Jochen Soddemann an Rudolf Stiesch, 9. März 1941
Am Heldengedenktag 1941
Dir, Rudolf, frohen Gruß!
Eine Woche tollen Betriebes liegt hinter uns, echter „preußischer Kommis“. Heute haben wir z.B. nur 3 x Revier geschrubbt, dazu Ausgangsverbot. Wegen einigen Schloten muß die ganze Kompanie leiden. Doch auch diesmal „das kann ja...“
Nun habe ich lange nichts mehr von daheim gehört. Jupp und Kaga schweigen immer noch, ihnen und allen Jungen der Pfarre frohen Gruß. Ich freue mich riesig über jeden Brief von den Kerlen. Heute durftest Du sicherlich mit ihnen eine feine Feierstunde halten. Otto schrieb mir von den Plänen. Ich bin froh, daß ich damals die Sache mit Herrn Pfarrer wieder einigermaßen einrenken konnte.
Euer Buch hat mir viel Freude gemacht, demnächst will ich einen Dank an alle Jungen ein wenig davon sagen, im Augenblick fehlt mir die Zeit dazu. Manches feine Wort, - wie für unsere Lage gesprochen – fand ich darin.
Zur Zeit beginne ich mit dem Lesen von Antz-Bergmann: heiliges Erbe. Es scheint mir Manches für unsere Arbeit daheim darin zu sein. Doch davon demnächst mehr.
Ferdi Deussen hat mich schon des öfteren besucht. Seit Beginn meiner Rekrutenzeit war er schon zweimal daheim. Die Grüße habe ich noch nicht ausgerichtet, wird aber noch gemacht. Ferdi wartet auch auf den Einsatz.
Gespannt bin ich darauf, wo wir landen. Wir hoffen schwer auf Balkan oder Sizilien. Dort tut sich ja noch allerlei.
Von meiner Schwester hörte ich vom ersten „Besuch“ in unserer Bibliothek, wie ist der Laden nun ausgelaufen. Ist eigentlich im Zuge dieser Sache auch die „Buchgemeinde Bonn“ aufgeflogen? Seit 6 Wochen warte ich auf Bücher von dort.
Der Tod unseres Kardinals hat so manche Fragen für die Erzdiözese lebendig werden lassen. ich bin einmal gespannt, wer sein Nachfolger ist. Hat man dort schon von jemand gesprochen? Wen hältst Du für
rechten Mann an dieser Stelle. Ein rechter Führer tut uns not. Hast Du die Feier heute Morgen im Rundfunk gehört. Beethovens Eroika schien mir doch der würdigste Dank an unsere Gefallenen. Selten habe ich ein Werk des Meisters so tief empfunden wie heute, trotz des Unverständnis der Kameraden.
„Über unser Leben entscheidet die Tat“ schrieb mir ein Kamerad in diesen Tage. Das ist der Ruf der gefalllenen Brüder an uns.
Ihnen gilt unsere Treue und unser Einsatz
Jochen