Willi Winterscheid an Kaplan Stiesch, 30. Januar 1941
D.-dorf, den 30.1.41.
Sehr verehrter Herr Kaplan!
Recht viele herzliche Grüße zuvor, und vielmals Entschuldigung, daß ich Sie nicht noch aufgesucht habe. Ich bin nun schon fast über zwei Wochen bei der schweren berittenen Artillerie in Düsseldorf. Ich habe mit noch 6 anderen Kammeraden die Funker-Eignungsprüfung bestanden, und werde nun als berittener Funker ausgebildet. Das macht viel Spaß, und besonders der Funkunterricht ist sehr interessant. Der Dienst im Allgemeinen ist in Ordnung, doch im Besonderen läßt er auch zu wünschen übrig. Besonders der Dienst auf dem sogenannten Blutacker (Exerzierplatz) ist nicht gerade rosig. Daß man bei den Apellen die häufig stattfinden immer seine Klamotten in Ordnung haben muß finde ich einfach komisch. Aber wenn man am Tag zuvor auch noch so sehr geputz hatt, die Herren Unteroffiziere finden doch immer noch etwas. Dann heißt es „links raustreten“ und man hat abends eine Stunde Strafapell oder 24 Stunden Nachtwache. Letzteres ist mir auch schon einmal passiert. Die Kammeradschaft auf der Stube, auf der ich mit noch 7 anderen Kammeraden zusammenliege ist lobenswert. Zwei davon sind in meinem Alter. Die anderen 4 sind schon ausgewachsene Familienväter. Schlechte Witze oder ähnliches bekomme ich nie zu hören. Die älteren Soldaten, die schon längere Zeit hier sind haben Sonntags sogar geschlossenen Kirchgang. Mir selbst
geht es augenblicklich gar nicht gut. Ich liege seit nun zwei Tagen auf dem …-Lazarett. Gestern hatte ich über 40° Fieber und heftige Schmerzen über den Augen und an den Schläfen. Der Arzt meint es wäre Kopfgrippe. Heute ging es mir schon merklich besser und ich hoffe, daß ich bald wieder gesund bin. Bis zum nächsten Mal grüßt Sie sowie alle Kammeraden in Bickendorf recht herzlich
Ihr Willi Winterscheid
Schreiben Sie mir bitte bald einmal wieder.