Hubert Kreuser an Kaplan Stiesch, 31. Mai 1940

Lille (Frankreich), 31.5.40

Sehr geehrter Herr Kaplan.

Für Ihr Rundschreiben und die Zusendung des Hirtenwortes „Herr, laß uns stark sein“, danke ich Ihnen von Herzen. Ich habe die Broschüre mit großem Interesse gelesen und daraus wieder neue Kraft und Mut für die Zukunft geschöpft. Es ist etwas Großes um unsere heilige Religion und den Glauben unserer kath.

Kirche. Wenn wir das nicht hätten, würden wir Katholiken wahrscheinlich nicht so mutig und treu in den Kampf ziehen.

Am 10. Mai d.J. sind wir in der Morgenfrühe in Belgien einmarschiert und haben nach einigen Tagen bereits Lüttich erreicht. Und immer weiter ging der Vormarsch, dabei wurden wir dauernd von der feindlichen Artillerie beschossen. Tote und Verletzte gab’s in unserer Kompanie. Bis jetzt habe ich großes Glück

gehabt und bin von Verletzung verschont geblieben; Gott sei’s gedankt. So sind wir quer durch Belgien gezogen und seit einigen Tagen haben wir den Einzug in Frankreich gehalten. Es tut uns oft leid, wenn wir die arme flüchtende Bevölkerung mit Kind und Kegel an uns vorüber ziehen sehen. Was mögen die armen Leute jetzt machen?

Im übrigen geht es uns allen soweit gut; Verpflegung und Stimmung tadellos. Nach der anderen Seite liegen harte Kämpfe und

viele Strapazen hinter uns. Die Heimat und auch die Front wird wohl nichts sehnlicher erwarten, als einen baldigen für alle Völker gerechten Frieden. Hoffentlich kommen auch wir wieder gesund und mit ganzen Knochen in die Heimat zurück.

Nun wünsche ich Ihnen alles Gute für die Zukunft sende Ihnen recht freundl. Grüße Ihr

Hubert Kreuser

Recht freundl. Grüße bitte ich auch an Herrn Kaplan Küpper auszurichten.