Jochen Soddemann an Rudolf Stiesch, 29. Juli 1941

Am 29. Juli 1941.

Lieber Rudolf!

Der Tod unserer Kameraden hat mich tief gepackt. Ich weiß noch gut um eine große Freude in den Tagen des RAD, als ich hörte, daß endlich wieder einer unter den Jungen der Pfarre die Arbeit aufgenommen hatte. Und Willi hat mit rastlosem Eifer gearbeitet, ein leuchtendes Vorbild allen kommenden Jungführern der Pfarre. In der vergangenen Woche schreibt mir Kapl. Klein: „Wie oft hatten wir bis in die Nachtstunden hinein zusammen geplant und überlegt, Rundbriefe aufgesetzt und über die einzelnen Jungen gesprochen. Willi war von unseren Kerlen einer der begabtesten.... Ich darf Dir wohl verraten – wenn Du’s nicht schon weißt – daß sein tiefster, heimlicher Wunsch aufs Priestertum ging.“ Das hat mich tief gepackt. In der Bewährung des Rufes, den der Herr an ihn gerichtet, ist er gefallen. Auch uns hat der Herr gerufen. In den letzten Tagen habe ich besonders viel über die Möglichkeit zum Schaffen unter unseren Kameraden überlegt. Man ist so gleichgültig geworden. Geweckt hat mich der Bericht des Marinepfarrers in den Haag über die Arbeit eines Theol. unter seinen Kameraden und der schrieb vom Wertmannhaus in Freiburg. Du

kennst ihn sicherlich, sonst will ich ihn Dir gerne einmal zusenden. Nun soll auch hier neues frohes Schaffen beginnen. Heute komme ich wieder nach Amsterdam, da soll mit dem deutschen Pfarrer geplant werden.

Schreib mir doch bald einmal, wie Ihr daheim Willis gedacht habt. Mir ist sein Tod verpflichtendes Vermächtnis für die kommende Zeit des Friedens.

Wie ist der letzte Entschluß von Jupp und Karlegon denn ausgefallen? Machen sie denn sonst noch mit, man darf den Burschen keine Ruhe lassen.

Seit Otto weg ist – wie ist eigentlich seine Anschrift – habe ich von der Arbeit daheim nichts mehr gehört. Vielleicht schreibt einer der Jungen einmal.

In den letzten Wochen lernte ich dies Land mehr und mehr kennen. In einem Brief an die Jungen will ich Euch davon berichten, hoffentlich habe ich bald einmal etwas Ruhe und Stille dafür.

Für heute Dir und allen Jungen der Pfarre

   Frohgruß in XP

     Jochen

(Die Feldpostsperre ist mittlerweile gänzlich aufgehoben. Hab schon im voraus frohen Dank!)