Kaplan Stiesch an Jochen Soddemann, 6. September 1941

Rudolf Stiesch   Köln Bickendorf   Schlehdornweg 1  

6. September 1941

Lieber Jochen!

Heuer nur ein kurzes Lebenzeichen. In den letzten Wochen hat die Arbeit sich gedrängt, so daß man kaum zur Selbstbesinnung kam. Letzten Sonntag die Primiz von Pater Breuning SJ. Ein strahlend schöner Tag. Morgens beim Hochamt 25 Meßdiener am Altar, die ihre Sache gut gemacht haben. Und Karl Heinz Hodes an der Orgel und als Dirigent. Während der Pater abends den Primizsegen erteilte spielte der Karl Heinz Fugen und Präludien von Johann Sebastian Bach.

Und die Gedächtnisstunde für Willi Stupp und Hans Boyen. Ich glaube, daß sie würdig und auch eindrucksstark gewesen ist. Dein Brief an die Jungen ist übrigens von Josef Kann vorgelesen worden. Es waren 32 Jungen da darunter auch die auswärtigen Lindlar, Linkenheimer und Fr Schweitzer. Auch der Vianden war in Uniform der Luftwaffe da, eine Freude für uns alle. Und Kaplan Klein, den ich eingeladen habe. Hans Werres sprach über Hans Boyen, ich vorwiegend über Willi Stupp. Es war das für den Winter ein hoffnungsfroher Anfang, geboren aus dem Opfer Willis.

Von den schweren Bombennächten wirst Du gehört haben. Ein Glück nur, daß bloß Kaninchen und Enten tötlich getroffen wurden. Dabei hat das Haus von Grabbes einen schweren Treffer an der einen Ecke bekommen. Aber es hat so weit noch gut gegangen.

7 September

Wir haben manche Opfer aus dem Krieg zu beklagen unter andern den Hubert Kreuser, den ältesten der 7 Söhne der Familie Kreuser. Dann der Heinz Ziemann vom Weißdornweg, Matrose, Funker. Und andere, die ich nicht näher kannte (noch ein Sohn von Rom, Unter Birnen).

Gestern war ich im Film: Friedemann Bach und war ziemlich enttäuscht. Ich hatte mir sehr viel mehr darunter vorgestellt. Ich habe wenig Filme gesehen, aber die überzeugendsten waren ohne Zweifel die Propagandafilme: Friesennot, den ich 1935 gesehen habe und jetzt der Ohm Krüger. Nun mag es etwas an der Qualität der Schauspieler liegen, jedenfalls bei Ohm Krüger. In Friesennot war es die Sparsamkeit der Mittel die wirklich tiefe seelische Erlebnisse gestattete. Nach Theodor Haecker ist das ja das Kriterium der ganz großen Kunst, daß sie mit den allergewöhnlichsten Mitteln das ganz ungewöhnliche sagt.

Den Marinepfarrer A Pieper kenne ich nicht, wohl den Josef Schäfer und noch besser seinen Bruder Pater Justus Schäfer, der jetzt als Kaplan an St Johann Baptist tätig ist und der uns hier ja die Woche vom größeren Leben gehalten hat.

Heute war die Trauung von Josef Rick und Maria Küppers, auch ein festliches Hochamt. So geht das Leben immer weiter.

   Herzlichen Gruß