brücke mußten wir alle einmal versuchen, wer am weitesten in die Agger spucken konnte. - Ein Kirchlein grüßte von Bergeshöh. Willi und Karl fluchten zwar, weil wir da herauf mußten. Wir mußten, weil wir wollten. Und Brüder dürfen ruhige den Wünschen ihrer Schwestern Folge leisten, denn später müssen sie ja doch einsehen, daß Frauen immer recht haben. - Leider war es eine evangelische Kirche, die da oben wirklich wunderschön lag. Der Friedhof und die Schule dabei. Auf dem Schulhof stand ein Barren, der es sich gefallen lassen mußte daß wir alle unsere alten Turnübungen an ihm auffrischten. Dann ging es auf anderen Wegen, auf „privaten” und „verbotenen” wieder abwärts. Wir glaubten eine andere Brücke weiter südlich zu finden, aber - - - also wieder zurück die Jungens hatten brav gewartet, obgleich sie an-
gaben „Milch” getrunken zu haben. Wir glauben nicht alles. Nur Frieda u. Maria P. hatten nur Ausdauer im Brückensuchen. Vielleicht auch wollten sie unter die Pioniere gehen... Wer kann das wissen. Jedenfalls erwarteten wir, daß bei unserer Ankunft von diesen beiden der Kaffee fertig, gespült u. Tisch gedeckt sei. Sie hatten ja auch den Schlüssel. Unterwegs hatte Karl ungefähr mit seinem Schwert einen Hasen erlegt. Wenn wir Salz gehabt hätten, wäre es wohl geglückt. Nun, wir kamen an. Verschlossen die Tür, nichts regte sich. Die Pessemisten hatten mal wieder recht. Nun, wir hatten Jungens bei uns. Dann sind verschlossene Türen kein Hindernis. Wir, nicht Frieda u. Maria spülten, kochten Kaffee und Ferdi nahm sich mittels der Luftpumpe liebevoll des Ofens an. Als alles fertig war, kamen die Zwei. Es wär schön gewesen u. sie hätten auf einem herrlichen Anstand gesessen. Na schön, hoffen wir, daß sie anständig geworden sind. Sie hattens wohl nötig.
Frieda u. ich gingen nach Schneiderhöh um dem guten
Pastor Lichius helfen die Komplet zu singen. Wir sangen sie auch. Nicht ganz richtig aber laut. Dann noch die Litanei, der man das Ende abgeschnitten hat, weil man so schön dazwischen singt: Wir bitten Dich...” Dann wurde noch das große Abendgebet der Kirche auf deutsch gebetet und noch ganz viel. Ich weiß nicht mehr alles, weil ich ein bißchen darüber eingeschlafen bin. Der lb. Gott wird's mir nicht übel vermerkt haben. - Frieda wurde es schlecht, ob vom vielen Beten oder vom vielen Kuchen, das muß dahingestellt bleiben. - Der Rückweg war schön. Eine schwere Gewitterwolke kam vom Rücken aus immer näher. Dadurch trat der Kölner Dom ganz plastisch heraus ebenso Siegburg und das Siebengebirge. So ganz vom österlichen Frieden der Landschaft umfangen war der Eindruck, den ich dann bei Betreten unseres Heimes hatte einfach verblüffend. Wenn ein Indianerstamm ein Gebrüll losläßt, so kann der Lärm nicht arger sein. Unsere wunderbare, selbst konstruierte Lampe trat in Aktion u. wir sangen
natürlich, wie sich dat jehört: Jungenlieder. Es war in der Ordnung, daß man zum Teil auf dem Fußboden saß. Es ging gegen 10 h. Wir lasen die Liturgieerklärung aus dem Parsch, die Homoligie über die Gastfreundschaft - wir waren durchaus bereit dazu u. auch zum Weg nach Emmaus. - Nicht in der Ordnung war, daß Karl u. Willi sich noch auf die Lappen machten. Sie verdrückten sich. Kraft schwesterlicher Autorität hätte ich sie hindern können, aber ich bin für das freie Selbstbestimmungsrecht. Draußen in der argen Welt müssen sie auch wissen, was sie tun. Da kann man nur einen Rat geben. - - - Wir bereiteten alsdann das „Nachtlager zu Granada” d. h. Matratzen wurden in rauhen Mengen herunter in die Stube geschafft. Die Jungs sollten nicht frieren. Der Hacki war nämlich immer noch nicht abgezogen! Anneliese hat entschieden mit ihrem Apparat gefehlt. Rund um das schöne Matratzenlager stellten wir die Schemel, damit niemand heraus falle. Etliche hatten Sorge, der Ofen könne Gase entwickeln. Ich konnte mich der Ein-
sicht, die allerdings auf einiger Erfahrung beruht nicht verschließen, daß meine Brüder für die nötigen Gegengasmaßnahmen Sorgen tragen würden. - Na, und oben bei uns Dämlichkeiten sah es auch malerisch aus. Wir hatten verschiedene praktische Erfahrung gesammelt, nämlich die: zusammenlegen, das ist wärmer u. mit übriggebliebenen Kopfteilen zudecken. Selbst auf den schärfsten Protest von Frieda, deren Schimpfen in ein liebliches Schnarchen überging. Ich glaube, sie hat sich stillschweigend unsern Zudeckmaßnahmen untergeordnet. Wir haben gelernt uns im Interessen derer, die da meckern, nicht an die Meckerei zu stören. So stiegen Englein zu behüten .... Bis unsere Maria geweckt durch die Unruhe um die zwei Ausreißer mich anrief. Da war es auch mit meinem Schlaf aus. Diese Stille rundum. Nichts als das gleichmäßige Atmen von den andern. Dann kamen die zwei. Licht machten sie nicht. Man hörte sie unten hantieren. Ein paar mal ging die Tür. O, ich hätte sie rechts u. links ohrfeigen mögen! Als es
unten ruhiger wurde muß ich wohl wieder eingeschlafen sein. Maria, mein immer sich sorgendes Schwesterlein hörte noch jemanden heraufkommen u. sich neben an hinlegen. Nun schlief sie nicht, weil doch nebenan keine Matratzen mehr waren.... Der Morgen kam. Ein Sägen tönte von nebenan, als würde halb Feyenberg abgesägt. Nicht Karl aber Willi lag auf der nackten Stahlmatratze nur mit dem Mantel zugedeckt. Ich duldete nicht, daß man ihm eine Matratze unterschob, nur noch ne Decke - u. von mmir aus konnte er weitersägen. Karl lag unten. Wir machten uns zum Kirchgang fertig. Der Weg nach Emmaus. Auch wir erkannten den Herrn beim Brotbrechen. Die „Rielsiefer” waren auch da und hatten auch Besuch von St. Anna. Mir fiel in der Kirche ein, (leider aber es ist mal so!) daß wir vergessen hatten die Linsen ins Wasser zu tun.
Daheim angekommen wurden die 2 Lümmels herausgeschmißen, die Bude gelüftet, sie hatte es nötig. Die 2 bekamen eine Tasse Kaffee,
essen wollten sie nichts (Man weiß die Gründe) dann mußten sie in die Kirche. Wir konnten ja auch nicht dazu, daß es nun ein Hochamt war. Inzwischen sah unser Heim manierlicher aus, Betten fertig usw. u. wir kamen zum wohlverdienten Morgenkaffee. Nach Laudes u. Prim, nach eingeweichten Linsen u. Sonnenaufgang machte ich mich, den Hinterbliebenen die Arbeit überlassend auf den Weg nach Rösrath um unsere Anna abzuholen, die mit
kam, um uns auf unsere Gastfreundschaft zu prüfen. Es war ein schönes Gehen, Frieda ging mit, an den Herden vorbei durch die Wiesen und dann die Straße entlang. Kurz vor Rösrath sichteten wir die 2 Emmausjünger (wie sollte ich Anna auch nicht am Schritt erkennen!) Ein Winken hinüber u. herüber. Man freute sich des Wiedersehens u. der Nachrichten aus der Heimat. War man nicht schon sehr lange fort? Vorm Heim war ein schönes Bild: Holz wurde gehackt. In rauhen Mengen. Die Jungens hatten sich nützlich gemacht. Hoffen wir, daß sie nicht
in den Mond kommen. Hoffen wir aber auch, daß sie einen milden Richter finden, der eine Ahnung von einem Landheim hat u. ihnen nicht zumutet die Baumstämme wieder zusammen zu leimen u. zurück zu bringen. - Eine größere Sorge habe ich, ob M. P. nicht im Kirchenbann ist, denn sie hat die Funktionen einer schlagenden Verbindung ausgeübt. Sie hat mittels unseres sauererworbenen Besenstils das Fechten ausgeübt indem sie damit gegen das blank gezogene Schwert Karl's anging. Der Besenstil sieht aus, als ob er im Krieg gewesen sei. Mittlerweile war unser Beil seinen Anstrengungen erlegen. Willi war ein zu guter Lehrmeister im Holzhacken. Inzwischen war die Linsensuppe fertig. Willi u. Karl hauten ab mit guten Ermahnungen beladen. Dann stieg unser Mittagsmahl. So vorzüglich hat uns noch keinen Linsensuppe geschmeckt, wenn sie auch ein bißchen angebrannt war. Doch darüber gingen wir schweigend hinweg, denn Kathi u. unsere Maria hatten sie doch gekocht. - Wer nach der Suppe nicht satt war, dem war nicht zu helfen. Die verwöhnte Frieda bekam
Pudding. Sie soll sich einmachen lassen. So was will gar ein Mönch sein. Pfui über sie. - Wir zogen aus. Kathi und Maria P. die allzeit tugendhaften blieben um der Ordnung willen. Ob da nicht andere Gründe waren? - Es ist köstlich so durch das Gelände zu streichen, ohne Absichten als die: sich zu freuen. Und das taten wir, weil wir Grund genug hatten. Allerdings suchten wir recht ernsthaft nach einem Namen für unsere Heimherrlichkeit. Das ist nicht so einfach, wie sich das naive Menschen vorstellen. Denn das Haus hat Tradition. Zu einem Endergebnis kamen wir nicht. Wir fanden auf einer Waldwiese ein totgeschossenes Reh. Unser Trauerkreis unsere Mutmaßungen über Wilderer u. so gaben ihm nicht das Leben - darum deckten wir es wenigstens zu, um es zu schützen vor anderen Tieren... Wir erlauschten den Herzschlag der Erde - oder war es nur das Pumpwerk? Wir betrachteten eingefangene Quellen, kämpften uns durch Sumpf, übten Weitsprung über reißende Bäche, schibbelten uns unter Stacheldrahtzäunen durch. Frieda zerriß sich den Mantel. Wer will sich
darüber wundern? - Wir nähern uns der Feyenberger Heimat. Besuch? Wer konnte es sein? 2 Emmausjünger erprobten unsere Gastfreundschaft. Cornel + .. .. aus St. Anna. Sie wollten zufällig vorbeigekommen sein. Komisch. Aber die Jungens sind uns immer willkommen. Sie haben mit uns gesungen u. ganz erbärmlich die Klampfen behandelt. Der Hacki kam auch u. erhielt eine Abreibung. Ich kann mich ja täuschen aber Frieda .... Unsere beiden Emmausjünger wollten nicht mit uns Kaffee trinken, sie hatten die übrig gebliebene Linsensuppe aufgegessen. Nach allgemeiner Konferenz, ( Cornel und .. ..) waren abgehauen in der wir alle rundum an den Wänden saßen hatten wir noch keinen Namen für unser Haus, die sonderbarsten Vorschläge stiegen zwar, die Köpfe rauchten insonderheit das Haupt unserer Anna. Jedoch stieg die Idee, daß das Haus der feierlichen Segnung des Priesters bedürfe. Da zeigte sich eine verblüffende Einigkeit. Wir nahmen den feierlichen Kaffee mit schrecklich viel Kuchen mit Schokolade usw. schon vor-
weg. Unbegreiflich bleibt mir bis heute, wohin die Mengen Proviant gekommen sind. Oder sollten wir wirklich 5 große Brote und ebensoviel Kuchen trotz Zement u. Linsensuppe mit 4 Pfd. Fleisch aufgegessen haben?? Von dem halben Brot machte ich noch Butterbrote für den Heimweg. Dann begann das große Einpacken, Putzen und Aufräumen. Jeder packte mit an. Nur der Besuch und Liesel durften spazieren gehen. Ich durfte auch nichts tun als so ein klein bißchen aufpassen, daß nichts vergessen wurde. Das Beleidigtsein liegt mir nicht. Aber das nächste mal laß ich mir nix mehr vormachen. Die dumm Päns! - Wir hatten unsere Schuhe geputzt, die Jungens die Stiefel. Wir bekamen Ehrfurcht vor uns selber so fein waren wir. Ganz vergessen habe ich überhaupt die Stiefelan- u. auszieherei von Hein u. Ferdi. Alle mußten dann helfen. Na ja, es ist ein Segen, daß es noch keinen Fernsehapparat gibt!
Dann vollzog sich der Auszug der Fahrräder. Unsere Bude war in Ordnung. Prima! Unter guten Ermahnungen voller Abschiedsweh geleiteten wir die Fahrradfahrenden
den Berg herunter. Sie saßen auf, rutschten glücklich durch den Lehm auf die Straße ... sie entschwanden unsern Blicken. Wir stiegen nochmals zum Heim aßen die dicken Butterbrote auf, schloßen gut ab. Da lag es nun, das Feyenberger Heim, nun lebte es doch schon mit uns, hatte eine Seele. Die Augen waren nun geschlossen. Bald würden wir ja wiederkommen. Unser Leben würde es schnell aus dem Schlaf wecken. - Natürlich hatten wir den Zug verpaßt. Der liebe Gott weiß, was Frieda und Franziska sich alles zu erzählen wußten. Wir sahen ihn noch fahren. Das war sehr tröstlich. „Da er sie liebte, liebte er sie bis zum Ende.” Es war ein Zug eingelegt worden, der 10 Min. später fuhr. Im Zug griff der Alltag schon nach Anna. Eine Kollegin .... Frieda u. ich wunderten uns mal wieder über die Menschen im allgemeinen u. im besonderen über ein aufgenordetes Mädchen mit Filmdivaaugenaufschlag. Kölner Dom! Daheim! O, es war doch gut an Mutters Tisch zu sitzen. Und die Post
durchzusehen, sich einmal ordentlich zu waschen. Ja Feyenberg! Und doch schläft man nirgens so wie im eigenen Bett. Der letzte Gedanke aber blieb: Bald wieder in unser Heim nach Feyenberg.
V. G. U.
Magdalena Strausfeld.
4. Fahrt.
1. Mai, Feiertag, 2. Mai Sonntag. Nun ja uns war das mal wieder recht. Wir fuhren nach Feienberg. Ferdi, M. P. und ich fuhren hochbepackt mit den Rädern. Einen Krauteimer hatten wir geschenkt bekommen für Wasser zu holen denn in unserm Häuschen ist ja keine Wasserleitung und wir schöpfen das Wasser an einer Quelle. Unterwegs wurden wir schon verdächtigt. „Die nehmen einen ganzen Eimer Sauerkraut mit.” Nun wir trammpelten lustig drauf los, denn wir mußten noch einmal zurück die Leute
holen, die mit der Bahn kamen. Darum schoben wir auch unsere Räder nicht den Feienberg hinauf, sondern Ferdi und M. P. trugen das Gepäck hinauf, und ich blieb zurück um die Stahlrosse zu bewachen. Dann fuhren wir wieder zurück um unsere Klammeraffen zu holen. Wir trafen denn auch Anna Frieda und Liesel kurz vor Rösrath und liessen sie aufsitzen und radelten seelenvergnügt nach Feienberg zurück. Dann hieß es schnell unsere Sachen auspacken etwas essen, denn Hunger hatten wir gewaltigen (wie immer in Feienberg) und dann raus auf die Märchenwiese. Die Sonne schien so sommerlich warm und unsere Märchenwiese war ganz mit Blumen übersät. Bumms da lagen wir aber auch schon im Gras. Was schadete es daß es noch etwas feucht war, wir konnten uns ja immer wieder drehen und uns von der Sonne trocknen lassen. Die Erde duftete und wir legten das Gesicht fest auf das Gras
und sogen diesen Duft ein. Die erste Wärme hatte uns müde gemacht und Liesel meinte „Ihr liegt da, als wenn gerade eine Schlacht gewesen wär”. Wir haben uns auch einmal richtig ausgefaulenst und sind nicht eher aufgestanden bis wir dachten daß Anna und Frieda den Kaffee fertig haben könnten. Und richtig die beiden hatten einen Kaffee gekocht da konnte man „Sie” für sagen. Nun haben wir zum erstenmal draußen vor dem Heim Kaffegetrunken. Dann kamen auch Heini und Maria angeradelt, wir hatten sie eigentlich später erwartet. Nachdem auch die beiden ihren Magen beruhigt hatten zogen wir wieder los ins Blaue. So gegen acht Uhr kamen wir wieder im Heim an. Es wurde eilig zu Nacht gegessen weil wir noch ein kleine Marienfeier machen wollten. Wir haben eine Holzmadonna auf einen Schemel gestellt ein paar Kerzen und Blumen davor, dann haben wir uns im Halbkreis herum gesetzt und Marienlieder gesungen Evangelium und Lesung
und eine kleine Legende unserer Lieben Frau gehört und zum Schluß das Regina caeli, gesungen. Nun wollten wir eigentlich zu Bett gehen. Aber der Jugendbund besuchte uns noch und so blieben wir noch etwas zusammen um zu singen. Zwischen unserm Singen hörten wir immer ein klopfen vo´n der Küche her. Unsere Gäste verabschiedeten sich und wir kamen in die Küche, da hatte Ferdi einen Gong aufgehangen. Aber einen richtigen der auch in unser Heim paßt. Es war der Deckel von unserem mitgebrachten Krauteimer. In der Nacht haben wir nicht viel geschlafen denn unsere Nachbarn waren in sehr guter Stimmung und sangen die ganze Nacht durch. Wir singen ja auch gerne, aber Nachts schlafen wir lieber. Morgens feierten wir dann das heilige Opfer. Dann fuhren Ferdi Maria und ich zum Königsforst um Magdalene Paul und Hermann zu holen. Frieda und M. P. kochten unser Nationalgericht Cement welcher uns wunderbar
schmeckte. Paul stellte nur fest, man könne nicht viel davon essen er mache zu schnell satt. Nach dem Essen konnte ein jeder tun was er wollte. Ein paar legten sich auf die Märchenwiese andere bestiegen Bäume und Hochsitze. Zum Kaffee fanden wir uns wieder alle zusammen. Nun mußten wir langsam zur Heimfahrt rüsten. Trotzdem wir unsere Fahradständer bis zum Königsforst mit Klammeraffen besetzt hatten kamen wir wieder froh zu Hause an.
Kathi Thiesen.
Silvester 1938
Wir waren nun doch endlich von zu Hause mit unseren Stahlrossen abgefahren, nachdem wir uns tüchtig gegen die Anklagen wir wären unvernünftig in dieser Kälte ins Landheim zu fahren gewert hatten. Nun waren wir froh, und trampelten lustig drauf los. Maria P. Ferdi und ich. Wir waren noch nicht aus der Stadt heraus da, so ein Pech, mein Licht am Rad brennt nicht. Absteigen, Ferdi muß nachsehen. Dann gings weiter. Aber nur eine kleine Strecke, absteigen das Licht brennt wieder nicht. Jetzt war es uns aber doch zu dumm, wann wollten wir denn ankommen, wenn es so weiter ging mit dem Licht. Also nahm ich Ferdis Taschenlampe und ließ Licht, Licht sein. Die Taschenlampe wurde natürlich nur da angemacht wo ein Schutzmann sein konnte. Es war schon ganz dunkel geworden als wir im Königsforst ankamen. Wir stellten nochmals Maria P. Uhr richtig um genau zu
wissen, wann es 12 Uhr sei. Dann ging es weiter die schöne Straße in den Königsforst hinein, die nach Rösrath führt. Nun fielen sachte die weichen Schneeflocken nieder, also sollten wir eine richtige Silvesternacht erleben. Dann aufeinmal konnten wir schon Feienberg sehen. - und dann waren wir am Bacherhof. Absteigen, den Berg mußten wir die Räder rauf schieben. Das war eine Arbeit, diesen steieln gefrorenen und verschneiten Berg mit unseren schwer bepackten Rädern hinaufklettern. „Hier sind aber viel Knochen” meinte Ferdi. Ich suchte die Knochen, konnte aber keine finden, obwohl ich mir die größte Mühe gab etwas Knochenähnliches zu finden. Aber das war auch schwer, denn er meinte mit Knochen die holperige gefrorene Erde. Den Ausdruck bitte einprägen wir waren wieder um einen Fachausdruck reicher. Nun waren wir bald oben, wenn auch mit oftem ausruhen. Da blinkte ein Licht auf, und wir
hörten rufen. Frieda und Liesel kamen uns entgegen. Sie waren schon vorgefahren und hatten die Öfen angesteckt, Wasser an der Quelle geholt mit viel Mühe, denn sie mußten da sie keine Taschenlampe hatten, mit einer Kerze zur Quelle gehen, und eine Kerze brennend zu halten in einer schneidenden und stürmigen Silvesternacht, das will schon etwas heißen. Jetzt wurde schnell alles ausgepackt, Tee aufgegossen, und dann zu Abend gegessen. Wir hatten aber auch mächtig Hunger. Trotzdem schon Weihnachten vorüber war stecken wir nochmal den Adventskranz an der noch hängengeblieben war, wir hatten keinen Weihnachtsbaum, und dann ist ein Adventskranz immer noch besser als eine olle Petroleumlampe, und dann wurde gesungen alle unsere schönen trauten Weihnachtslieder zum Schluß lasen wir noch die hl. drei Könige von Timmermanns. Es war jetzt 11 Uhr geworden, wir zogen uns gut
warm an und gingen auf Nachtfahrt. Es schneite ganz herrlich, alles war schon leuchtendweiß. Wir trampelten lustig nach Scheiderhöh, denn um 12 Uhr wollten wir im Wald sein. Es wurde tüchtig überlegt was wir um 12 Uhr wohl machen wollten, denn es ist doch schließlich nicht egal wie man das neue Jahr anfängt. Ferdi war für ordentlichen Radau. Da waren wir Mädchen aber nicht mit einverstanden. - Schon sieben Minuten vor 12 Uhr, wir mußte uns eilen. Endlich waren wir im Wald. Da hörten wir auch schon die Sirenen heulen, die bekannt machten, daß ein neues Jahr angefangen habe. Maria P. meinte zwar es sei erst 3 Minuten vor 12 Uhr, aber wir richteten uns lieber nach den Sirenen. Wir blieben ganz still stehen. Der verschneite Wald die Ruhe um uns, nur von weitem das tönen der Sirenen, wir waren weit offen alles Gute und Schöne in uns aufzunehmen. Dann haben wir gesungen
alle fünf. Großer Gott wir loben dich, und haben uns die Hand gereicht und ein gesegnetes Neujahr gewünscht.
Wir waren sehr froh, und mit einemmal wieder eine ganz wilde Bande. Sprangen über Bäche, kletterten auf Hochsitze und legten uns in den Schnee. Nun mußten wir langsam daran denken ins Landheim zurückzugehen. Maria P. und Ferdi holten noch Wasser, es war ½ 2 Uhr, Frieda und ich machten die Betten zurecht. Dann heiter ins Bett gekrochen. Da aufeinmal kam aus Ferdis Zimmer „Habt ihr auch die Linsen eingesetzt?” O weh das hatten wir natürlich vergessen. Maria P. opferte sich und stieg nochmal hinunter um die Linsen einzusetzen. Nach einigem Suchen fand sie denn auch eine Düte mit Erbsen. Linsen waren keine da. Dann war endlich Ruhe.
Rrrrr Der Wecker. Die Nacht war kurz,
im Zimmer war es kalt, und in den Betten wenigsten einigermaßen warm. Aber es half uns nichts, wir mußten aufstehen. Dann gings nach Scheiderhöh zum heiligen Opfer. Pastor Lichius wünschte allen ein glückliches neues Jahr. Die Krippe hatten wir auch noch nicht gesehen. Ferdi hatten wir auch noch nicht gesehen. Ferdi sollte als Kamel dableiben, aber schade es war schon eins vorhanden. Wir gingen nach Feienberg zurück um Kaffee zu trinken und Mittagessen zu kochen. Alle wurden beschäftigt um schnell fertig zu sein. Maria und Heini waren auch unterdessen mit den Rädern angekommen, und nun machten wir uns alle zusammen auf die Lappen um Magdalene und Anneliese abzuholen. Das war ein frohes begrüßen; denn wir hatten uns ja erst im vorigen Jahr zuletzt gesehen. Jetzt war es langsam Zeit zum Mittagessen, aber Maria P. und Ferdi waren noch nicht da. Da hörten wir
etwas kommen, und bewaffneten uns mit Besen und Holzklötzen um die Ausbleiber zu empfangen. Wir waren aber doch zu gutmütig um sie zu verhauen. Nach dem Essen sind wir dann in den Wald jenseits der Autostraße gegangen. Hier war es wunderschön. Den ganzen Nachmittag sind wir durch den verschneiten Wald gelaufen, bis wir ordentlich müde waren und ganz nasse Füße hatten. Nach Feienberg zurückgekehrt wurde unser Tagesraum in einen Trockenraum verwandelt, das sah sehr lieblich!!! aus. Nachdem wir wieder einigermaßen trocken waren, fuhren Maria P. und ich nach Hause.
Kathi Thiesen