Marga Broil an ihren Mann August, 19. April 1944
Mittwochabend, den 19. April 1944.
Mein lieber August,
heute mittag brachte mir die Post, nach der ich immer so sehnlich Ausschau halte, Deinen Brief „zum Freude machen” mit den Ansichten von Bergen. Ich muß Dir darauf gleich ein paar Zeilen schreiben und Dir sagen, wie sehr er seinen Zweck des Freude-Bereitens erfüllt. August, Liebster, Du weißt doch was es mir immer bedeutet, wenn ich wieder ein Zeichen Deines Gedenkens in Händen halten kann. Und mögen es auch nur wenige Worte und Gedanken sein, Du stehst doch stets dahinter mit allem was Du bist, mit Deinem ganzen Herzen, von dem ich erfahren durfte, wie sehr es mir zugetan ist. Wieviel Freude, wieviel Zuversicht geht von den stillen Stunden der Begegnung aus, die unsere Briefe uns bereiten. Am liebsten käme ich ja jeden Tag so im Briefe zu Dir, aber ich weiß ja, daß ich nie so schnell ein Ende finde, wenn ich einmal mit Dir zu plaudern begonnen habe und ich darf meine anderen Pflichten darüber ja auch nicht allzu sehr vernachlässigen, zumal der Körper jetzt ziemlich unerbittlich sein Recht auf Ruhe fordert, das ihm die Flieger ohnehin allzu oft versagen.
Wenn ich jetzt abends so für mich das Essen bereite, tut mir oft die Zeit leid, die ich dafür aufwenden muß, weil es ja nur für mich alleine geschieht. Doch es macht mir trotzdem Freude im
Hinblick auf mein künftiges Tun für Dich und unsere Familie. Je mehr ich das Kindlein unter meinem Herzen wachsen spüre, umso mehr weiß ich, daß wir diesem unserem schönen Ziel immer näher kommen. Möge der Herrgott uns doch die Gnade schenken, es gemeinsam erleben zu dürfen. Was früher so selbstverständlich schien für zwei Menschen, die ihren Weg so begannen wie wir, heute, wo täglich tausende daheim und draußen abberufen werden, erleben wir so recht die ganze Kostbarkeit des Beschenktwerdens. In diesen Tagen ist auch unsere Stadt wieder schwer heimgesucht worden. Seitdem das mit Magda + Hans geschehen ist, habe ich mich manchmal gefragt, wenn dieser Abend auch für mich der letzte sein sollte? Wie unfertig wäre dann doch das Bild, das der Herrgott von mir zurückerhielte; wie vieles wäre noch ungeschehen, was mir zu tun aufgetragen. Bei solchen Gedanken fällt alles, was noch Hülle an uns ist ab und wir sehen mit Klarheit und Deutlichkeit fast bis auf den Kern unseres Seins. Daß die Erkenntnis solcher Stunde uns doch helfen möge, all unsere Tage und Stunden, die uns noch geschenkt sind, - ob es nun noch viele oder nur wenige sind - in dieser Ausrichtung auf das Wesentliche zu gestalten, mit der Kraft des Vertrauens auf die gütige udn weise Vorsehung des Vater-Gottes und mit der ganzen Liebe, zu der unsere Herzen fähig sind. Liebster, laßt uns täglich neu für das Geschenk des Lebens dankbar sein und die Möglichkeit unseres Wirkens nutzen, solange sie noch in unseren Händen ruht. Liebster, meine Gedanken und mein Gebet begleiten Dich auf all Deinen Wegen, laßt uns miteinander wachsen in froher Bereitschaft und uns immer mehr liebhaben
Deine Marga.