Kaplan Stiesch an Josef Champart, 18. September 1941
Rudolf Stiesch Köln Bickendorf Schlehdornweg 1
18. September 41
Lieber Josef!
Nun freue ich mich, dasz Du doch wieder etwas arbeiten kannst, wie Du schreibst. Deine Schrift ist auch ganz unverändert oder strengt Dich das Schreiben doch an? Ich musz Dich doch unbedingt mal besuchen, wenn ich das nächste mal nach Benrath komme. Man hat dann immer so viele Ziele, das[s] man nachher doch immer unzufrieden ist ob all dessen, was man nicht getan hat. Du hättest den Kölner Bahnhof gleich am nächsten Tag nach den Zerstörungen sehen sollen. Dann hättest Du die Schilderungenn doch nicht übertrieben gefunden. Es ist alles mit fieberhafter Eile wieder in Stand gesetzt worden.
In der letzten Zeit habe ich mehrer[e] Jahrgänge Junger Front, Wacht und Scheideweg binden lassen, da ich die Sachen gut gebrauchen kann. Es ist doch sehr viel schönes in diesen Jahren herausgekommen. Jetzt, wo die Sachen nicht mehr erscheinen, da merkt mal doppelt was einem fehlt, was man früher als so selbstverständlich angesehen hatte.
Kannst Du schon mal in einen Film gehen? Ich gehe ja auch selten aber einige lohnende habe ich im Laufe der Jahre doch gesehen. Den stärksten Eindruck hat auf mich Friesennot gemacht, der jetzt meist unter dem Titel läuft: Dorf im roten Sturm. Er scheint mir besonders künstlerisch zu sein, wegen der Sparsamkeit der Mittel und der Gedrängtheit der Handlung. Weltanschaulich ist man ja manchmal anderer Überzeugung.
Nun herzlichen Grusz auch an die Deinen!