August Broil an seine Frau Marga, 24. Juni 1944

Paris, den 24.6.44.

Meine liebe Marga,

Gestern abend sind wir mit dem Ltnd zu einer kurzen Besorgung nach Paris gefahren. Es ist eine Weile Zeit zu einem Gruß und Gedenken an Dich. Noch habe ich nur vom Fahrzeug aus die große, weiträumige Weltstadt gesehen, die zum allergrößten Teil noch in Ordnung ist. Was man so im schnellen Vorüberfahren sieht ist: Großzügigkeit der Anlage, Sauberkeit der Straßen. Was hat man schon alles von Paris gehört! Gestern im Dunkel fuhren wir in die Weltstadt hinein. Riesenhaft spannten sich die Streben des Eiffelturmes dem Sternenhimmel entgegen. Ein Bauwerk von seltsamem Eindruck! Eine Spielerei aus Zeiten, die mit ihren technisch überspannten Ideen nichts rechtes anzufangen wußte. Aber die Fahrt hierhin war ein Schweben und Segeln durch einen wohlgepflegten Garten. Wir sahen

Lisieux, wo vor Jahren der Eucharistische Weltkongress stattfand. Eine moderne, riesenhafte Kathedrale schaute weite über das gute, grüne Land. Und Trümmer lagen rings um ihren Füßen. Welch schmerzliche Gegensätze! Dem König des Friedens haben hier die Völker aller Zonen gehuldigt und nun stehen sie sich im Haß und Hader gegenüber. Wunderbar in Täler von großer Schönheit eingebettete Orte sind ebenso Opfer des Mordes geworden wie große Städte.

In Versailles hart nebeneinander: Furchtbare Zerstörungen, Trichter an Trichter und aus dem Dämmerlicht schemenhaft nur zu ahnen das Schloß. Ein Prunk, eine Pracht, ein unvorstellbares Maß: Freude eines Königs oder eines Volkes? Überall gewahrt das Auge und das Herz die seltsamsten Disharmonien.

Wenn ich heute noch Gelegenheit habe, mehr zu sehen und in mich aufzunehmen, werde ich Dir davon schreiben in ruhigerer Stunde.

Meine Liebste, ich grüße Dich so ganz herzlich von meinen einsamen Fahrten ohne Dich

Dein August.