Willi Winterscheid an Kaplan Stiesch, 7. April 1941

D.-Dorf, den 7.4.41.

Sehr verehrter Herr Kaplan!

Endlich komme ich auch mal wieder dazu, Ihnen einen Brief zu schreiben. Wie Sie sehen bin ich noch immer in Düsseldorf. Es hat sich hier aber allerlei geändert. Sämtliche Leute, die mit mir im Januar eingetreten sind, sind schon abgestellt. Nur noch 9 K.O.B. zu denen ich ja auch gehöre sind noch hier. Wir haben unterdessen schon wieder zwei Mal neue Rekruten bekommen. In Kürze kommen wir K.O.B. hier in einen 6-8wöchigen Lehrgang. Neuerdings, seit etwa 3 Wochen, liege ich nun mit dem K.O.B. auf einer Stube. Es sind 2 (mit mir 3) Gleichgesinnte darunter. Aber die anderen 6….. Es ist schwer hierbei noch immer den Glauben an das Gute im Menschen zu behalten. Ich will aber trotzdem nicht behaupten, daß sie von Grund auf schlecht sind. Heute morgen war für die Batterie Osterbeichte und Osterkommunion angesetzt. Es meldeten sich hierbei 36 Mann. Unsere Stube meldete sich geschlossen. Sie müssen nun nicht glauben dass die 6 Mann mit einem Schlag bekehrt waren. Sie hatten gar nicht vor die hl. Sakramente zu empfangen. Sie wollten sich nur auf diese Art und Weise vom Stalldienst vorbeidrücken. In der Kirche stand aber nun ein Unteroffizier hinter ihnen dere aufpasste. So mussten sie wohl

oder übel mit machen. Jungens, die 4 Jahre keine Sakramente mehr empfingen taten dies nun. Ich möchte mich nicht zum Richter über andere erheben aber aus der Art und Weise wie sie offen darüber redeten muß ich doch schließen, daß sie es nicht so ganz ernst damit gemeint haben (gelinde gesagt), kaum waren ein paar Stunden vergangen, wurden auch schon wieder die größten Schweinereien erzählt. Kürzlich hatten wir eine heftige Debatte über ein Leben nach dem Tode. Die meisten von uns 9 haben nämlich die Ansicht: „Mit dem Tod ist alles aus! Darum leben und genießen…! Ich war leider nicht in der Lage, ihre Meinung zu ändern. Ich spürte nachher bloß ein tiefes Mitleid mit diesen Jungen, deren Leben doch so gar keinen idealen Sinn hat. Einer warf dabei dazwischen, daß wir ja schließlich in unseren Kindern weiterleben. Das könnte mir niemals Sinn und Zweck des Lebens sein. So sieht zum Teil die Jungend von heute aus. Ostern komme ich vielleicht in Urlaub. Wenn ich Zeit habe komme ich dann einmal vorbei. Vorläufig Heil und Gruß

Willi

Viele Grüße auch an die anderen Kammeraden und an die Mesßdiener.