Kaplan Stiesch an Ludwig Kreuser, 5. Mai 1941
Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1
5. Mai 1941
Lieber Herr Kreuser!
Hoffentlich sind Sie gesund und guter Dinge. Anbei ein Photo vom Hochaltar in Dreikönigen. Mein Bruder hat es gemacht, als er kürzlich hier zu Besuch war.
In der Nacht auf Samstag war hier lange Alarm. So wurde hier zum ersten Mal die neue Gottesdienstordnung praktisch. Die hl. Messen um 10, 11, 12, und nachmittags um 5 Uhr. Ich hatte das Glück, diese hl. Messe am Nachmittag zelebrieren zu dürfen. Ein ganz eigenartiges Gefühl. Jedenfalls in der Tageszeit dem letzten Abendmahl ähnlicher als sonst die Hl Messe.
Schade, dasz der Joseph jetzt auch weg ist. Er fehlt uns jetzt immer beim Heimabend. Von Familie Kreuser sehe ich jetzt meist nur noch den Hans, wenn er Sonntags Orgel spielt.
Haben Sie mal Gelegenheit nach Königsberg, in die Stadt der reinen Vernunft zu kommen. 1930 habe ich in Freiburg i Br studiert und dachte nun bei einer süddeutschen Familie zu wohnen. Statt des landete ich bei einem Schauspieler aus Königsberg, der dort wohnte. Etwas sehr steif sind diese Menschen dort bei Ihnen sicher auch. Korrekt bis auf den Pfennig. Aber man wird doch Heimweh bekommen nach dem vertrauten Köln und den lebensfroheren Menschen hier.
Falls Sie mal nach Braunsberg kommen, besuchen Sie mal meinen Vetter Konrad Friesenhahn, der dort Soldat ist. Und den Professor Schäfer und den Professor Sohngen. Diese besucht auch mein Vetter öfter und sie freuen sich immer über den Soldatenbesuch.
Nun wünsche ich ihnen alles Gute! Hoffentlich haben Sie bald Urlaub und kommen dann mal herein. Ich halte Ihnen das Däumchen.