Kaplan Stiesch an Konrad Friesenhahn, 7. September 1941

Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1

7. September 1941

Lieber Konrad!

Endlich von mir einige Zeilen. Meine Mutter hatte ja auf Deine letzte Karte ein wenig geantwortet. Deine Formulierung von dem „zweiten motorisierten und mechanisierten Dschingis Khan“ ist übrigens gut. Ferdinand Müller sogar war davon begeistert.

Wenn man hier im Kino die Wochenschau sieht, kann man ja für Dich ein leises Gruseln bekommen, wenn man sich vorstellt, dasz Du jetzt auch in diesem Hexenkessel drinsteckst. Wir alle wünschen Dir und Euch allen alles Gute!

Ich war ja sehr selten im Kino, im ganzen etwa 10 mal. Jetzt in der letzten Zeit war ich mehrmals mit meiner Mutter drin. Heimat mit Zarah Leander und Heirnich George, Du und ich, Ohm Krüger und gestern Friedemann Bach. Früher als ich noch [in] Kaiserswerth war, war ich in Friesennot und in Manuel. Die Filme mit einer ausgesprochen politischen Tendenz Friesennot und Ohm Krüger schienen mir künstlerisch die besten zu sein. Du und ich war unter aller Kritik geistlos und ohne jeden bedeutenden Punkt. Auch der Friedemann Bach hat uns ziemlich enttäuscht. Man kann eben in 2 Stunden doch kein Lebensbild eines bedeutenden Mannes geben. Zu viel war zu unnatürlich und dazu auch unbedeutend gespielt.

Dasz wir in Paderborn und in Menden bei Walter waren, weiszt Du doch? Grade an den heiszesten Tagen des Jahres. Und jetzt machte ich manche Wege, um ein paar Äpfel oder Kartoffeln zu erhaschen, dann viel Arbeit. Ein neues Schuljahr hat angefangen – fängt jetzt im Herbst an. Die Arbeit mit den Jungen der Pfarre muszte wieder in Schwung gebracht werden. In den Ferien kommt alles aus der festen Gewohnheit. Unser erster Pfarrhelfer Willi Stupp ist in Suras

bei Bialystock gefallen. Für ihn hielten wir eine Gedenkstunde. Ich darf sagen, dasz sie würdig war. War auch gut vorbereitet. Die Lieder vervielfältigt, ein Junge malte einen Schild mit Speer, zwei Sternen und Krone. Der Speer weist zum Himmel zu den Sternen wo die Krone des Lebens für die Gefallenen winkt. Die Symbolde schwarz auf rotem Untergrund. Dann lasen wir aus den Briefen, die Willi Stupp in die Heimat geschickt hat. Wir hatten einige schöne Dichtungen von Rilke von Walter Flex: das Grab im Osten aus dem Wanderer u.ä.

Und einen tüchtigen Bombenangriff hatten wir hier in Bickendorf. So habe ich die Bomben noch nie sausen hören. In so kurzen Abständen, und so nahe bei uns. Es hat alles noch glimpflich abgegangen ausser einer Menge von Fensterscheiben. Nur in einem Haus wurde eine Ecke mitgenommen so dasz das ganze Haus mit Bauschutt gefüllt war. Aber Gott sei Dank ist niemand verletzt worden.

Ferdinand Müller hat übrigens auch ein Grammophon mit vielen ausgezeichneten Platten. Viele symphonische Werke der groszen Meister. Er will „nur das hören, wa auch gültig bleibt, wenn die Bomben ringsherum sausen“.

Er hat zum Beispiel Bruckner und Beethovensymphonien.

Fein wenn du erst mal wieder endgültig daheim bist und wir tauchen dann gemeinsam bei ihm in den Riehler Heimstätten auf.

Nun Dir alles Gute und Leibe in steter Treue