Jochen Soddemann an Rudolf Stiesch, 4. Juli 1941

Am 4. Juli 1941.

Lieber Rudolf!

Wieder einmal im Städtchen auf Wache in der Ortskommandantur. Da mußt Du schon mein blödes Papier entschuldigen, der Verein hier ist anscheinend ziemlich arm. Doch darauf kommt es ja auch nicht an.

Am vergangenen Sonntag hatte ich Gelegenheit, ein wenig mehr von Holland kennenzulernen. Zum zweiten mal war ich in Amsterdam beim Wehrmachtsgottesdienst. mit der deutschen Gemeinde sangen wir die Steyrer Domfestmesse, kannst Dir meine Freude wohl vorstellen. Zu den letzten Wochen vor meiner Einberufung haben wir sie doch noch daheim zusammen geübt. Nachher saßen wir lange mit dem deutschen Seelsorger von Amsterdam zusammen und sprachen über all die Fragen. Er kommt im allgemeinen aber auch wenig mit Holländern zusammen. Die Kirche in Holland steht in scharfer Front gegen die holländische N.S. Partei, auf Angehörigkeit steht Ausschluß von den Sakramenten. Sicherlich liegt etwas in dieser Haltung, wovon wir in Deutschland viel hätten lernen können. Ob solche – ich möchte bald sagen: Sturheit – hier angebracht ist, weiß ich nicht. Die holländ. Katholiken, die der NSB angehören, wenden sich schon in vielen Fällen an die deutschen Seelsorger. Sonst aber können wir von der Festigkeit und Treue der niederländischen Katholiken viel lernen.

Nach Mittag waren wir bei einer deutschen Familie zu Gast, die

uns nach dem Hl. Opfer eingeladen hatte. Ich glaube nicht, daß die Leute wußten, welche Freude sie uns damit gemacht haben. Endlich einmal wieder daheim. Wir sprachen von der Not der Deutschen in den Tagen der Besetzung, von dem Leben der deutschen Jungen in Holland und vom Leben in der deutschen Pfarre von Amsterdam. Wir Landser erzählten – wie sollte es anders sein – vom täglichen Dienst, aber auch von seiner Gefahr, dem Stumpf- und Müdewerden. Eine solche Familie müßten wir hier in Bussum finden, vielleicht wirds uns noch gelingen. Vom deutschen Seelsorger haben wir eine Anschrift bekommen.

Nun zum Leben daheim:

Jupp K. schrieb mir von seinem Zurücktreten. Er hält sich selbst nicht mehr für fähig dazu. Ich nehme nicht an, daß sie mutlos geworden sind. Vielleicht liegt auch viel an den Ferien. Ich bin gespannt, was Jupp mir auf meinen Brief schreibt. ich habe mein Urteil über ihr Verhalten von der weiteren Mitarbeit abhängig gemacht.

Nach der deutschen Komplet habe ich auch Hans W. schon gefragt, sehe daß nichts daraus wird. Hans macht noch einen Vorschlag: wie wäre es mit einem Musikkurs. Es ließen sich doch eine Reihe Kerle dafür finden.

Hoffentlich gibts bald einmal Urlaub. Ein wenig Ruhe und Besinnung tut bitter not.

Ich hoffe bald wieder von Euch zu hören.

Für heute Heil

     Jochen

(Kannst Du mir „Rembrandt als Erzieher“ nicht einmal leihweise zusenden?)