Kaplan Stiesch an Dr. Alois Sistermann, 2. Februar 1940

Graudenz, den 2/2 40

Lieber Freund,

Vielen Dank für Ihre lb. Zeilen vom 18. d.M. die mir eine große Freude bereitet haben. Das Stück aus m. Gästebuch finden Sie auf Seite 3. Mir gefällt es nicht so gut, wie manches andere u zw. weil es Reime hat. Ich bin kein Dichter. Will keiner sein. Ich möchte nichts als nur das eine: ein gutes Gebetbuch in Rhythmen herausgeben. Können Sie mir eigentlich die Anschrift von Herrn Rektor Haüser dem Nachfolger vom Böhler auf

der Reichsstr., angeben? Dem hatte ich s. Zt die Rhythmen gegeben u. er wollte einem Verlag gegenüber das Lektorat übernehmen = die sachliche Begutachtung. – Immerhin senden Sie bitte nebenstehendes „Deutsches Gebet“ an Muth oder sonst wohin. – Ich habe ein paar Tage wegen einer Erklätung zu Bett gelegen – jetzt geht’s aber wieder. – Wie geht’s Ihnen u Ihren Lieben? Grüßen Sie bitte alle!

Ihnen selbst schönsten Gruß. Bitte denken Sie an mich bei der hlg. Messe!

In Freundschaft Ihr

Dr. Sistermann

[handschriftliche Notiz von Stiesch: Herr Rektor Peter Heuser Köln Mülheim St. Elisabeth Rektorat]

Deutsches Gebet

Mein Glaube sei wie deutsche Eich –
an festem Halt kommt ihr nichts gleich!
Mein Glaube sei wie deutsche Blut –
ein Kraftquell für das Kämpfers Mut!
Mein Glaube sei wie deutsch Gemüt –
Sankt Michel beides mir behüt!
Mein Glaube sei wie deutsches Herz –
so grosz in Freude wie in Schmerz!
Mein Glaube sei wie deutsche Art –
so fein, so stark, so zart, so hart!
Mein Glaube sei wie deutsches Schwert –
das jedem frechen Räuber wehrt!
Mein Glaube sei wie deutsche Ehr’ –
wenn eins davon verloren wär’,
wär’ ich kein braver Deutscher mehr!

Alois Sistermann