Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1

7. November 1940

Lieber Theo!

Über Deinen schönen Brief habe ich mich sehr gefreut. Was Du aber nicht alles erlebt hast in der verhältnismaszig kurzen Zeit, seit wir uns zuletzt gesehen haben. Und besonders freue ich mich, dasz Du Kaiserswerth nicht vergessen hast. Für mich wird es ja besonders unvergeszlich bleiben, wo ich die ersten Eindrücke in meinem Beruf gesammelt habe und soviel aufregendes aber auch stilles und schönes erleben durfte.

Und die schönen Bilder von Dir in voller Uniform. Ich glaube, wenn die Engländer Dich so sähen mit dem Gewehr, dann hätten sie Angst und wir hätten den Krieg schon lange gewonnen. Und das Meer hast Du gesehen! Und was bist Du weit herum gekommen. Dahin wärst Du sonst in Deinem Leben vielleicht nie gekommen. Hoffentlich hast Du es bei dem Oberst gut angetroffen. Ein Oberst hat ja schon einen sehr hohen militärischen Rang. Dr Sistermanns ist Oberleutnant. Er ist z Zt so viel ich weisz zu Hause. Meist war er in Graudenz und eine Zeit lang beim Vormarsch in Frankreich.

Hast Du schon mal einen feldgrauen Kaplan getroffen? Eine Rei[he] ist ja als Sanitäter eingezogen. Auch hier aus der Nachbarpfarre. Aus der Kölner Diözese bisher etwa 70.

Anbei schicke ich Dir ein kleines Büchlein mit, und hoffe, dasz es Dir gefällt. Auf der letzten Seite stehen noch einige solche Bilderbücher angegeben. Wenn Du gern noch was haben willst, brauchst du mir nur zu schreiben. Dann will ich es Dir gern zuschicken. Weiszt du noch wie wir beiden in Düsseldorf Lohausen in der Ausstellung auf der Blumenschau waren?

Ich meine es wären Dahlien gewesen. Oder täusche ich mich da?

Wie geht es sonst. Ist die Verpflegung gut? Und hast Du schon mal freie Zeit? In Berlin gibt es ja viel Interessantes zu sehen. All die interessanten Museen. Ins Zeughaus gehst Du doch sicher mal. Dort ist der Dreidecker von Richthofen noch zu sehen und andere interessante Erinnerungen aus dem groszen Weltkrieg.

Nun sei herzlich gregrüszt von Deinem

Kaplan