Kaplan Stiesch an Konrad Friesenhahn, 20. Juni 1941
Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1
20 Juni 1941
Lieber Koni!
Für Deine schöne Namenstagsgabe recht herzlichen Dank! Sie halt mich molto interessiert. Ich habe sie vorgestern in einem Zuge ausgelesen. Solche Streitschriften haben ja immer etwas sehr lebendiges und gegenwartsnahes ansich, und erfreuen einen, auch wenn man manchmal auf anderem Boden steht. Gestern war ich mit Ferdinand Müller in Heisterbach und da haben wir viel von dem Buch gesprochen. Wahrscheinlich werde ich das erste, Der Katholizismus sein Stirb und Werde auch noch lesen. Im ganzen scheint es mir ein Versuch zu sein, die Ergebnisse evangelischen Denkens auf die katholische Theologie anzuwenden. Und in vielen Punkten werden diese Leute schon recht haben.
Denk dir, wie wir da in Bonn aus der Rheinuferbahn aussteigen, steht da unser Hans mit Joseph Kraus und noch zwei Pfarrkindern aus Benrath. Als ich vor einem Monat mal in Düsseldorf war, traf ich unsern Hans ebenso unverhofft mitten in Düsseldorf an der Ecke Uhlandstrasze. Du siehst, wenn ich mal in Fahrt komme, dann spüre ich die verwandten Seelen mit magischer Kraft sogleich auf. Wer weisz, wie schnell ich Dich habe wenn ich mal in den Osten kommen sollte.
Der Bekenntnissonntag der Jugend war ganz grosz. Für das halbe Dekanat hier in unserer Dreikönigenkirche. Pfarrer Clemens von Riehl hat gepredigt. Vorgestern ist übrigens [s]ein Haus zerstört worden. Ihm ist nichts passiert. Es ist hier allerhand zu Schutt geworden. Auch vom Hauptbahnhof der linke Flügel wo die Gepäckausgabe war.
Ich glaube, dasz Du staunen wirst, wenn Du mal Deine Heimatstadt wiedersiehst. Manches ist da arg mitgenommen worden.