Werner Niederwipper an Kaplan Stiesch, 4. Juni 1940
Elbing, am 4. Juni 1940.
Lieber Herr Kaplan!
Ich danke Ihnen für Ihre Briefe und das Reclam-Heftchen. Heute komme ich dazu, auch Ihnen noch mal ein paar Zeilen zu schreiben. Mein Schriftwechsel, der durch meine Versetzung etwas abgeflaut war, ist mittlerweile wieder so umfangreich geworden, daß sich die Adressaten schon etwas gedulden müssen.
Ich bin also jetzt bei einer Meldehundestaffel. Es ist dies ein Institut, welches, wie schon der Name sagt, Meldehunde für die Front ausbildet. Diese Ausbildung ist eine schöne und interessante Arbeit. Außerdem ist der Dienst so ruhig, daß man sich schon wohl dabei fühlen kann.
Bezüglich des Kirchganges habe ich hier nur Erfreuliches erlebt. Das kirchliche Leben hier in der Diözese Ermland ist sehr fein und durchaus lebendig. Sonntags morgens ist entweder Gemeinschaftsmesse, oder Volkshochamt oder Singmesse. Schade nur, dass ich in der Woche des abends so schlecht raus kann, sonst ginge ich schon mal auf die Jugendabende der Pfarre.
Ich habe jetzt ein paar feine Bücher hier, Hein Lorsch, das dichterische Werk; Münchhausen, Balladen und Stifter, Wittiko. Das ist genug Arbeit für die Freizeit.
Leider muß ich jetzt schließen, denn gleich ist Feierabend. Ich habe schon drei Briefe geschrieben. Ich wünsche Ihnen alles Gute und grüße Sie bestens. Grüßen Sie bitte außer den Kameraden Herrn Pfarrer Vonessen und Herrn Kpl. Küppers von mir.
Werner