Kaplan Stiesch an Rudi Conin, 7. September 1941
Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1
7. Sept 1941
Lieber Rudi!
Inzwischen ist die Gedächtnisstunde für Willi Stupp und Hans Boyen gewesen und ich glaube, dasz sie würdig war und dasz wir sie nicht so leicht vergessen werden. Der Adolf Lunkenheimer und der Karl Josef Lindlar waren von Köln da, Franz Schweitzer von Bruder Konrad. Werner Vianden in Uniform der Luftwaffe. Kaplan Klein, der das letzte Mal bei Willis Abschied in unserer Schar gewesen war.
Hans Werres sprach Gedächtnisworte für Hans Boyen, ich für Willi Stupp. Mich wunderte nur, dasz keiner das Lied kannte „Wir sind nur Gast auf Erden, und wandern ohne Ruh, mit mancherlei Beschwerden, der ewgen Heimat zu“: Aus dem Kirchenlied. Wir werden es jetzt aber lernen, dafür will ich sorgen. Ein sehr feines Abendgebet übrigens. Ein Junge aus Klettenberg, der voriges Jahr verunglückt ist namens Willi Viehoever hat es abends immer gesungen mit der Klampfe begleitet. Die Eltern haben ihm dieses Lied auf den Gedächtniszettel abgedruckt.
Ich glaube, wir können die Lieder des Kirchenliedes überhaupt etwas mehr pflegen. Es sind da noch schöne Sachen. Dann wollte ich noch vorschlagen: Wer jetzig Zeiten leben will, wach auf wach auf du deutsches Land (feine alte herbe Melodie) St. Michel der vor Gottes Tron, St Jürg der fromme Reitersmannn.
In der letzten Zeit hat der Krieg noch manche Opfer aus unserer Pfarre gefordert, so den Hubert Kreuser, der der älteste von den 7 Kreuserbrüdern war, den Heinz Ziemann, den Duchene und andere. Ich kenne viele noch nicht. Ich kam ja grade bei Ausbruch nach Dreikönigen und muszten manche bald weg.
Letzten Sonntag hatten wir die Primiz von Pater Breuning SJ. Es war ein sehr schöner strahlender Tag, ähnlich wie die Jugendfeier
am Bekenntnissonntag. Karl Heinz Hodes spielte Orgen und dirigierte. Am Nachmittag predigte Pater Breuning selbst.
Den Ohm Krüger habe ich gesehen. Der Emil Jannings spielt ja hervorragend. Leider wird der künstlerische Wert durch die arg starke Tendenz etwas überdeckt. Aber jedenfalls kann man sich dem seelischen Erlebnis kaum entziehen. Ähnlich wie in dem alten Film Friesennot, der jetzt wieder gezeigt wird. Dieser erscheint mir als der künstlerischte Film überhaupt, den ich bisher gesehen habe (Ich kenne nur wenige). Grade in seinen sparsamen Mitteln, in dem einfachen Aufwand, da zeigt sich die meisterliche Regie, die alles in das seelische Geschehen hereinverlegt. Man kann sich der Kraft solcher Werke kaum entziehen selbst wenn man vielfach andere Auffassungen hat.
Interessant, wie ja auch das Publikum genau in der beabsichtigten Weise reagiert.
Der Friedemann Bach hat mich sehr enttäuscht. Ich werde doch wohl nur in wenige führende Filme gehen. Die mittelmäszigen lohnen schon nicht die dafür geopferte Zeit.
Was soll ich sonst noch erzählen. Der Willi Fröhling hat die Gruppe der Neuling der Meszdiener. Er scheint seine Sache gut zu machen. Josef Werres hat die Unterstufe. Die beiden andern Gruppen halte ich selbst.
Mit Hubert Niederwipper stimmt etwas nicht. Ich habe ihn mehrmals eingeladen zu mir zu kommen. Er kam nicht und machte unzulängliche Ausflüchte. Doch so was erzähle ich lieber mündlich. Ich hoffe, dasz die Sache sich wieder einrenkt. Ich habe ihm ja nichts getan. Kaplan Wisdorf vom Jugendeelsorgsamt will ihn in der Sache mal ansprechen.
In steter Treue Dein