Marga Ortmann an August Broil, 7. Juni 1943
43. Montag, den 7. Juni 43.
Mein lieber August.
Es kam mir vor wie ein Unrecht, als gestern morgen das Geklapper meiner Schreibmaschine die sonntägliche Ruhe störte, aber es mußte ja sein und trotz der Arbeit des Vormittags war es ein rechter Sonntag. Der Nachmittag brachte mir einige recht gute, stille Stunden. Am liebsten wäre ich in einem Brief zu Dir gekommen, aber ich war einfach nicht dazu fähig. Was sollte ich Dir jetzt auch noch schreiben, da wir uns in einigen Tagen Aug in Aug gegenüberstehen dürfen und – so wollen wir es hoffen – uns alles sagen dürfen was wir füreinander empfinden, in Worten, in Schweigen und Gebärde. Wie ich mich darauf freue!
Im Gespräch mit den Eltern wurde mir gestern so recht bewußt, wieviel verhaltene Liebe sie mir schenken. Und es war mir, als ich ihnen von unserem Vorhaben sagte, als ob der Schmerz vor dem Hergebenmüssen und dem Verlieren, das damit für sie näherrückt, diese Liebe noch zu einer besonderen Entfaltung bringt. Mit der Selbstlosigkeit ihrer elterlichen Liebe und Sorge stellen sie alle persönlichen Wünsche zurück vor dem einen Wunsch, um das Wohl und Glück des Kindes. Da sie sehen
wie sehr ich mich freue, freuen sie sich mit mir und ich glaube sicher, daß sie Dich recht gut aufnehmen werden.
Lieber August, schreibe mir doch bald wie Du Dir alles denkst und gib mir bitte genau an, wann Du hier sein wirst, damit ich Dich gleich in Empfang nehmen kann. Wie schön wird das werden!
Du, mit diesen kurzen Brief wollte ich Dir nur noch einmal sagen, wie groß meine Freude auf unser Wiedersehen ist. Sei bis dahin recht herzlich gegrüßt von
Deiner Marga.