Rudi Conin an Kaplan Stiesch. 6. August 1941

L 34515, den 6.8.41.

Hochwürden!

Zunächst einmal einen frohen Gruß.

Sie müssen dann entschuldigen, dass Sie solange nichts mehr von mir hörten. Es war nicht Zeitmangel, der mich vom Schreiben abhielt, sondern gerade die viele Freizeit. Man wurde dadurch geistig stur und war bald nicht mehr für ein Buch zugängig. Ja, es war schon so weit, dklaß man kei Buch mehr vernünftig lesen konnte.

Wir liegen seit 14 Tagen in einer anderen Stellung. Arbeit haben wir in Hülle, da wir unsere Baracke und den Stand selbst bauen müssen. Da ist die Stimmung für ein Buch viel anders. In der Freizeit, die auch noch nicht knapp ist, nimmt man sich jetzt ein Buch oder kommt wieder zum Schreiben.

Es freut mich, dass Sie uns bei der Arbeit für unseren Ring so behilflich sind und muß ich Ihnen dafür herzlichst danken. Wie man sich über den Brief eines Kameraden freut, ist kaum zu schildern. Hier mit den Kameraden von der Bedienung kann man sich doch über gewisse Themen, und besonders über die uns interessierenden, nicht unterhalten. Bei den anderen Kameraden ist das ebenso. Da freut man sich, wenn [man] durch den Briefverkehr solche Fragen etc. besprechen kann.

Unser Ring wird sich gewiß immer weiter vergrößern. Es ist nur schade, dass immer die Besten ihr Leben für uns opfern müssen. Willi’s Mitarbeit wäre noch dem Ring genau so wertvoll gewesen, wie vorher. Für ihn müssen andere einspringen. Ich glaube, dass die Kerle dafür einspringen. Jetzt wo Heini fort ist, wird ja wohl zuerst eine Krise zu überwinden sein, die sich nach einem Wechsel immer einstellt, müssen sich doch jetzt alle an die neue Art des Pfarrhelfers gewöhnen. Ich glaube, dass Hans denselben Erfolg hat, wie Otto, obwohl ihn zuerst einige ablehnen werden, da er Ihnen nicht genug jungenhaft vorkommt. Er müsste diesen 1. Abend deshalb für diese Kerle gestalten. Dann hat Hans die Sache bestimmt für sich gewonnen. Das ist nach

meinem Ermessen der beste Anfang, besonders noch, da er ja Erlebnisse aus den Ferien einflechten kann. Die Kerle hätten ja am liebsten Hubert als Pfarrhelfer gesehen. Er ist aber auch noch nicht reif genug dafür. Er ist nicht mit dem nötigen Ernst dabei.

Ich will nun Schluß machen. Ich müsste auch so gleich schließen, denn es geht gleich an die Arbeit.

Seien Sie und alle Kameraden bis demnächst herzlichst gegrüßt

Rudi