Werner Niederwipper an Heinz Otto Mundorf, 24. Januar 1941
B am 24.1.1941
Otto!
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Heute möchte ich Dir einmal etwas über unser Verhältnis zum Mädchen schreiben. Ich komme darauf durch Deine Notiz über den auf dem Einkehrtag gehaltenen Vortrag über dieses Thema.
Man kann dieses Gebiet nämlich von jeder Seite her beleuchten, von der biologischen, von der idealen, von der realen, von der positiven oder auch von der negativen Seite, je nachdem, auf welches Ziel man dabei hinsteuert. Der erwähnte Vortrag war ja doch wohl mehr für jüngere Menschen gedacht, während ich über unser ureigenstes Verhältnis zum Mädchen sprechen möchte.
Wir haben uns für unser Leben eine Aufgabe gestellt. Wir haben unser ganzes Leben in den Kampf für Gottes Reich gestellt. Infolgedessen stehen wir dem Mädchen ganz anders gegenüber als irgendjemand, der in den Tag hineinlebt. Wir haben im Rahmen unserer Arbeit uns eine Anschauung erarbeitet, die uns sagt, dasz wir unser Leben nach bestimmten Regeln einzurichten haben. Wir stehen innerhalb einer Kameradschaft, die etwas von uns fordert, besonders wenn wir eine führende Stellung innerhalb dieser Gemeinschaft einnehmen. Ich bin der Ansicht, wenn ein Junge sein Jungenleben in seiner ganzen Härte, Herbheit und Herrlichkeit lebt, bleibt ihm gar keine Zeit, sich mit andern Dingen (z B Mädchen) zu befassen. Die Gemeinschaft fordert eben den ganzen Kerl, und der Führer dieser Gemeinschaft musz seinen Leuten in dieser Hingabe an sein Werk ein leuchtendes Beispiel sein. Der Führer, der eine Jungengruppe führt, musz eben den Jungen ein Junge sein, selbst wenn er aus den Jungenjahren herausgewachsen ist, und etwa sein persönliches Verhältnis dem Mädchen gegenüber sich schon längst geändert hat und jungenhaften Ansichten schon längst entwachsen ist. Denn ganz mechanisch wird das Bild, das der Junge vom Mädchen hat, mit den Jahren ein anderes. Wenn er einmal in den Lebenskreis des Jungmannes hereingewachsen ist, sucht er im Mädchen die Frau. Er beginnt seinen eignen Weg zu gehen. Die Gemeinschaft der Kameraden ist ihm plötzlich nicht mehr alles und letztes, sondern darüber hinaus sieht er andere Pflichten und Aufgaben. Er denkt daran eine Familie zu gründen. Deshalb sieht er sich die Mädchen, die ihm begegnen genauer an.
Er sieht die verschiedensten Arten: Ernste, leichtsinnige, verschlossene, reife, unreife, kurz alle, wie sie uns tagtäglich begegnen: Besonders als Soldat läuft einem ja ein ganz bestimmter Typ immer wieder in den Weg, und es fällt einem manchmal schwer, das reine und heilige Bild, das man vom Mädchen hat, zu bewahren. Was wir brauchen und suchen, sind die feinen mütterlichen Mädchen und die mädchhaften Mütter. Die sind schon von altersher das Ziel und der Bestand unseres Volkes gewesen. Was wir verachten ist leichtsinniges Tändeln und unwürdiges Spiel. Dazu ist unsere Meinung vom Mädchen viel zu hoch, und auch wir selbst als auch das Mädchen sind uns dazu viel zu schade.
Wir wissen irgendwo am Wege, am Fahrtenwege unseres Lebens, wartet die Frau, wartet unsere Frau, die uns aus dem Kreis unserer Kameraden herausnimmt zu neuer heiliger Gemeinsamkeit, die den Rest des Weges gemeinsam mit uns geht. Auf diesen Rest wollen wir uns vorbereiten, damit wir ihn würdig betreten können.
Bis dahin hat es aber noch eine gute Weile Zeit. Jetzt wollen wir uns noch nicht beeinflussen lassen un unserer Arbeit im Reiche
der Jungen. Aber eins können wir tun: Beten können wir schon jetzt für die Frau, die der Herr für uns ausersehen hat. Das können wir jetzt schon tun. Und wenn wir dann später unserer Braut in einer feinen Stunde sagen, dasz wir schon seit langem, ohne sie zu kennen, für sie gebetet haben, so ist das etwas, was sich aus dem gemeinsamen Leben nie mehr auslöschen lassen wird.
In diesem Sinne Heil Dir!
Werner