Theodor Buiting an Kaplan Stiesch, 11. September 1941

Berlin, 11 Septb. 1941

Lieber Herr Kplan!

Heute erlaubt die Zeit mir zu schreiben. Einige Wochen sind inzwischen vergangen, seitdem schönen Urlaub, ich erfülle nun wieder meinen soldatischen Dienst. Die ersten Wochen brachten recht viel Arbeit für mich. In der Zeit meiner Abwesenheit hatte sich hier vieles ereignet. Seit einigen Tagen geht der Dienst wieder seinen ruhigen Gang weiter. In stillen Stunden sind meine Gedanken und Gefühle der Heimat zugewandt. Ja, wie schön waren doch die Tage des Wiedersehens und wie schnell sind sie vergangen. Nun malt man sich schon der Tag der Entlassung aus, aber mit Bangen denkt man darüber nach, wann wird dieser Tag kommen? Man ist doch hier bei den Soldaten ein ganz anderer Mensch geworden und lernt das Leben von einer ganz anderen Seite kennen. Nun dieses Soldatsein, die Zeit des Wartens

und der Hoffnung geht auch mal vorüber und dann wird doch wohl eine schönere und neue Zeit wieder aufblühen. Ja, habe ich doch einen schönen herrlichen Beruf. Lebe so mit der Natur. „Darf alles tränken, was da dürre ist und steht“. Wird nicht in dem Gärtner das Geheimnis des Lebens am sinnfälligsten?

Samstagabend hatte ich mal die Gelegenheit bis Mitternacht mit einem Bötchen auf einen ruhigen märkischen Waldsee ganz allein zu sein. Wie hatte mich da die Natur beeindruckt. Beim hellen Mondenschein und klarem Himmel, dazu die Nebel, die aus den Wiesen stiegen, kein Lüftlein bewegte sich und die tiefste Ruhe lag über dem Wasser. Wie schön und herrlich hat Gott die Natur geschaffen und wie bedauerlich wenig wird sie von den Menschen beachtet und geschätzt. Dieser Abend war für mich ein großes Erlebnis.

Lieber Herr Kaplan, wie geht es Ihnen noch, hoffe das Beste. Es tut mir leid, dass ich nur so kurze Zeit bei Ihnen sein konnte, in Köln. An den betreffenen Abend bin ich noch gut bis Essen gekommen. Mir geht es noch immer gut.

Erlaube mir auch, Ihren lieben Eltern viele herzliche Grüße zusenden. Für heute will ich schließen, in der Hoffnung wieder bald von Ihnen zuhören.

Mit den besten und herzlichsten grüßen verbleibe ich

IhrTheodor Buiting