Werner Niederwipper an Kaplan Stiesch, 17. Januar 1941
Gefr. Werner Niederwipper17866 B, am 17.I.1941.
Gruß und Heil ihnen, Herr Kaplan!
Jetzt bin ich schon 3 Wochen wieder von daheim weg, und es ist mir, als ob ich noch gestern in Köln gewesen wäre, so frisch sind die Urlaubstage noch in meiner Erinnerung.
Hier bin ich nun wieder mitten im Dienstbetrieb drin. Eintönig genug ist die ganze Sache und langweilig. Die einzige Belebung sind die Briefe. Ich habe schon ca. 30 Stück geschrieben, seit ich wieder hier bin.
Und die Bücher will ich nicht vergessen. Ich bekam zuhause eine feine Bruckner-Biografie geschenkt, die habe ich schon durch, und im Anschluß daran habe ich mir eine ganze Sammlung von Musiker-Biografien zugelegt in Form einer Kleinbandreihe. Die werde ich jetzt alle durchstudieren. Wenn man so auf Wache sitzt, wie z.B. ich heute mal wieder, hat man 24 Stunden Zeit zum Lesen. Da wird allerhand getan. Gestern konnte ich auch wieder eine Sammelbestellung auf Bücher loslassen. Es freut mich immer ganz besonders, wenn ich wieder einige Kameraden für das gute Buch gewonnen habe.
An einem Tage dieser Woche war ich dienstlich in Eutin, unserer Kreisstadt. Ich wollte mir bei der Gelegenheit schnell die alte Kirche ansehen, die heute protestantisch ist, fand sie jedoch verschlossen. Ich schrieb dasselbe auch gestern an Otto Mundorf. Mir kam so richtig schmerzlich zum Bewusstsein, wie wenig doch an christlichem Leben im Protestantismus enthalten ist. Die herrlichen Kirchen, von begeisterten Katholiken gebaut, stehen heute leer, sind verschlossen. Während der Woche Museum und nur Sonntags Versammlungsort der Gemeinde. Man meint die Steine, die den Gesang der frommen Mönche und das Gebet des gläubigen Volkes gehört haben, müssten erschauern vor Kälte und Leere. Mir kam es jedenfalls so vor.
Es verbleibt mit frohen Grüßen
Ihr Werner.