Jochen Soddemann an Rudolf Stiesch, Mai 1941

Im Mai 1941.

+ Rudolf!

Noch eine Stunde wachfrei! Da soll die letzte Post von den Tagen ihre Erledigung finden.

Zur Aufklärung: Als erste unserer Kompanie wurde ich mit meinen Kameraden nach hier, in eine Ersatzabteilung, als Ausbilder versetzt. Da dann vor nunmehr 2 Wochen auch die Rekruten landeten, wurden wir den einzelnen Stuben als Stubenälteste zugeteilt. Auf dem Exerzierplatz bilden wir mit aus.

Es ist schade, daß ich meine anfängliche Haltung nicht beihalten konnte. Wenn man nur Kamerad und nicht Vorgesetzter ist, kann man sich im gegebenen Augenblick nicht durchsetzen. Für alles, was nicht klappt, wird der Stubenälteste aber angeschmiert.. So kommt es, daß ich mich zu dem Prot. Theol. nicht so finde wie ich es eigentlich wünschen würde. Mit dem Ton auf der Bude kann ich jedenfalls zufrieden sein. Es ist noch keine einzige Sauerei gefallen – und das beim Kommis! Der Bamberger Reiter in unserer Stube ist wie ein Bild dessen! Gerade, weil ich so feine Kerle getroffen habe, ging mir in den letzten Tagen oft das Wort aus dem „Wanderer“ durch den Kopf, wo er von dem Ruf zum jungen Führer in der kämpfenden Mannschaft des Volkes spricht.

Zu meinen Gedanken über das Volk der Niederlande – vom Stolz der Geusen ist bei wenigen etwas geblieben – wird hier ein Besuch von Amsterdam am Pfingstsonntag wohl etwas Anregung geben. Ich bin gespannt. Hoffentlich kommen wir zum Wehrmachtsgottesdienst.

Haben Jupp und Karlegon wieder etwas angezogen? Allzulange wird Otto ja wohl nicht mehr bleiben. Was machen Hubert N. und Willi Kr? Kannst Du nicht einmal einen von den Kerlen zum Schreiben bringen? In kurzer Zeit sollen sie dann auch Antwort bekommen.

Wenn am Pfingsttag die Gemeinde um den Altar zum hl. Opfer steht, sind wir draußen alle dabei.

   „Löscht den Geist nicht aus!“!

Dir und allen Jungen der Kirche Seines Geistes Kraft und Fülle.

       Jochen