Rudi Conin an Kaplan Stiesch, 30. Mai 1941
L 34515, den 30.5.41.
Hochwürden!
Ihr letzten Brief, wofür ich bestens danke, will ich gleich beantworten, denn hier haben wir ja sehr viel Zeit.
Ich trete zuerst an Sie mit einer Bitte heran, die Sie mir bestimmt nicht abschlagen werden.
Sie wissen ja sicher schon von dem Ring der uns, die wandernde Pfarre umschließt. Da brauche ich nun die Adressen von verschiedenen Kameraden und da vorerst von denen, die am meisten bei uns mitgemacht haben. Ley, Rupp, Bongartz, Vianden, etc. Sie alle sollen da mitmachen. Mit verschiedenen Kameraden ist der Ring schon geschlossen, aber der Ring soll erweitert werden.
Dann eine zweite. Ich bekam heute von Otto Haas einen Brief über den ich mich am meisten gefreut habe. Ich habe da nun eine Bitte an die Kerle, Otto etwas mehr zu besuchen. Otto stand vorher mitten im Kreis. Er darf auch heute für keinen in 2. Linie stehen. Es sind nur verschiedene Kerle, und denen herzlichen Dank, die Otto besuchen. Aber denen ist es auch nicht möglich jede Woche Otto zu besuchen. Von jedem Kerl müsste man eigentlich dies verlangen. Ich weiß es ist nicht leicht einen Kranken zu besuchen, auch mir fiel das schwer. Aber die Freude die man Otto damit bereitet, ist nicht zu
ermessen. Otto sieht und spürt dann auch den Geist der in der Schar liegt. Nach meiner Ansicht geht Otto sogar vor den Soldaten vor. Wir hier leben draußen in der Natur und können uns das Leben gestalten. Otto aber ist gebunden, was für ihn ja am schwersten zu ertragen ist. Hochwürden! Tragen Sie diese bitte den Kerlen vor. Ich hoffe, dass die Kerle dies begreifen.
Ich bin heute mit Bitten an Sie herangetreten. Anderes wüsste ich zur Zeit nicht zu schreiben. Pfingsten werde ich nochmals einen Brief vom Stapel lassen.
Seien Sie und die Kerle nun herzlichst gegrüßt und einen frohen Pfingstgruß.
Rudi