Ernst Vosen an Kaplan Stiesch, 24. November 1940

Bardenberg, 24.11.40.

Sehr geehrter Herr Kaplan!

Beehre mich hiermit, Ihnen die herzlichsten Grüße zukommen zu lassen. Jetzt, nach 6wöchiger Anwesenheit im R.A.D. hat man sich langsam mit dem ganzen neuen Leben vertraut gemacht. In der ersten Zeit hat es furchtbar schwer gefallen, aber jetzt geht es so langsam. Man muß sich hier mit allem abfinden. Es gibt kein wenn und aber. Hier heißt alles: sie müssen, werden, sollen, tuen u.s.w. Es ist eben ein ganz anderes Leben als wie zu Hause. Der

Dienst ist furchtbar streng. Morgens um 6 Uhr geht es schon los. Bis 7 Uhr muß man mit Kaffeetrinken, Bettenbauen u.s.w. fertig sein. Danach Dienstunterricht. Und dann die Hauptsache, nämlich Baustellen. Stellungen ausgraben, Stacherdraht aufrollen und lauter solche Sachen. Abends um 6 Uhr Essen, und die verschiedenen Appelle. Dann ist noch bis 9 Uhr Dienst und um 10 Uhr Zapfenstreich. Unser Tagewerk ist also zur Genüge ausgefüllt, denn überall wo man auch hingestellt wird, heißt es: die Pflicht erfüllen. Mit den besten Grüßen für Ihr Wohlergehen grüßt Sie:

Ernst Vosen